Thank the Fed (Still)

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(Noch) sei dem Fed Dank

Jüngst haben die «Big Six», die sechs US-BankenHolding-Gesellschaften mit Bilanzsummen von je über 500 Milliarden Dollar, ihre Geschäftszahlen für das zweite Quartal 2013 vorgelegt. Mit Gewinnen zwischen einer und sechseinhalb Milliarden Dollar knüpfen Citigroup, Morgan Stanley, Goldman Sachs, Bank of America, JP Morgan Chase und Wells Fargo an ihre «besten» Zeiten an. Massgeblichen Anteil daran hat der Handel mit Wertpapieren. Allerdings ist dafür kaum eine Kasinomentalität, wie sie vor der Krise herrschte, verantwortlich.

Gewollte Jagd nach Rendite

Zunächst einmal ist es falsch, die sechs Banken in einen Topf zu werfen. Sie unterscheiden sich stark voneinander. Deren Bilanzsummen reichen von 800 Milliarden Dollar (Morgan Stanley) bis zu 2400 Milliarden Dollar (JP Morgan Chase), wobei Wells Fargo mit 1400 Milliarden Dollar von den sechs am stärksten im Hypothekargeschäft verankert ist. Drei der Institute sind namhafte Vermögensverwalter. Gemäss den Analytikern von Scorpio verwalten Morgan Stanley, Wells Fargo und Bank of America private Vermögen von zwischen 1300 und 1700 Milliarden Dollar. Zweifellos ist aber das Investment Banking im zweiten Quartal bei allen gut gelaufen. Dies ist nicht zuletzt der anhaltend expansiven Geldpolitik geschuldet. Es ist erklärtes Ziel der US-Notenbank Fed, dass ihr Leitzins von nahe null und ihre Wertpapierkäufe die Jagd auf Rendite stimulieren und Anleger in riskantere Engagements treiben. Dieses Umfeld nutzen mehr Firmen zur Ausgabe von Anleihen und Aktien, als es im sonst schon kapitalmarktlastigen amerikanischen Finanzsystem (im Gegensatz zum banklastigen europäischen System) der Fall ist.

Das beschert den Banken einerseits im «klassischen» Investment Banking lukrative Aufträge. Andererseits blüht das Handelsgeschäft, weil Anleger in Reaktion darauf, dass das Fed den US-Markt für US-Staatsanleihen und hypothekenbesicherte Papiere praktisch leer kauft, ihre Portefeuilles umschichten. Nicht zuletzt erzielen die Banken auch Bewertungserfolge auf in den eigenen Büchern gehaltenen Anlagen, deren Preise wegen der Zentralbankinterventionen steigen. All dies geschieht unter vermindertem Wettbewerb. Weniger Institute teilen sich den Investment-Banking-Kuchen, seit ausländische Institute zum Rückzug geblasen haben und amerikanische Banken wegen Fusionen noch grösser geworden sind. Die hohen Gewinne der «Big Six» sind letztlich also zu einem grossen Teil wirtschaftspolitisch und regulatorisch bedingt. Dass hier Opportunitäten genutzt werden, kann den Banken nicht vorgeworfen werden, umso mehr, als dass auch strenges Kostenmanagement – im Schnitt ist das Kosten-Ertrags-Verhältnis auf unter 70 Prozent gesunken – und das klassische Zinsdifferenzgeschäft, seit der Immobilienmarkt wieder Boden gefunden hat, zu den Gewinnen beitragen. Die Erholung der US-Wirtschaft führt darüber hinaus insgesamt zu einer steigenden Kreditqualität, während die Banken im Vorkrisenvergleich über bedeutend höhere Eigenkapitalpolster verfügen.

Wie Marktreaktionen auf Äusserungen des Fed über seine Politik deutlich machen, ist das Umfeld jedoch äusserst volatil. Eine Fortschreibung hoher Gewinne ist kaum zu erwarten, zumal der durch das Fed verliehene Rückenwind rasch drehen kann. Zudem hat die Regulierung in den vergangenen Wochen eine starke Beschleunigung erfahren. Hatte der Rest der Welt lange bezweifelt, dass die USA die revidierten internationalen Kapital- und Liquiditätsanforderungen von «Basel III» überhaupt je einführen würden, wird dies nun ab 2014 der Fall sein. Bei der ungewichteten Kapitalquote sehen die Amerikaner gar einen «US-Finish» vor und wollen eine Ratio von 5 Prozent bis 6 Prozent statt 3 Prozent verlangen.

Der Wind ist am Drehen

Auch die Volcker-Regel, welche Banken den Handel auf eigene Rechnung und die Beteiligung an Hedge-Funds und privaten Equity-Funds verbieten soll, dürfte noch dieses Jahr verabschiedet werden. Die Verzögerung erklärt sich damit, dass 19 000 Kommentare aus der Öffentlichkeit zu deren Ausgestaltung eingegangen sind. Wenn das in Antizipation der Regel nicht schon geschehen ist, entsteht dem Handelsgeschäft hier demnächst Gegenwind. Regelmässige Stresstests, die diesen Namen verdienen und deren Resultate jeweils veröffentlicht werden, ergänzen das Aufsichtsdispositiv. Ebenfalls weiter als Europa sind die US-Banken mit dem Erstellen von Sanierungs- und Abwicklungsplänen.

Und den US-Instituten droht weiteres «Ungemach»: Zur Diskussion steht ein Vorschlag, einen Eigenkapitalzuschlag proportional zum Ausmass der kurzfristigen Refinanzierung zu erheben, aber auch ein Gesetzesprojekt der Senatoren John McCain und Elizabeth Warren, welches eine Rückkehr zum klassischen Trennbankensystem verlangt. Auf ihren jüngsten Gewinnen ausruhen können sich die amerikanischen Banken also nur kurz; das Umfeld wird in der nächsten Zeit auch für sie rauer werden.

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