No Chance of Stronger US Gun Laws

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Keine Chance für strenges Waffenrecht

Von OLIVER GRIMM (Die Presse)

28.03.2013

Fünf Minuten brauchte der Mörder von Newtown, um 26 Menschen zu töten. Drei Monate danach rückt ein Verbot der Sturmgewehre, die das möglich machten, in weite Ferne.

Mehrere Samuraischwerter, tausende Schuss Munition in Schuhkartons und ein Handbuch der National Rifle Association mit dem Titel „Einführung in die Grundlagen des Pistolenschießens“: Dies fand die Polizei bei der Durchsuchung des Hauses, in dem der Mörder von 20 Schulkindern und sechs Erwachsenen in der Volksschule von Newtown im US-Bundesstaat Connecticut am 14.Dezember vergangenen Jahres gelebt hatte.

Mehr als 100 Tage nach diesem Massaker hat die Polizei am Donnerstag ihren Bericht veröffentlicht, und er enthält eine Information, die den Kern der amerikanischen Debatte über die Reform des Waffenrechts trifft: Adam Lanza benötigte nur fünf Minuten, um die 26 Menschen in der Schule zu töten. In dieser kurzen Zeitspanne feuerte er mit seinem halbautomatischen Sturmgewehr der Marke Bushmaster 154 Patronen ab. Pro Schuss benötigte er also nur durchschnittlich weniger als zwei Sekunden. Möglich wurde das erstens durch den Mechanismus seiner Waffe und zweitens durch die Magazine mit jeweils 30 Schuss, die er verwendete.

Ängstliche Senatoren

Wer allerdings glaubt, dass dieses eindringliche Beispiel der verheerenden Wirkung von halbautomatischen Feuerwaffen Amerikas Gesetzgeber zu ihrem Verbot bewegen wird, irrt. Bereits vergangene Woche erklärte Harry Reid, der Fraktionsführer der Demokraten im Senat, er werde keinen Gesetzesvorschlag einbringen, der ein Verbot der Assault Weapons oder Munitionsmagazine mit mehr als zehn Schuss beinhaltet.

Der Grund dafür liegt nicht nur darin, dass so ein Gesetz auch der Zustimmung des Abgeordnetenhauses bedarf, wo die Republikaner die Mehrheit haben und mehrfach angekündigt haben, ein Sturmgewehr-Verbot zu verhindern. Die republikanischen Senatoren hatten zudem damit gedroht, sogar die Verhandlungen im Senat, wo die Demokraten in der Mehrheit sind, mit den berüchtigten schier endlosen Reden eines Filibuster zu torpedieren.

Entscheidend für die Zögerlichkeit der Demokraten ist ihre Sorge um die eigene politische Zukunft. Im kommenden Jahr müssen sich mehrere demokratische Senatoren in den Bundesstaaten Alaska, Arkansas, Louisiana, North Carolina, South Dakota und West Virginia der Wiederwahl stellen. In all diesen Staaten leben viele Bürger auf dem Land, teils in abgeschiedenen Gegenden, und der Besitz von Waffen ist Teil der Populärkultur und eine Frage des persönlichen Sicherheitsgefühls.

Doch auch im Rest des Landes erlahmt das Begehren nach Reformen, je mehr die Erinnerung an den Tod der kleinen Kinder und ihrer Lehrerinnen verblasst. Zu Beginn dieser Woche veröffentliche CBS News eine Umfrage, derzufolge nur mehr 47 Prozent der Amerikaner strengere Waffengesetze fordern. Unmittelbar nach dem Massenmord von Newtown waren noch 57Prozent dafür.

Ein ähnliches Bild zeigte vergangene Woche eine CNN-Umfrage. Nach Newtown waren 52Prozent der Befragten für strengere Gesetze, bis hin zu Verboten. Drei Monate später sind es bloß 43Prozent. Vor allem Menschen über 50 Jahre und Bewohner ländlicher Gegenden sind heute deutlich weniger oft für strengere Vorschriften als vor drei Monaten.

Die Einstellung zu Waffen spaltet Männer und Frauen ebenso wie Demokraten und Republikaner. 55Prozent der Frauen und zwei Drittel der Demokraten, aber nur 39Prozent der Männer wollen strengere Regeln, während 52Prozent der Republikaner alles so belassen wollen, wie es ist.

Machtloser Präsident

Und die Republikaner, angespornt von der Waffenlobby NRA, tun alles, um Reformen zu sabotieren. Der Senator Charles Grassley kündigte zum Beispiel einen eigenen Vorschlag zur Reform des Waffenrechts an. Dieser wird weder Verbote bestimmter Waffen oder großer Magazine noch sonstige tiefgreifende Maßnahmen beinhalten. Er wird bloß den ohnehin schon mühseligen Gesetzgebungsprozess noch mehr verzögern.

Präsident Barack Obama muss all dem machtlos zusehen. Am Donnerstag lud er Angehörige von Schusswaffen-Opfern zu einer Veranstaltung ins Weiße Haus. Mehr als eindringliche Appelle an das Gewissen der Amerikaner konnte er aber nicht lancieren. „Wir sollten uns schämen, wenn wir die Opfer vergessen haben sollten“, sagte er und kritisierte die Waffenlobby: „Es gibt mächtige Stimmen auf der anderen Seite, die alles ihnen Mögliche tun, um unsere Bemühungen zu torpedieren.“

Die größte Hoffnung für Obama stellt die 13 Millionen Dollar teure Waffenkontroll-Kampagne des Milliardärs und New Yorker Bürgermeisters, Michael Bloomberg, dar, der gezielt jene demokratischen Senatoren unter Druck bringt, deren politische Karrieren 2014 auf dem Spiel stehen.

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