Bang! Bang! What Was That?

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Bang, bang! – War was?

Von Daniel Haufler

30 | 3 | 2012

Erst schießen, dann fragen. So lässt sich die Philosophie mancher Amerikaner zusammenfassen. Tot sind am Ende meist Schwarze.

Was genau passiert ist, wissen wir noch immer nicht. Klar ist nur eins: Am Ende liegt Trayvon Martin tot auf der Straße. Erschossen. Der Tote ist ein schwarzer Jugendlicher mit kindlichem Gesicht. Der Schütze, ein Latino namens George Zimmerman. Er behauptet, er habe aus Notwehr gehandelt. Doch das bezweifeln die Eltern von Trayvon und mit ihnen mittlerweile sehr viele andere Amerikaner.

Was ist nur wahr? Laut Polizeiprotokoll hat der Junge angeblich Zimmermann angegriffen und dessen Kopf heftig auf den Boden geschmettert. Dann fielen die Schüsse. Auf einem Video der Polizei, das Zimmermann nach seiner kurzzeitigen Festnahme zeigt, ist von einer Verletzung nichts zu sehen. Seine Kleidung ist ordentlich und sauber.

Wer ging auf wen los?

Im Protokoll der Polizei heißt es dagegen, er habe Gras am Kopf gehabt und aus der Nase sowie am Hinterkopf geblutet. Man habe ihm im Polizeiwagen Erste Hilfe geleistet. Andererseits beantragten die Polizisten anfangs einen Haftbefehl gegen Zimmermann und warfen ihm „fahrlässige Tötung und unnötigen Totschlag zur Verhinderung einer gesetzwidrigen Handlung“ vor. Aufgrund des Rechts in Florida hätten sie aber noch mehr Beweise gebraucht, so dass sie den Täter laufen ließen.

Völlig unklar ist, wer hier auf wen losgegangen ist. Fühlte sich der Junge bedroht, weil ihn Zimmermann verfolgte? Fühlte sich dann Zimmermann wiederum selbst bedroht, weil ihn Martin zur Rede stellte? Trafen sie ein- oder zweimal aufeinander? Kam es wirklich zum Kampf oder hat Zimmermann einfach die Nerven verloren?

Wie auch immer: Wenn Schießwütigkeit und Rassismus zusammenkommen, muss meist einer dran glauben. In der Regel ein Schwarzer. So auch in diesem Fall. Zimmermann hielt den Jungen in seinem Hoodie offenbar sofort für einen potenziellen Verbrecher und schoss dann lieber schnell, als auf Hilfe zu warten – was die Polizei via Handy geraten hatte.

Wieso passiert so was immer wieder?

Wieso, fragt sich jeder vernünftige Mensch auch in den USA, rennt so ein „Nachbarschaftswächter“ mit einer geladenen Pistole rum und knallt bei der ersten Gelegenheit einen ab? Wieso passiert so etwas immer wieder? Eine ziemlich pointierte Erklärung darauf fand Michael Moore in seinem Film „Bowling for Columbine“:

Überhaupt sind die USA in vielerlei Hinsicht einem Entwicklungsland ähnlicher, als wir gemeinhin denken: Viele sind schlecht ausgebildet (manche funktionale Analphabeten), die Arbeitslosigkeit ist gewaltig gestiegen (oft in Selbstständigkeit verschleiert), die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer. Die sozialen Spannungen nehmen deshalb zu. Die Besitzenden fürchten mehr und mehr um ihren Besitz und ihr Leben. Also rüsten sie auf, leben in Gated Communities, mit Wachleuten, die bei wirklichen oder vermeintlichen Gefahren lieber schnell abdrücken, als selbst in Gefahr zu geraten. In dieser Atmosphäre kam es zum Tod von Trayvon Martin.

Präsident Barack Obama hat gefordert, den Fall gründlich zu untersuchen und aufzuklären. Das ist richtig. Doch wenn sich an den gesellschaftlichen wie sozialen Bedingungen und dem Waffenwahnsinn in den USA nichts ändert, liegt der nächste Junge schon bald tot auf dem Pflaster. It’s time for a change.

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