Eskalation zum Krieg – Iran, Syrien, who`s next?
Von Charly Kneffel
27.02.2012
Wer geglaubt hatte, die US-Politik habe sich nach dem Wechsel von George W. Bush zu Barack Obama gewandelt, sieht sich eines Schlechteren belehrt. Immerhin gibt man sich propagandistisch mehr mühe und scheint es darauf anzulegen, mehr Verbündete in den Kreis der Willigen einzubinden, ohne daß die betreffenden Regierungen allzu große Schwierigkeiten mit ihrer Öffentlichkeit bekommen. Das ist aber auch das Einzige. In der Substanz läuft es darauf hinaus, unter dem Vorwand humanitärer Hilfe Druck unterschiedlichster Art auf die betreffenden Staaten auszuüben, wobei die militärische Option – in Afghanistan und im Irak bereits gezogen – keinesfalls als letzte Karte auf dem Tisch liegt.
Grundsätzlich geht es um die Beherrschung der nahöstlichen Region, in der gerade im Bereich Erdöl und Erdgas die größten Vorkommen der Welt liegen, deren Kontrolle für das Fortbestehen der “westlichen” Gesellschaften unerläßlich ist. Im Nebenzweck sollen auch die weltpolitischen Konkurrenten, letztlich Rußland und China, in ihren Möglichkeiten beschränkt und aus der Region hinausgedrängt werden. Mit Demokratie und Menschenrechten hat das wenig, mit Geopolitik um so mehr zu tun. Strategisches Zwischenziel von einiger Bedeutung ist dabei der Iran, dessen Wechsel vom US-hörigen Schah zu den Mullahs ein bis heute nicht verwundener Schlag war.
Seit dieser Zeit wird eine Politik der außenpolitischen Isolierung, wirtschaftlicher Sanktionen, verdeckter Aktionen der Dienste, Ausnutzung von real vorhandenen Spannungen, politischen Manövern – teilweise mit militärischem Drohpotential – eindeutige Einmischung in die innenpolitische Lage, verbunden mit gelegentlichen sanften Zwischentönen, bei denen man bis heute nicht weiß, wie ernst sie jemals gemeint waren oder ob sie von Anfang an nur dazu dienten, den Gegner ins Unrecht zu setzen und als unbelehrbar darzustellen.
Dabei hätte eine nüchterne politikwissenschaftliche Auswertung der Operationen in den letzten zehn Jahren schon deren Risiken und Grenzen aufzeigen können: Im Irak wurde zwar ein harter Diktator gestürzt, aber (vom menschlichen und ökonomischen Preis ganz abgesehen) ein zerrissenes Land hinterlassen, in dem nach wie vor bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen und dessen außenpolitische Orientierung noch nicht einmal im Sinne der Erfinder Anlaß zu Hoffnungen gibt, In Afghanistan ist mittlerweile ein veritabler Bürgerkrieg im Schwange und die Bevölkerung – nicht erst seit der Koranverbrennungen – vollkommen gegen die Interventen eingestellt. Was aus den Ländern des “Arabischen Frühlings” wird, bleibt abzuwarten, aber auch hier handelt es sich zumindest im Falle Libyens um eine kaum verschleierte westliche Militärintervention.
Ein ähnlicher Film wird gerade in Syrien gedreht. Immerhin hat man die Platte von den friedlichen Demonstrationen, gegen die eine brutale Armee im Dienste ein skrupellosen Diktators alle Mittel der Gewalt einsetzt, etwas zur Seite gelegt. Man räumt schon ein, daß die “Freie Syrische Armee” und ein ominöser “Syrischer Nationalrat” (wer hat den eigentlich legitimiert?) eine veritable Aufstandsbewegung darstellen, die alles andere als gewaltlos ist und ganz offen die ausländische Militärintervention fordert. Aufrufe, die Gewalt einzustellen, richten sich ausschließlich an die offiziellen Stellen dieses Staates, dessen Diktator “Krieg gegen das eigene Volk” führe. Man stelle sich einmal kurz vor, die griechische Bevölkerung, die derzeit für die Forderungen der Banken und anderer Anleger bluten solle, jagte ihre ganzen Papademos und Co. zum Teufel und striche die Auslandsschulden!
In der Region Nahost überlagern sich vier politische Interessenlagen: die Frage, wer die Öl- und Gasvorkommen dieser Welt soweit kontrolliert, daß er bestimmen kann, wer was bekommt und zu welchem Preis, das Interesse reaktionärer arabischer Regimes an der Aufrechterhaltung ihrer Herrschaft (besonders eklatant in Saudi-Arabien), der israelisch-palästinensische Konflikt und die immer eklatanter werdende Wut der arabischen Massen, die ihren Anteil am Wohlstand und an Mitbestimmung, die ihnen das Internet und andere Medien täglich vorführen, fordern. Seit dem Zusammenbruch des “realen Sozialismus” haben die USA ihre Metternich`sche Stabilitätspolitik, auf die noch Henry Kissinger setzte, aufgegeben und setzen auf forciertes Roll Back mit allen Mitteln der Propaganda, der Drohung, Sanktionen, Isolierung und letztlich auch mit der Option: Krieg.
Dies in einer Zeit, in der die Schulden der westlichen Welt eine Dimension erreicht haben, die jeden Gedanken an eine Rückzahlung zur Fantasy werden läßt und eine schwere Weltwirtschaftskrise, die die von 1929 ff noch übertrifft, fast unvermeidlich macht. Ein Schelm, wer darin einen Zusammenhang sieht und Böses dabei denkt.
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