Warnendes Vorbild
Von Jens Korte
16.02.2012
Deutschland, du hast es besser. Trotzdem wird in der Hochschulpolitik leider immer noch viel zu häufig auf Amerika als Vorbild verwiesen. Doch gute Bildung kann sich in den USA nur die Oberschicht leisten. von Jens Korte
Das fängt bereits bei der Suche nach einem Kindergartenplatz an. “Wir schicken unsere Tochter jetzt in den Kindergarten von Berkeley Carroll”, erzählt Andrew. Der Platz in der Privatschule in Brooklyn kostet 35.000 Dollar (27000 Euro). Pro Jahr, versteht sich. Andrew hat bereits zwei Kinder bei Berkeley untergebracht. Das wird teuer.
Es ist keine Seltenheit, dass die besser verdienenden Amerikaner im Schnitt 250.000 Dollar für die akademische Karriere ihres Nachwuchses ausgeben. Bei den Privatschulen müssen die Vierjährigen zudem regelrechte Bewerbungsverfahren bestehen. In einem Simulationsunterricht werden die Kleinen von den Lehrern unter die Lupe genommen. Die Eltern warten derweil vor der Tür und hoffen, dass die Zöglinge einen guten Eindruck hinterlassen. Die Chancen für eine Zusage liegen bei etwa 20 Prozent – trotz Gebühren zwischen 17.000 und 35.000 Dollar pro Jahr.
Bei öffentlichen Schulen sieht es nicht viel besser aus. Bis Anfang März müssen die Bewerbungen für den Kindergartenplatz im September eingereicht sein. In “Open Houses” stellen sich die Schulen vor. Da kommen pro Tag über 200 Eltern. Häufig entscheidet das Losverfahren. Wer in einer ungünstigen Zone wohnt, hat es noch schwerer, sein Kind bei einem guten Institut unterzubringen.
Früher galt Bildung als der große Ausgleichsfaktor in der amerikanischen Gesellschaft. Immer mehr arme College-Kids brechen heute vorzeitig ihr Ausbildung ab. Das Missverhältnis zwischen Arm und Reich hat sich hier seit Ende der 80er-Jahre um erschreckende 50 Prozent ausgeweitet. In den 50er-Jahren war es vor allem eine Frage der Hautfarbe, wie gut die beruflichen Chancen standen. Heute entscheidet der Geldbeutel. Wie standardisierte Tests zeigen, hat sich bei der Erfolgsquote zwischen Arm und Reich in den vergangenen 50 Jahren eine Lücke von 40 Prozent aufgetan. Das geht aus einer aktuellen Studie der Stanford University hervor.
Länder wie Deutschland oder die Schweiz sollten ihr Bildungssystem hegen und pflegen. Auch wenn die Mittel immer knapper werden. Amerika sollte ein Vorbild bleiben – ein warnendes.
That is wise advice. I wish my own country, Canada, were in a position to take it. But we’re too far down the road to duplicating every stupid move the US makes and ignoring the smart ones.