The Flaw in the American System

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Beim Geld hört jede Freundschaft auf – vor allem in der Politik. Schließlich weist auch der Streit um den neuen Haushaltsplan im US-amerikanischen Kongress auf die Schwächen des politischen Systems. Von Olaf Gersemann Olaf GersemannBiografie und alle Artikel des AutorsFacebook

Ein politisches System, das eine ideologische Polarisierung der Bevölkerung befördert oder zumindest nicht verhindert; ein politisches System, das bestenfalls ausnahmsweise handlungsfähige parlamentarische Mehrheiten hervorbringt; ein politisches System, das dennoch selbst dann keine Kompromisse erzwingt, wenn genau die eigentlich aus ganz pragmatischen Überlegungen heraus dringend geboten wären: So ist das in den USA.

In diesen Tagen leidet Amerika darunter – und bald vielleicht die ganze Welt gleich mit. Es droht nämlich eine Rezession in den USA, wenn Präsident Barack Obama, seine demokratischen Parteifreunde im Kongress und die republikanische Opposition es nicht rasch, sehr rasch schaffen, gemeinsam die sogenannte Fiskalklippe zu umschiffen.

Amerika leidet – und der Rest der Welt, zumindest der europäische, schwankt einmal mehr zwischen blanker Verständnislosigkeit und genussvollem Grusel: diese dämlichen Yankees! Springen in den Abgrund und reißen uns mit, mal wieder.

Was daran stimmt, ist, dass Amerikas politisches System in diesen Tagen wie selten zuvor seine Schwäche offenbart. Eine Schwäche, die in anderen Zeiten eine Stärke war und ist.

Schon die Verfassungsväter des 18. Jahrhunderts haben aus Angst vor dem hobbesschen Leviathan, in ihrem Misstrauen gegen eine durchgreifende staatliche Zentralgewalt, alles darauf angelegt, die Paralyse zum Normalzustand zu machen.

Ein Weg, die Gewalten zu zähmen

Sie ahnten, dass das der Weg ist, die erste und zweite Gewalt im Staate, also Regierung und Parlament, nachhaltig zu zähmen. Weil auf die dritte Gewalt, die Justiz, kein Verlass ist, wenn es darauf ankommt. Und weil die vierte Gewalt, die veröffentlichte Meinung, im Zweifel auch nichts ausrichtet.

Der deutsche Steuerzahler erlebt gerade, bei der fortschreitenden Transformation der Euro-Zone in eine Transferunion, wie weise diese Überlegungen waren.

Amerika unterdessen ist mit seinem politischen System grosso modo nicht schlecht gefahren. Gemessen am kaufkraftbereinigten Pro-Kopf-Einkommen, dem besten einzelnen Indikator für gesellschaftlichen Wohlstand, sind die USA – was in Europa oft und gern vergessen wird – noch immer die reichste große Industrienation.

Und der Vorsprung ist so groß, dass sich daran so bald nichts ändern wird. Fiskalklippe hin oder her.

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