Mörderisches Recht der Selbstverteidigung
Von Daniel Haufler
Datum: 13 | 4 | 2012
George Zimmerman hat Trayvon Martin erschossen und blieb dennoch von der Polizei sieben Wochen unbehelligt. Jetzt ist der Schütze endlich verhaftet, ihm droht Anklage wegen Mordes. Doch kann Trayvon noch Gerechtigkeit widerfahren nach all den Ermittlungsfehlern?
Die Eltern von Trayvon Martin wollten nur eines: die Verhaftung von George Zimmerman, der ihren Sohn am 26. Februar in Sanford (Florida) erschossen hat. Fast sieben Wochen später ist dieser Wunsch nun endlich erfüllt worden. Eine Sonderermittlerin stellte einen Haftbefehl gegen den Latino Zimmerman wegen Mordes mit bedingtem Vorsatz aus. Der sogenannte Nachbarschaftswächter soll den unbewaffneten schwarzen Teenager Trayvon in einer Gated Community verfolgt und ermordet haben.
Das ist eine überraschende Wendung, denn die Polizei ließ Zimmerman anfangs einfach laufen, nachdem er behauptet hatte, in Notwehr gehandelt zu haben. Das Selbstverteidigungsrecht (Stand Your Ground law) ist in Florida sehr weitreichend, um nicht zu sagen: völlig überzogen – es gilt nicht nur auf dem eigenen Grundstück, jeder darf sich mit Waffengewalt überall verteidigen.
Die Polizei schien an Ermittlungen in dem Fall nicht sonderlich interessiert. Sie sicherte offenbar keine Beweise, verhörte den Schützen nur ein paar Minuten und stellte dessen Version nicht in Frage.
Diese Untätigkeit der Ermittler löste Proteste im ganzen Land aus, nicht nur weil womöglich ein Mord ungesühnt bleiben würde, sondern weil vor allem schwarze Amerikaner die Tat für rassistisch motiviert hielten. Hinweise darauf gab es zuhauf. Zum Politikum war der Fall endgültig geworden, als Präsident Obama Aufklärung verlangte und hinzufügte: „Wenn ich einen Sohn hätte, sähe er wie Trayvon aus.“ Erst der öffentliche und politische Druck veranlasste die Behörden in Florida eine Sonderermittlerin einzusetzen, die nun zügig und konsequent gehandelt hat.
Gerechtigkeit für Trayvon Martin? Unwahrscheinlich
Ihre Entscheidung wird die aufgeregten Gemüter beruhigen – und das Vertrauen in den Rechtsstaat wieder stärken. Doch kann sie wirklich Gerechtigkeit für Trayvon Martin erreichen? Es erscheint eher unwahrscheinlich.
Zwar gibt es zahlreiche Indizien für Zimmermans Schuld: Mitschnitte von seinem Telefonat mit der Polizei kurz vor der Tat und von Anrufen einiger Zeugen; ein Video der Polizei, das den angeblich von Trayvon verletzten Zimmerman putzmunter auf dem Revier zeigt. Doch die Tat hat selbst kein Zeuge gesehen. Aussage steht gegen Aussage. Und es könnte sein, dass der böse Verdacht einer rassistischen Tat nie bestätigt oder ausgeräumt werden kann.
Was jedoch erreicht werden kann: eine Abschaffung des hoch gefährlichen Selbstverteidigungsrechtes, das die Waffenlobby in Florida durchgesetzt hat (aber auch in anderen Bundesstaaten in ähnlicher Form existiert).
Diese Regelung führt zwangsläufig zu mehr Toten und nicht zu mehr Sicherheit, weil Nachbarschaftswächter wie Zimmerman zu oft voreilig schießen und dann erst die Polizei rufen. Dieses Recht ist einfach nur mörderisch.
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