Obama's Disaster

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US-Präsident Obama hat Schwierigkeiten, seine Politik zu erklären

In den USA heißt es oft, dass auf der zweiten Amtszeit von Präsidenten ein Fluch liege. Beispiele dafür gibt es genug: Ronald Reagan war gefangen in der Iran-Kontra-Affäre. Bill Clintons amouröses Verhältnis zu einer Praktikantin führte zu einem Amtsenthebungsverfahren. George W. Bush war überfordert, als der Hurrikan „Katrina“ an Land ging. Und Barack Obama? Seine Gesundheitsreform scheint gerade zum größten Desaster seiner Präsidentschaft werden.

Doch die Vergleiche hinken. Iran-Kontra war ein Kriminalfall. Clinton-Lewinsky war allenfalls für Prüde ein Problem. „Katrina“, das war Ausweis des Hochmuts eines Präsidenten, den das Schicksal vor allem der Afroamerikaner in New Orleans kalt ließ. Obamacare dagegen ist eine Geschichte voreilig abgegebener Versprechen, vermischt mit der Unfähigkeit des Regierungsapparats, die ebenso peinlich wie unverständlich ist. Obama hat gegen den wichtigsten Grundsatz in der Politik verstoßen: Versprich nur, was du halten kannst.

Über viele Jahre hinweg hat Barack Obama den Eindruck vermittelt, als würde seine Gesundheitsreform vor allem vielen Millionen Menschen zum ersten Mal in ihrem Leben einen Krankenversicherungsschutz bringen. Für alle bereits Versicherten aber werde sich fast nichts ändern. Doch so ist es nicht. Irgendjemand wird die Reform bezahlen müssen. Im Zweifel die Versicherten, wie sich jetzt herausstellt.

Die Gesundheitsreform wird von der Mehrheit abgelehnt

Obama wusste, dass es so kommen würde – und hat dennoch bis vor wenigen Tagen sein Versprechen wiederholt, weil er verhindern wollte, dass der Widerstand gegen Obamacare noch größer wird. Mehrere Dutzende Male haben etwa die Republikaner versucht, das Gesetz zu kippen. Sie haben sogar seinen Staatsbankrott riskiert, um es loszuwerden.

All das können sie tun, weil die Reform trotz ihrer unbestreitbaren Vorteile von einer Mehrheit immer noch abgelehnt wird. Denn diese nimmt jede noch so kleine Veränderung, die aus Washington kommt, gleich als einen Angriff auf die Freiheit des Einzelnen wahr. Das klingt für Europäer bizarr, in den USA jedoch ist es eine Realität, die nur durch eine vollständige Überwindung des Systems verändert werden könnte. Daran aber denkt nicht einmal der Reformer Obama. Neben der ideologischen Kontroverse schadet dem Präsidenten eine unglaublich peinliche Panne: Selbst sechs Wochen nach Start der Gesundheitsreform funktioniert die zugehörige Website nicht.

Obama hat nur noch wenig Zeit

Die Amerikaner verlieren angesichts dieses Versagens das Vertrauen in Obama. Seine Beliebtheitswerte sind zu Recht so schlecht wie nie zuvor. Praktisch nichts ist dem Präsidenten in dem einen Jahr seit seiner Wiederwahl gelungen. Das Abgeordnetenhaus blockiert ein neues Einwanderungsrecht für die elf Millionen Illegalen im Land. Das Waffenrecht bleibt lax wie eh und je, obwohl mehrere Amokläufe allein in diesem Jahr die USA erschütterten. Die Schließung des Gefangenenlagers Guantanamo? Ach, ja: es gibt da jetzt zwei Beauftragte. Als Barack Obama im Januar 2009 ins Weiße Haus einzog, versprach er, die gespaltene Gesellschaft zu einen und die größte Volkswirtschaft der Welt für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu wappnen. Es ist bei – zugegeben engagierten – Versuchen geblieben.

Ein paar Monate hat Obama noch Zeit, das Desaster abzuwenden. Er muss die Zuneigung jener Amerikaner zurück gewinnen, die ihn zweimal ins Weiße Haus geschickt haben. Gelingt ihm das bis ins Frühjahr 2014, bevor der Wahlkampf für den Kongress richtig hitzig wird, dann ist denkbar, dass Obama einige seiner Vorhaben durchsetzen kann. Gelingt es nicht, dann ist der US-Präsident schon knapp drei Jahre vor dem Ausscheiden aus dem Amt handlungsunfähig. Derzeit ist letztere Variante wahrscheinlicher. Der Fluch der zweiten Amtszeit beginnt zu wirken.

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