Silicon Valley Meets Detroit

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Die internationale Autoindustrie läutet das Jahr üblicherweise in Detroit ein. Hier treffen sich die Hersteller in der kommenden Woche zur wichtigsten Automesse in den Vereinigten Staaten. Aber die vergangenen Tage haben gezeigt, dass die Messe in Detroit ihren Rang als erstes Großereignis des Jahres für die Branche verloren hat. Die gerade beendete Elektronikmesse CES in Las Vegas hat sich für die Autoindustrie zu einer Pflichtveranstaltung gemausert. Autohersteller und ihre Zulieferer standen auf der CES im Rampenlicht wie noch nie zuvor. Das Auto wird zur nächsten großen Front, in die das digitale Leben Einzug hält. Die Branche verheißt, Autos intelligenter zu machen und sogar so weit zu bringen, dass sie eines Tages von selbst fahren.

Die Autoindustrie hat erkannt, dass Fahrzeugelektronik zu einem immer wichtigeren Verkaufsargument wird. Verbrauchern geht es nicht mehr nur um Pferdestärken, Design oder niedrigen Benzinverbrauch. Sie wollen, dass ihnen das Auto alle digitalen Möglichkeiten liefert, die sie von ihren Smartphones kennen, ob Unterhaltung oder nützliche Anwendungen, um Restaurants zu finden oder Staus zu vermeiden. Die Unternehmen aus der Internet- und Elektronikindustrie wiederum wollen nicht länger zusehen, dass das Auto für sie bislang ein weitgehend weißer Fleck ist. Aus ihrer Sicht ist die Zeit, die Menschen in ihren Fahrzeugen verbringen und von der digitalen Welt abgeschnitten sind, brachliegendes Potential. Nur zu gerne würden sie ihren Aktionsradius stärker als bisher auf das Auto ausweiten. Das gilt umso mehr, weil Smartphones und Tabletcomputer der Branche nicht mehr die stürmischen Wachstumsraten der vergangenen Jahre bescheren.

Breiterer Trend zur Vernetzung

Die beiden Welten nähern sich somit mehr und mehr an. Der Internetkonzern Google will seine erfolgreiche Smartphone-Software Android im Auto einrichten und hat dazu auf der CES eine Allianz mit Audi und anderen Herstellern angekündigt. Google kontert damit eine ähnliche Initiative des Rivalen Apple, der sich ebenfalls Partner gesichert hat. Große CES-Themen wie am Körper tragbare elektronische Geräte („Wearables“) wurden auch von den Autoherstellern aufgegriffen. Daimler und BMW zeigten, wie sie sich eine Verknüpfung ihrer Autos mit Computeruhren vorstellen, Hyundai ließ die Datenbrille Google Glass zum Einsatz kommen.

Das Aufrüsten von Autos mit Informationstechnologie fügt sich in einen breiteren Trend zur Vernetzung, der ebenfalls auf der CES zu erkennen war. Vernetzung geht zunehmend über Computer oder Smartphones hinaus. Immer mehr Dinge werden mit dem Internet verbunden, vom Auto über Haushaltsgeräte bis zu Industriemaschinen. Sensoren werden allgegenwärtig und machen es möglich, dass Autos nicht nur untereinander kommunizieren können, sondern auch mit der Verkehrsinfrastruktur oder mit Dingen im Haushalt. Solche vernetzten Autos können zum Beispiel vor Gefahren wie Staus warnen oder auf der Heimfahrt veranlassen, dass rechtzeitig die Heizung im Haus angeschaltet wird.

Je weiter die Vernetzung voranschreitet, umso näher rückt auch das autonome Fahren. Auf dieses Ziel arbeiten Autohersteller ebenso hin wie Google. Fahrerassistenzsysteme wie Einparkhilfen sind heute schon Alltag, in wenigen Jahren dürften Lösungen für teilautomatisiertes Fahren bei geringen Geschwindigkeiten serienreif sein. Die Endstufe eines vollständig selbstfahrenden Autos liegt wohl noch deutlich weiter in der Zukunft, aber es gibt Fortschritte. So verkündete Audi auf der CES, sein Computersystem für automatisiertes Fahren, das vor einem Jahr noch einen großen Teil des Kofferraums beanspruchte, drastisch geschrumpft zu haben.

Die digitale Offensive der Autohersteller eröffnet einen neuen Schauplatz für Rivalitäten. Google und Apple, erbitterte Wettbewerber im Smartphone-Geschäft, liefern sich nun auch einen Kampf um die Vorherrschaft im Auto. Auch im Verhältnis zwischen diesen Unternehmen und ihren neuen Partnern aus der Autoindustrie gibt es mögliche Spannungsfelder. Je wichtiger das digitale Innenleben von Fahrzeugen für die Käufer wird, umso größer wird die Gefahr, dass die Leistung der Ingenieure und damit die klassische Stärke der Autobauer in den Hintergrund rückt. Das macht die Frage umso dringlicher, wie viel Kontrolle über die Elektronik die Autohersteller ihren Partnern überlassen wollen.

Das Geschäft der Autoindustrie wird durch den Trend zur Digitalisierung um einiges komplexer. Zusätzliche Elektronik mag das Fahren sicherer machen, aber sie birgt auch neue Risiken, etwa eine höhere Ablenkungsgefahr für die Person am Lenkrad. Die Vernetzung macht Autos anfällig für Angriffe von Hackern. Auch das Zündstoffthema Datenschutz holt die Autobauer ein. Nicht jedem wird die Aussicht gefallen, dass noch mehr persönliche Informationen in der digitalen Welt landen und womöglich in falsche Hände gelangen könnten. Solchen heiklen Fragen muss sich die Autoindustrie aber auf der Messe in Detroit wohl kaum stellen. Denn dies ist noch immer ein Ort, an dem die Branche in erster Linie mit ihren traditionellen Ingenieurtugenden punkten will.

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