A Debacle for the Republicans

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Debakel für die Republikaner

Der Haushaltsstreit ist aufgeschoben, eine globale Wirtschafts- und Finanzkrise aber noch lange nicht verhindert. Der politische Wahnsinn geht weiter. Ein Kommentar von Martin Klingst

Welch ein Drama bis zur letzten Sekunde! Und welche fatalen Folgen! Der politische Wahnsinn in Washington kostete das bereits mit 17 Billionen Dollar verschuldete Land weitere 24 Milliarden Dollar. Und Amerika blamierte sich in der Welt bis auf die Knochen.

Doch der Kompromiss zu später Stunde hat den Wahnsinn nur aufgeschoben, nicht aufgehoben. Gut möglich, dass gleich nach Weihnachten dasselbe Trauerspiel droht: Kein Geld für die laufenden Regierungsgeschäfte. Keine Einigung über die Anhebung der Staatsverschuldung. Im Winter schmerzt der Staatsstillstand besonders.

Erreicht wurde in der vergangenen Nacht wieder einmal nur eine weitere kleine Schonfrist. Nur bis zum 15. Januar hat der Staat genug Dollar, um seiner Arbeit nachzugehen. Und nur bis zum siebten Februar wird Amerika auch weiter seine Schulden bezahlen können.

Wenn sich also Demokraten und Republikaner bis dahin nicht über den Haushalt einigen, wenn sie also keinen Konsens darüber erzielen, wo sie bei den ausufernden Sozial- und Militärausgaben einsparen und wo sie trotz schmalem Portemonnaie für die Zukunft investieren wollen, dann droht die nächste Katastrophe: Eine neue globale Wirtschafts- und Finanzkrise ist noch lange nicht verhindert.

Gewinner und Verlierer

Was also ist in den vergangenen zwei Wochen geschehen, als Museen und Parks schließen mussten und Hunderttausende von Staatsdienern nach Hause geschickt wurden? Was hat der zermürbende Streit gebracht?

Gewonnen haben diese Runde im Machtkampf um Amerikas Haushalt Obama und seine Demokraten. Verloren haben sie die Republikaner, und zwar auf fast ganzer Linie. Allzu willfährig ließen sie sich von einer kleinen, aber einflussreichen Truppe verantwortungsloser Extremisten zur Geisel nehmen.

Diese Gruppe fanatischer Republikaner lehnt Obamas Gesundheitsreform nicht nur ab, sondern hasst sie. All ihr Streben, gefördert und finanziert von mächtigen Lobbyistenvereinen wie der Heritage Foundation, dient einem einzigen Ziel: Obamacare auszuhebeln und abzuschaffen.

Weil die Einführung der allgemeinen Krankenversicherungspflicht nicht nur in der Republikanischen Partei unpopulär ist, sondern ebenso in Teilen der Bevölkerung, sagt sich diese Gruppe: Wenn wir unsere Zustimmung zum Haushalt von Konzessionen bei der Gesundheitsreform abhängig machen, werden Obama und die Demokraten nachgeben.

Doch sie haben sich gründlich verkalkuliert. Kein einziger Demokrat knickte ein. Im Gegenteil, die Angriffslust der Rechten führte zum Schulterschluss und zur Verteidigung der Gesundheitsreform. Obama und die Demokraten ließen sich nicht erpressen und nahmen in Kauf, dass einstweilen nicht nur der Regierung das Geld ausging, sondern überdies Amerika die Zahlungsunfähigkeit drohte.

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Republikaner büßen Rückhalt ein

Besonders schlimm für die Republikaner war, dass das Volk ihre Erpressungspolitik rundweg ablehnte. Dreiviertel verlangten, dass der Staat weiter bezahle und die Schuldengrenze angehoben werde.

Die Bürger sind derart frustriert, dass sechzig Prozent am liebsten alle gegenwärtigen Abgeordneten und Senatoren in die Wüste jagen würden. Die Republikaner stoßen nur noch bei einem knappen Viertel der Amerikaner auf Rückhalt und Sympathie.

Überdies: Das Ansehen der Gesundheitsreform stieg im Laufe des Streits um acht Prozent. Und das, obwohl ihre Einführung am ersten Oktober eigentlich ein Desaster war. Gründlicher hätte die republikanische Strategie nicht fehlschlagen können.

Vorübergehender Sieg

Der Präsident und seine Demokraten haben also einstweilen gewonnen. Doch sie sollten sich hüten, dies auszukosten und übermütig zu werden. Der Sieg ist schnell vergänglich und es steht viel zu viel auf dem Spiel.

Die Obama-Regierung braucht dringend ein paar Dutzend einsichtige Republikaner, um einen Haushalt zu beschließen und notwendige Einsparungen durchzusetzen. Denn einige Demokraten werden, wenn es um Einschnitte in Sozialleistungen geht, ihren Schulterschluss mit Obama aufkündigen. Der Präsident braucht diese Republikaner ebenso, um die längst überfällige Einwanderungsreform durch den Kongress zu bringen.

Auf die bange Frage, ob sich das üble Gezerre um Amerikas Finanzen nach Weihnachten wiederholen werde, antwortete Obama in der vergangenen Nacht kurz und knapp: “Nein.” Das wäre ein gewaltiger Erfolg, allein es fehlt der Glaube.

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