Analyse Schlechte Verlierer
Von Damir Fras
28. November 2012
Die Republikaner versuchen Obamas Favoritin für das Amt der Außenministerin, Susan Rice, zu beschädigen.
Die US-Republikaner drohen Obama, dass sie UN-Botschafterin Susan Rice nicht als Außenministerin bestätigen, falls er sie denn nominieren sollte. Wie bizarr.
Mehr als drei Wochen sind seit der Wahl vergangen, doch die US-Republikaner haben ihre Niederlage gegen Präsident Barack Obama noch nicht überwunden. In einem bizarren Spektakel versuchen sie, Obamas Favoritin für das Amt der Außenministerin zu beschädigen. Dabei ist Susan Rice, US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen in New York, noch nicht offiziell als Nachfolgerin von Hillary Clinton nominiert. Doch das kümmert einige republikanische Senatoren nicht. Sie drohen schon vorab, Rice im Senat nicht zu bestätigen. Denn sie wittern eine Verschwörung.
Der große Bengasi-Plot der US-Regierung sieht in den Augen der Republikaner so aus: Am 11. September, dem elften Jahrestag der Terrorschläge auf New York und Washington, wurden der US-Botschafter in Libyen, Chris Stevens, und drei weitere Amerikaner bei einem Angriff auf das US-Konsulat in Bengasi getötet. Es war der Tag, an dem in der muslimischen Welt Proteste gegen das Anti-Mohammed-Video „Die Unschuld der Muslime“ tobten. Susan Rice sagte kurz danach, die Attacke auf das Konsulat sei ihren Informationen nach spontan aus einer Demonstration heraus entstanden. Auch noch fünf Tage später, am 16. September, hielt die Diplomatin in Interviews mit US-Fernsehsendern an dieser Version fest.
Der Auslandsgeheimdienst CIA hatte jedoch schon am 11. September Hinweise darauf, dass Anhänger des Terrornetzwerks Al-Kaida Stevens und seine Mitarbeiter gezielt angriffen haben. Diese Information wurde allerdings nicht an Rice weitergegeben. Die CIA wollte, hieß es jetzt zur Begrünung, ihre Quellen vor Enttarnung schützen und leitete deswegen die als geheim eingestuften Erkenntnisse nicht weiter. Die Spitzendiplomatin bestätigte in dieser Woche in Gesprächen mit ihren Kritikern im Senat, dass sie die Hintergründe der Attacke in den Tagen nach dem 11. September unkorrekt wiedergegeben habe. Am 11. September habe es gar keine Demonstration in Bengasi gegeben. Allerdings sagte Rice auch, sie habe sich damals auf der Grundlage der Informationen geäußert, die ihr vorgelegen hätten. Und die Informationen hätten sich eben im Laufe der Zeit verändert. Jedenfalls hätten weder sie noch irgendjemand aus der US-Regierung die Absicht gehabt, „die amerikanische Öffentlichkeit zu irgendeinem Zeitpunkt hinters Licht zu führen“, sagte Rice.
Den Rice-Kritikern, unter ihnen der im Präsidentschaftswahlkampf 2008 gegen Obama unterlegene Senator John McCain, reichte diese Erklärung nicht aus. In einer Gegenerklärung schrieben sie: „Wir sind beunruhigt, weil die Regierung weiter nicht in der Lage ist, elementare Fragen hinsichtlich der Angriffe von Bengasi und ihrer Reaktion darauf zu beantworten. Jenseits der falschen Angaben von Botschafterin Rice haben wir auch weiterhin Fragen dazu, was in Bengasi vor, während und nach dem Angriff auf unser Konsulat geschehen ist.“
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Das allerdings wirkt wie der verzweifelte Versuch, einen Skandal zu konstruieren. Denn abgesehen von dem Hinweis auf Kommunikationspannen, die es zweifelsohne gab, ist den Republikanern bislang nicht gelungen, auch nur einen Beweis zu finden, dass es eine Bengasi-Verschwörung gegeben hat. Wie sollte die auch aussehen? Soll Obama persönlich Rice angewiesen haben, Falschangaben zu machen, um sich die Wiederwahl zu sichern. Kann dafür ausgerechnet der Tod von vier Amerikanern entscheidend sein? Und ist die Wiedergabe von ersten Erkenntnissen, so falsch sie hinterher auch sein mögen, bereits Ausweis für die Inkompetenz einer möglichen Außenministerin?
Plausibel sind die Vorwürfe der Republikaner nicht. Denn wirklich wichtige Fragen stellen sie nicht. Warum kam der Angriff in Bengasi so überraschend für die gesamte US-Geheimdienstgemeinde? Warum war das Konsulat nur unzureichend geschützt? Was folgt aus der Attacke für den Schutz der US-Diplomaten auf der ganzen Welt?
Diese Fragen hat inzwischen Robert Kagan gestellt. Der neokonservative Experte für Außenpolitik, beileibe kein Anhänger von Rice und Obama, schrieb in der Washington Post, dass Rice sich nicht zur Buhfrau eigne. Er habe jedenfalls noch keinen Beweis für eine Verschwörung gesehen. Und angesichts der außenpolitischen Krisen brauche das Land keine schmutzige Auseinandersetzung um die nächste Außenministerin. Kagan liegt goldrichtig. Und er liegt auch nicht falsch, wenn er den Republikanern parteipolitische Motive für die Angriffe auf Rice unterstellt. Sie sind schlicht beleidigt, weil sie die Wahl verloren haben. Offenbar wollen sie es Obama jetzt heimzahlen – auch wenn das den Interessen der USA zuwider läuft.
Das wird sich sicher bald legen. Schlimmer ist allemal der Vorwurf, den afroamerikanische Abgeordnete erheben. Rice werde attackiert, weil sie die falsche Hautfarbe habe, sagen sie. Einen Beweis für diesen hässlichen Vorwurf gibt es zwar nicht. Aber 80 der 97 Mitglieder des Repräsentantenhauses, die jetzt in einem Brief an Obama gegen die mögliche Nominierung von Rice protestiert haben, sind weiße Männer.
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