Romney’s Foreign Policy as a Mark of Confidence

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Zurück in die Führungsrolle: Der Herausforderer Obamas will in der Außenpolitik nicht alles anders, aber einiges besser machen. Romneys Optimismus würde dem verunsicherten Westen guttun.

In den vergangenen anderthalb Jahren war Europa reichlich mit sich selbst beschäftigt. Da wurden ständig neue Rettungspläne diskutiert, moralische Debatten geführt und immer neue Schuldige gesucht. Und hin und wieder gab es dann diesen Moment, wo sich der ein oder andere Außenpolitik-Experte kopfschüttelnd die Frage stellte: Wo ist eigentlich Amerika in all diesem Schlamassel?

Die Amerikaner hatten das europäische Projekt mit aus der Taufe gehoben und waren seit dem Zweiten Weltkrieg in alle größeren Krisen des Kontinents als führende Macht involviert. Nur diesmal hielt sich Washington weitgehend heraus.

Kein Wunder also, dass alle Welt auf Angela Merkel zeigte, um die Probleme Europas zu lösen. Denn Washington hatte weder finanzielle Feuerkraft anzubieten noch Wege aus der Krise. Stand die Supermacht in den vergangenen Jahren doch selbst mehrfach vor dem fiskalischen Abgrund.

Amerikas Abwesenheit

Diese Abwesenheit Amerikas ist kein Einzelfall. In jüngster Zeit konnte man öfter den Eindruck gewinnen, der Fahrersitz der Weltpolitik sei verwaist. Zumindest schien der alte Chauffeur von eigenen Problemen abgelenkt zu sein. Im Nahen Osten wirkte Washington zuletzt wie eine zerstreute Supermacht, die sich eine Auszeit nimmt. Viele Verbündete dort beklagen, dass Amerika ein Vakuum entstehen lässt, das andere zu füllen beginnen.

Hier setzt Mitt Romneys Kritik am Präsidenten an. In Europa hat man den republikanischen Herausforderer in Sachen Außenpolitik als Fettnäpfchentreter verlacht, dem es bei seiner letzten Auslandsreise gelang, sowohl Briten als auch Palästinenser vor den Kopf zu stoßen.

Nun hat Romney eine programmatische Rede vor der Militärakademie in Lexington gehalten, die zeigt, dass dieser Kandidat außenpolitisch doch mehr zu bieten hat. Es ist für ihn nicht einfach, auf diesem Feld zu punkten. Amerika ist kriegsmüde und deshalb weitgehend einverstanden damit, dass der Präsident US-Soldaten aus Irak abgezogen und die Truppenreduzierung in Afghanistan begonnen hat.

Romney musste nun im In- und Ausland einerseits die Angst zerstreuen, er sei eine Art Wiedergänger von George W. Bush, der das Land in neue Abenteuer verwickeln könnte. Gleichzeitig musste er aber auf dem klassischen republikanischen Terrain der Außen- und Sicherheitspolitik eigene Akzente setzen.

Führen von vorne

Romney ist dies in einer maßvollen Rede gelungen. Er hat deutlich gemacht, dass er ähnlich wie Obama kein Freund von Triumphgesten ist und Amerikas Macht “weise, mit Ernsthaftigkeit und ohne falschen Stolz” einsetzen wolle. Gleichzeitig hat er aber Obamas Vorstellung des “leading from behind”, des Führens aus dem Hintergrund, eine klare Absage erteilt. Er will die Führungsrolle in der Welt wieder klarer und deutlicher ausfüllen, anstatt nur passiv auf Ereignisse zu reagieren.

Romney hat erkannt, dass Amerika vor der Welt das Bild eines driftenden, seiner selbst unsicheren Landes abgibt. Und das schadet westlichen Interessen. Im Nahen Osten beklagen viele Verbündete, dass Amerika sich nicht mehr ausreichend engagiert. Dieser Eindruck schwächt den realen Einfluss Washingtons, das die epochalen Umwälzungen in dieser Region weniger zu gestalten in der Lage ist, als wünschenswert wäre.

Neuordnung in Nahost

Romney vergleicht die gerade stattfindende Neuordnung in Nahost mit der Situation Europas nach dem Zweiten Weltkrieg und dem damaligen Konflikt zwischen demokratischen und autokratischen Gesellschaftsentwürfen. Ähnlich wie damals George Marshall in Europa müsse Amerika heute in Nahost denjenigen Führung und Unterstützung anbieten, die seine Werte teilen und sich für freie Gesellschaften und Märkte einsetzen. Amerika vergebe gerade die Chance, Weichen mit zu stellen, die künftige Konflikte verhindern helfen.

Der Republikaner wendet sich damit deutlich gegen isolationistische Stimmungen. “Warum wir?” sei eine Frage, die immer mehr Amerikaner angesichts von elf Jahren Krieg und einer kränkelnden Wirtschaft stellten. Dem hält er entgegen, dass es kein Vakuum gebe in der Weltpolitik. Wenn Amerika nicht führe, würden andere es tun, die nicht unbedingt dieselben Interessen und Werte vertreten.

Handelspolitik als Bestandteil der Außenpolitik

Diese Rede macht deutlich, dass Europa keine Angst vor der Außenpolitik eines Präsidenten Romney haben muss. Im Gegenteil: Es ist im Interesse des Westens, wenn die USA ihre Führungsrolle entschlossener wahrnehmen wollen als zuletzt. Und dafür gilt es vor allem, die wirtschaftliche Basis Amerikas wieder zu festigen.

Der Deutschlandkenner und ehemalige Weltbankpräsident Robert Zoellick hat gerade in einem bemerkenswerten Essay darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, dass wirtschaftliches Denken wieder Eingang findet in die Außenpolitik Amerikas. Zoellick leitet das Team, das im Falle von Romneys Wahlsieg die reibungslose Übernahme der Regierungsverantwortung sicherstellen soll. Und er wird immer wieder als Kandidat für das Amt des Außenministers gehandelt.

Er hält es für fundamental, das Schuldenproblem Amerikas in den Griff zu bekommen, staatliche Ausgaben zu beschränken und der US-Wirtschaft wieder mehr Raum zu geben, um ihre Dynamik zurückzugewinnen. Das seien die Voraussetzungen, um Führungsaufgaben in der Welt zu übernehmen.

Nordatlantische Freihandelszone

Interessant ist, dass sowohl Romney als auch Zoellick die Handelspolitik als wichtigen Bestandteil der Außenpolitik begreifen. Romney kritisiert denn auch, dass Obama kein einziges Freihandelsabkommen geschlossen hat, und verspricht, das zu ändern.

Es wäre etwa höchste Zeit, die Idee einer nordatlantischen Freihandelszone aus der Schublade zu holen, mit der Merkel am Anfang ihrer ersten Kanzlerschaft geliebäugelt hat. Das allein könnte nach Expertenansicht in Europa und Nordamerika ein zusätzliches jährliches Wirtschaftswachstum von einem halben Prozent auslösen.

Vor allem gilt es aber diesseits und jenseits des Atlantiks von jenem Vergeblichkeitsdenken Abschied zu nehmen, wonach der Niedergang des Westens unausweichlich und jede Anstrengung somit vergeblich sei. Dieser weinerliche Abgesang dient letztlich nur dazu, sich im eigenen Abstieg kommod einzurichten, anstatt Ehrgeiz zu entwickeln und Reformen anzupacken. Das ist denn auch das Angenehmste an Romneys Rede gewesen: dass sie eine gehörige Portion amerikanischen Optimismus ausstrahlte. Eine der Welt zugewandte Zuversicht, die man beim müde wirkenden Obama schon seit Längerem vermisst.

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