Rush Limbaugh und die Schlampen
von Rieke Havertz
05.03.2012
Rush Limbaugh verdient in den USA Millionen mit konservativen Polemiken. Beim Thema Empfägnisverhütung ist er nun selbst Republikanern etwas zu weit gegangen.
Rush Limbaughs Welt ist eine einfache. Sie ist schwarz oder weiß; präferiert weiß. Es ist eine Welt, in der Konservative ohne Kompromisse herrschen, US-Präsident Obama bald von der Bildfläche verschwindet, Religionen – die richtigen – konsequent gelebt werden und Frauen, die sich für das selbstbestimmte Recht der Geburtenkontrolle einsetzen, Schlampen sind.
Limbaugh ist ein populärer Mann in den USA. Seine Radio-Talkshow, fünf mal die Woche drei Stunden lang ausgestrahlt, verfolgen wöchentlich mehr als 15 Millionen Amerikaner. Sie schalteten auch nicht ab, als der 61-Jährige in einer seiner Shows die Studentin Sandra Fluke als „Schlampe“ und „Prostituierte“ bezeichnete und sie einen Tag später aufforderte, Videos von sich ins Netz zu stellen, die sie bei dem ganzen Sex zeige, den sie dank der Pille hätte. Schließlich würde er als Steuerzahler dafür bezahlen.
Um Limbaughs Beschimpfungen auf sich zu ziehen, hatte die Jura-Studenten nichts weiter getan, als sich vor demokratischen Politikern für die Bezahlung von Empfängnisverhütung durch Krankenversicherungen stark zu machen. In Limbaughs einfacher Welt ein schwerer Fehler. Der Polemiker, der von rechtsaußen argumentiert, ist in den USA ein Star, der Millionen verdient. Er sorgte mit seinen Anfeindungen dafür, das Thema zum nationalen Aufreger der Woche zu machen.
Obama nutzte die Gelegenheit der öffentlichen Empörung für eine geschickte PR-Aktion und rief Fluke persönlich an. „Er bestärkte mich und dankte mir dafür, dass ich die Bedenken der amerikanischen Frauen öffentlich gemacht habe“, zitiert die Huffington Post Fluke – nachdem sie vom Weißen Haus die Freigabe bekommen hatte, über das persönliche Telefonat zu sprechen. Obamas Sprecher legte mit einer Pressekonferenz nach, in der Obamas Empörung über Limbaughs Entgleisungen noch einmal unterstrichen wurde. Schließlich werden Frauen eine entscheidende Zielgruppe in Obamas Wahlkampf sein.
Ideologische Grabenkämpfe
Die republikanischen Präsidentschaftskandidaten, derzeit eher damit befasst, mindestens vier Staaten pro Tag vor dem anstehenden Super Tuesday zu bereisen, waren unter Zugzwang. Mitt Romney, Rick Santorum und Newt Gingrich distanzierten sich schließlich von Limbaughs Wortwahl, blieben in der Sache aber stramm konservativ.
Entlang der Frage der Geburtenkontrolle und Empfängnisverhütung werden in den USA ideologische Grabenkämpfe geführt. So sollen im Zuge von Obamas „Affordable Care Act“ Krankenversicherungen ab August 2012 für die Empfängnisverhütung aufkommen, ohne dass Frauen eine Zuzahlung leisten müssen. Auch Unternehmen und Institutionen wie Universitäten, die eine Versicherung für ihre Mitarbeiterinnen und Studentinnen anbieten, sollen unter diese Regelung fallen.
Dagegen regt sich der Protest der Republikaner, die mit dem ersten Zusatz der Verfassung und der darin verankerten Religionsfreiheit argumentieren. Diese sei nicht mehr gewährt, wenn Versicherungen und Arbeitgeber gezwungen würden, für Empfängnisverhütung zu zahlen. Ein erster Versuch der Republikaner, das Gesetz aufzuweichen, scheiterte im Senat Anfang März am Votum der Demokraten.
In einer Mitte Februar erhobenen Umfrage von CBS News und New York Times sprechen sich 59 Prozent der Befragten für die Obama-Regelung aus, 34 Prozent sind dagegen. Eine Mehrheit, die sich in der Aufregung über Limbaughs Ausfälligkeiten niederschlug und zur Folge hatte, dass mehrere Unternehmen ihre Anzeigen aus der Show zurückzogen – wenigstens temporär.
Der Radio-Moderator, der zunächst nachlegte und sagte, Flukes Eltern sollten sich für ihre Tochter schämen, entschuldigte sich am Sonntag schließlich. „Ich entschuldige mich bei Miss Fluke für die beleidigende Wortwahl.“ Ein überraschender Schachzug von Limbaugh, der sich eigentlich nie für seine nicht gerade zimperlichen Aussagen rechtfertigt.
Wirkliches Bedauern ist aus seinen Worten jedoch nicht zu lesen. Er habe, so schreibt er, für eine „Analogie“ lediglich die falschen Worte gewählt. Inhaltlich weicht er keinen Millimeter von seiner Position ab. „Amerikanische Bürger sollten für diese sozialen Aktivitäten nicht bezahlen.“
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