Die-Billionen-Dollar-Münze
Von Lars Halter
04.01.2013
Gerade erst ist der Zwist um die Fiskalklippe überwunden, da droht neuer Streit über die Höhe der Schuldendecke. Und damit, wie im vergangenen Jahr, Blockade und Abwertung der Kreditwürdigkeit. Doch Obama könnte ihn abwenden – mit einem einfachen Trick.
Nach dem faulen Kompromiss zur Vermeidung der gefürchteten Fiskalklippe droht den USA ein neuer Finanzstreit: Wie schon vor einem Jahr muss der Kongress im Februar die Schuldendecke anheben, um einen Staatsbankrott zu verhindern. Die Republikaner stemmen sich dagegen, doch Präsident Obama könnte sich freikaufen. Mit einer einzigen Münze – im Wert von einer Billion Dollar.
Das klingt bizarr, ist aber völlig legal, dank eines weitgehend unbekannten Paragrafen im amerikanischen Bundesgesetz. Der ermächtigt den Finanzminister zur uneingeschränkten Prägung von Platinmünzen und überlässt ihm die Festlegung von Größe, Design und Wert.
Gedacht war das Gesetz einmal, um die rasche Prägung von Gedenkmünzen zu ermöglichen, doch im andauernden Streit um die Staatsverschuldung der USA könnte eine revolutionäre Auslegung die Obstruktionspolitik der Republikaner aushebeln.
Und so soll es funktionieren: US-Finanzminister Timothy Geithner würde auf Anweisung aus dem Weißen Haus eine einzige Platinmünze mit dem Nennwert von einer Billion Dollar prägen. Diese würde bei der US-Notenbank hinterlegt, um eigene Schulden von der Fed zurückzukaufen. Für weitere, vom Kongress bereits beschlossene und getätigte Staatsausgaben, müssten keine neuen Verbindlichkeiten aufgenommen werden.
Damit müssten die USA ihre Schuldendecke nicht anheben und würden sich einen Streit ersparen, der vor einem Jahr zu einer Regierungskrise und zu einer anschließenden Abwertung der Kreditwürdigkeit durch die Ratingagentur Standard & Poor’s führte. Käme es im Frühjahr erneut zu einem solchen Streit, könnten auch die beiden übrigen Agenturen, Moody’s und Fitch ihre Bestnoten abziehen – mit möglicherweise dramatischen Folgen für die Wirtschaft und Reaktionen an den Finanzmärkten.
Der Trick hätte Charme, denn die Diskussion um die Schuldengrenze ist eine Farce. Jedes Jahr geben die Vereinigten Staaten mehr Geld aus, als sie erwirtschaften, regelmäßig wird die Obergrenze dann angehoben. Im vergangenen Jahr zogen die Republikaner plötzlich nicht mehr mit. Sie blockierten einen ansonsten rein formalen Akt, um Präsident Obama auf ihren Sparkurs zu zwingen.
Wird die Schuldendecke nicht angehoben, kann Amerika kein Geld mehr leihen und bestehende Schulden nicht bedienen – es käme zum Staatsbankrott. Bis vor kurzem wäre undenkbar gewesen, dass eine Partei ein solches Szenario als Druckmittel gegen den Präsidenten benutzt.
Entsprechend ist jetzt durchaus vorstellbar – und von einigen Demokraten wie dem New Yorker Abgeordneten Jerry Nadler explizit gewünscht –, dass der Präsident das außergewöhnliche Mittel nutzt, um die Republikaner zu stoppen. Insider in Washington hoffen, dass der Münztrick zumindest als Drohkulisse wirkt und den Kongress zur Abschaffung der ohnehin völlig theoretischen Schuldendecke zwingt.
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