Obamas geschwächter Herausforderer
von Markus Ziener
12.04.2012
Noch vor Beginn des eigentlichen Wahlkampfes hat Mitt Romney Profil verloren. Die Wähler wissen kaum, wofür er steht. Seine republikanischen Herausforderer liefern zudem allerhand Munition für Angriffe der Demokraten.
Seinen Rivalen Rick Santorum ist Mitt Romney nun zwar los. Doch die Ideen des Sozialkonservativen werden den designierten Herausforderer von Barack Obama noch lange verfolgen. Weit nach rechts gedrängt hat Santorum im zähen Vorwahlkampf den ehemaligen Gouverneur von Massachusetts. So weit, dass es Romney schwerfallen wird, aus dieser Ecke wieder herauszukommen. Und gewiss ist: Obama wird dem 65-Jährigen dazu kaum eine Chance geben.
Der Präsident trommelt bereits nach Kräften populistisch gegen den superreichen früheren Investmenbanker Romney. Für das Weiße Haus ist dabei die Wahlkampfformel schon gefunden: Soziale Fairness gegen Sozialdarwinismus. Sieben lange Monate bis zum Wahltermin Anfang November werden die USA nun dieses Thema und diese Gegenüberstellung begleiten. Hier der um sozialen Ausgleich bemühte Barack Obama. Dort der kaltherzige Kapitalist Mitt Romney.
Die Wahlkampfmannschaft des Präsidenten kann dabei reichlich aus dem Fundus des republikanischen Vorwahlkampfs schöpfen. Mitt Romney war die Zielscheibe sämtlicher anderer Kandidaten, die ihn mal als verkappten Liberalen, mal als irrlichternden Opportunisten, dann als hartherzigen Wall-Street-Banker schmähten. Und kaum etwas ist in einem Wahlkampf effektiver, als Angriffe aus dem gegnerischen Lager zu zitieren.
Romneys Problem ist, dass sich tatsächlich die meiste Kritik an ihm gut belegen lässt. Als Gouverneur hat er zwischen 2003 und 2007 in Massachusetts eine Gesundheitsreform ins Werk gesetzt, die der Obamas in zentralen Punkten entspricht. Auch er hat darauf gebaut, dass sich ein großer Anteil der Einwohner krankenversichert – wenn es sein musste, unter Androhung von Strafen. Obamas Gesundheitsreform versucht genau dies auf nationaler Ebene. Romneys Plan, Obamas Gesundheitsreform zu stoppen, ist deshalb höchst unglaubwürdig.
Legendär sind Romneys zahllose Positionswechsel – ob beim Thema Einwanderung, Steuersenkungen, Abtreibung oder Klimawandel. Dass sich Meinungen und Einstellungen im Laufe eines Politikerlebens ändern – geschenkt. Nur scheinen bei Romney diese Anpassungen System zu haben. Sie drücken das Verlangen aus zu gefallen: der Partei, den Wählern, sich selbst. Daraus nährt sich Romneys Imageproblem: dass nicht klar ist, für welche Inhalte er steht.
In die Ecke gedrängt
Wenn es um die Charakterfrage geht – die in den USA stets überragende Bedeutung hat – startet Romney deshalb mit einem erheblichen Nachteil ins Rennen. Schließlich: Romneys Vergangenheit als Investmentbanker. Als Chef von Bain Capital strukturierte Romney Hunderte von amerikanischen Firmen um. Dabei verloren viele Tausende Menschen ihre Jobs, zahlreiche Unternehmen gingen völlig in die Pleite. Es lassen sich dabei etliche Beispiele finden, in denen Romney die Rendite seiner Investoren über das Wohl der zu sanierenden Firmen gestellt hat.
Im Vorwahlkampf wurde Romney deshalb von seinen parteiinternen Gegnern Newt Gingrich und Rick Perry als „Heuschrecke“ gebrandmarkt. Beim großen Thema der sozialen Gerechtigkeit steckt Romney dadurch tief in der Defensive. Er muss nicht nur sein Handeln als Geschäftsmann verteidigen, der prächtig an der Globalisierung und der Entfesselung der Kapitalmärkte verdiente.
Romney wird auch in der Steuerdebatte Mühe haben, in die Offensive zu gehen. Während Obama damit wirbt, hohe Einkommen deutlich stärker zu belasten, muss Romney für weitere Steuersenkungen eintreten. Dabei ist sogar anzuzweifeln, dass Romney diese für richtig hält. Doch als Kandidat einer nach rechts verschobenen Partei existiert kaum ein Ausweg. Beim Steuerthema ins Schwanken zu geraten wäre tödlich.
Verliert Romney die Zustimmung der Tea-Party-Bewegung, die ihm ohnehin nur zähneknirschend folgt, dann wäre seine Kandidatur dahin. Es ist dieses Dilemma, in dem Romney gefangen ist wie kaum ein Kandidat vor ihm: als Mann der Wirtschaft wohl an vielen Stellen zu wissen, was das Richtige ist – aber als Kandidat einer zerrissenen Partei vor allem tun zu müssen, was man von ihm verlangt. Gegen diese Republikaner sehen die traditionell zerstrittenen Demokraten derzeit wie eine homogene Gemeinschaft aus. Wie Romney diese widerstreitenden republikanischen Interessen zusammenführen will, hat er bisher nicht erklärt.
Obama mag in vielerlei Hinsicht die hohen Erwartungen nicht erfüllt haben. Dies gilt für seine großen, liegengebliebenen Reformprojekte wie Klimaschutz und Einwanderung bis hin zur einst angekündigten Schließung des Gefangenenlagers Guantanamo. Doch zum einen bleiben diese Themen auch in einer zweiten Amtszeit auf der Agenda. Zum anderen weiß man bei Obama immerhin, was man bekommt. Das ist am Ende der vielleicht entscheidende Unterschied. Obama ist Berechenbarkeit. Romney dagegen die Katze im Sack.
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