Superpower or Banana Republic?

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Die Zahlen sind beachtlich. Allein sechs Millionen Dollar hat der Congressional Leadership Fund für Fernsehspots reserviert, die im Herbst ausgestrahlt werden und für die Sache der US-Republikaner werben sollen. Der Wahlkampf in den Vereinigten Staaten hängt am großen Geld – und das kommt zu einem großen Teil von Spendern, die sich nicht namentlich bekennen müssen, welchen Kandidaten sie unterstützten. Transparenz geht anders, aber das Prinzip des anonymen Spendenwesens ist legal. Bislang sind alle Versuche misslungen, das System zu reformieren. Am Montag erst scheiterte ein entsprechender Gesetzentwurf der Demokraten im US-Senat am Widerstand der Republikaner. Der Schleier, der über der Wahlkampffinanzierung hängt, lässt sich nicht lüften.

Der Congressional Leadership Fund gehört zu den sogenannten Super-PACs, die sich seit einigen Jahren in den USA im Umfeld von Wahlkämpfen breitmachen. Das sind Organisationen, die unbeschränkt Geld sammeln dürfen, um damit Bewerber um politische Ämter zu fördern. Die Spenden dürfen zwar nicht direkt in die Wahlkampfkassen der Kandidaten gelenkt werden, doch indirekte Werbung für einen Bewerber lässt sich damit trotzdem machen. Einziges Problem: Super-PACs müssen ihre Spender offen legen. So will es das Gesetz.

Das allerdings lässt sich leicht umgehen. Die Super-PACs haben schlichtweg Tochterunternehmen gegründet, die nominell nicht profitorientiert sind. Der Congressional Leadership Fund etwa betreibt zu diesem Zweck das American Action Network. Wer so einer Gruppe Geld zukommen lässt, der darf als Spender anonym bleiben. Und schon wieder ist der Vorhang zugezogen.

Republikaner wie Demokraten bedienen sich dieser Nicht-Profit-Organisationen gerne und reichlich. Selbst Präsident Barack Obama, der anfangs noch gegen Super-PACs und ihre vermeintlich gemeinnützigen Anhängsel war, erkannte Anfang dieses Jahres, dass die Spendensammelunternehmen für ihn von Vorteil sein können.

Dass sich die Demokraten jetzt im Senat in Washington für eine Teiltransparenz des Systems stark machen, ist daher nicht nur von lauteren Motiven getragen. Im Spendensammeln sind die Republikaner seit einigen Monaten regelmäßig erfolgreicher als die Demokraten. Es könnte sein, dass Mitt Romney die Präsidentschaftswahl im November gewinnt, weil er mehr Geld in der Propagandakasse hat. Das zumindest müssen Obamas Wahlkampfhelfer mit einiger Berechtigung fürchten. Obama selbst hat es vorgemacht. Er trieb im Jahr 2008 deutlich mehr Spenden ein als sein republikanischer Konkurrent John McCain. Also würden die Demokraten nur zu gern wissen, wer Romney das viele Geld zusteckt, um die Spendernamen in ihren Wahlkampf einzubauen.

Dazu brachten sie am Montag wieder einmal den sogenannten Disclose Act (etwa: Offenlegungsgesetz) in den Senat ein. Danach müssten die vermeintlichen Nicht-Profit-Gruppen die Namen jener Spender veröffentlichen, die mehr als 10 000 Dollar überwiesen haben. Das wäre zwar nicht völlige Transparenz, aber ein Anfang.

Doch die Republikaner im Senat wiesen den Gesetzentwurf zurück. Sie wollen kein einsehbares System. Dazu hat sich zum Beispiel der republikanische Senator aus Kentucky Mitch McConnell mit erstaunlicher Offenheit bekannt. Transparenzregeln würden doch nur potenzielle Spender abschrecken, sagte er. Der Mann hat aus seiner Sicht Recht. McConnells Parteikollege Lindsey Graham aus South Carolina sprach sogar von „politischem Theater in einer Zeit, in der wir wirkliche Probleme zu lösen haben“.

Das Gezerre um mehr Transparenz hat tatsächlich etwas von einem traurigen Schauspiel. Es klang relativ ehrlich verzweifelt, als der demokratische Senator Harry Reid nach der verlorenen Abstimmung sagte: „Vielleicht wollen die Republikaner ein paar Milliardäre schützen, die neunstellige Summen ausgeben, um eine enge Präsidentenwahl zu beeinflussen.“ Und dann fügte Reid hinzu: „Wenn dieser Geldfluss von außen anhält, dann werden 17 zornige, alte, weiße Männer am Tag nach der Wahl aufwachen und realisieren, dass sie gerade das Land gekauft haben.“ Was Reid allerdings nicht sagte: Die Demokraten hätten den Gesetzentwurf wahrscheinlich niemals in den Senat eingebracht, wenn sie in diesem Wahlkampf nur auf ähnlich viele alte, zornige Männer mit dickem Geldbeutel vertrauen könnten wie die Republikaner.

Es war der Präsident selbst, der erst am Wochenende das Grundproblem sehr gut beschrieben hat. Washington fühle sich genauso kaputt an wie vor vier Jahren, sagte Barack Obama. Von der versprochenen Verbesserung der politischen Kultur ist nichts zu spüren. Demokraten und Republikaner blockieren sich gegenseitig – zum Schaden des Landes. Das wiederum hat der Kolumnist Michael Gerson in einen brillanten Satz gepackt. Amerika, schrieb er in der Washington Post, sei „ein Land mit der Verantwortung einer Supermacht und der Politik einer Bananenrepublik“.

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