The Winner of the Gaza Conflict: Barack Obama

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Der Sieger des Gaza-Konfliktes heißt Barack Obama

Von Richard Herzinger

Israel folgt bei der Vereinbarung der Waffenruhe streng dem amerikanischen Krisen-Skript. Auch gegen den Iran wird es einen israelischen Angriff ohne Zustimmung aus Washington nicht geben.

Sieger: USA. Verlierer: Iran. So lässt sich zugespitzt das Ergebnis des jüngsten Gaza-Konflikts zusammenfassen. Mit der Vereinbarung einer Waffenruhe haben die Vereinigten Staaten bewiesen, dass sie nach wie vor die maßgebliche Ordnungsmacht im Nahen Osten sind.

Zugleich zeigte sich, dass die – im Wesentlichen von der scheidenden Außenministerin Hillary Clinton konzipierte – strategische Linie der Regierung Barack Obamas, amerikanische Macht indirekt, nämlich durch regionale Sicherheitsnetzwerke gefiltert auszuüben, Früchte tragen kann.

Zur Vermittlung zwischen Israel und der Hamas schickten die USA Ägypten vor – womit der bisherige Hauptsponsor der terroristischen Palästinenserorganisation, die Islamische Republik Iran, aus dem Spiel war.

Ägypten hängt noch immer am Tropf der USA

Die von Washington anvisierte Sicherheitsarchitektur für den Nahen Osten nimmt damit Konturen an: Trotz oder gerade wegen seiner inneren Umbrüche soll Ägypten als glaubwürdige Garantiemacht für einen zumindest provisorischen israelisch-palästinensischen Frieden aufgebaut werden.

Mittels Kairo, und mit Unterstützung Saudi-Arabiens und Katars, soll die Hamas dem Einfluss des Iran entzogen und indirekt in den Friedensprozess einbezogen werden. Weil er sich von dieser Rolle einen entscheidenden Einflussgewinn Ägyptens im arabischen Raum verspricht, füllte der ägyptische islamistische Präsident Mohammed Mursi den ihm im amerikanischen Drehbuch zugewiesenen Part verblüffend zuverlässig aus.

Klar wurde damit freilich auch, dass Ägypten, ungeachtet seiner Trift in Richtung eines islamischen “Gottesstaats”, noch immer am Tropf der USA hängt. Ohne US-Milliardenhilfe würde das ägyptische Militär bald auf das Niveau einer Karnevalstruppe schrumpfen.

Rücksichtnahme auf Ägypten bestimmte im Gaza-Konflikt auch die Haltung Washingtons gegenüber Israel. Barack Obama gab Israel von Anfang an volle Rückendeckung für dessen Luftangriffe gegen die militärische Struktur der Hamas. Ebenso eindeutig fiel jedoch seine Absage an eine israelische Bodenoffensive aus.

Befürchteten die USA doch, ein zu langer und blutiger Konflikt könnte die Hassstimmung gegen Israel in Ägypten zum Siedepunkt bringen und das Festhalten Mursis am israelisch-ägyptischen Friedensvertrag unmöglich machen. Weil sich darin aber die enge militärische und sicherheitspolitische Kooperation zwischen Israel und den USA bewährt hat, kann sich auch Israel als ein Gewinner des Gaza-Konflikts fühlen – obwohl es sein eigentliches Ziel, die Hamas gänzlich zu zerschlagen, nicht erreicht hat.

Gleichwohl hat die israelische Armee der Hamas Schläge mit einer Präzision versetzt, die von den Radikalislamisten nicht erwartet worden war. Weil diese Präzisionsschläge bemerkenswert wenige Opfer kosteten, konnte die Hamas auch ihre antiisraelische Propagandamaschine (“zionistische Kindermörder!”) nicht recht in Gang bringen. Die Waffenruhe kam für sie somit gerade noch rechtzeitig, um sich ein Minimum an militärischer Schlagkraft zu bewahren.

Testlauf für möglichen Angriff auf Iran

Sowohl die effektive Luftoffensive als auch der erfolgreiche Einsatz des neuen Raketenabwehrsystems Iron Dome ist Resultat einer beispiellosen Hightech-Aufrüstung der israelischen Armee durch die USA. Die Gaza-Offensive war somit auch ein gemeinsamer amerikanisch-israelischer Testlauf für einen möglichen kommenden Angriff auf die iranischen Atomanlagen.

Israel kann sich nach dieser Erfahrung vor iranischen oder vom Iran gesteuerten Gegenschlägen weitgehend sicher fühlen. Indem Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dem amerikanischen Krisen-Skript folgte, zeigte sich freilich auch, dass es für ihn keinen Spielraum mehr gibt, gegen den Willen des wiedergewählten, von ihm ungeliebten US-Präsidenten zu handeln.

Ohne Plazet aus Washington wird es somit keinen israelischen Angriff gegen den Iran geben.

Die US-Sicherheitskonstruktion bleibt fragil

Obamas klare proisraelische Haltung im Gaza-Konflikt signalisierte Jerusalem jedoch auch, dass der US-Präsident keine leeren Worte spricht, wenn er erklärt, zur Verhinderung einer iranischen Atombombe bleibe auch für die USA die militärische Option auf dem Tisch.

Mit der Waffenruhe in Gaza ist die Isolation Teherans ein gutes Stück vorangekommen. Gleichwohl bleibt die US-Sicherheitskonstruktion fragil.

Die Bestrebungen Mursis, in Ägypten eine Art Präsidialdiktatur und damit eine Alleinherrschaft der Muslimbrüder zu errichten, führt derzeit zu heftigen innenpolitischen Konvulsionen. Sollte aber Ägypten im Chaos versinken, fiele diese nahöstliche Sicherheitsstruktur wie ein Kartenhaus in sich zusammen.

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