NSA Scandal: Obama’s PromisesNot Enough for German Government

<--

NSA-Skandal: Bundesregierung reichen Obamas Versprechen nicht

Schöne Worte, wenig Reform: US-Präsident Obama stellte sich in seiner Rede am Freitag hinter die Geheimdienste – von einer echten Zügelung der NSA kann keine Rede sein. Entsprechend skeptisch fallen die Reaktionen aus. Der deutschen Regierung sind Obamas Worte nicht genug.

Berlin/Washington – Die 45-minütige Rede von Barack Obama über die Spähaktivitäten der NSA hat viele enttäuscht. Von der weltweit gespannt erwarteten Zügelung der Geheimdienste blieb eher ein “Reförmchen” übrig, der rhetorisch geschliffene Vortrag hatte inhaltlich vor allem kosmetische Änderungen zu bieten, schreibt etwa Glenn Greenwald, der Journalist, der mit den ersten Snowden-Enthüllungen den Skandal ans Licht gebracht hatte.

ANZEIGE

So sieht das auch die deutsche Politik: Bundesregierung, Koalitionsparteien und Opposition haben zurückhaltend auf die Reformpläne des Präsidenten reagiert. Zwar gebe es positive Signale, die Rede des US-Präsidenten bringe aber keine Kursänderung, lautete am Samstag die verbreitete Einschätzung.

Obama hatte am Freitag zwar Korrekturen an den Spionageaktivitäten der umstrittenen National Security Agency (NSA) angekündigt, die Arbeit der Geheimdienste aber grundsätzlich verteidigt. Trotz weltweiter Empörung über die Geheimdienst-Tätigkeiten zeigte sich der Präsident mit durchgedrücktem Rücken. Ein halbes Jahr hätten seine Leute das Dickicht der Dienste durchforstet und nach Korrekturen und Alternativen gesucht. Sie hätten nicht viel gefunden, was sie aufgeben wollten. Die Datenkrake NSA wird also kaum gezähmt. Die Sammelei von E-Mails, SMS, Fotos oder Aufenthaltsorten ließ Obama unerwähnt. Das Anzapfen von Leitungen großer Internetfirmen spricht er nicht an. Ob das alles überhaupt verfassungsgemäß ist, darüber redet er nicht.

Nur eine kleine Einschränkung der Macht

Was es gab, waren beruhigende Worte, eine Versicherung, dass die USA nichts Böses im Sinn haben: “Unser Regierungssystem baut auf den Grundsatz, dass unsere Freiheit nicht von den guten Absichten der Mächtigen abhängt”, sagte Obama. “Sie hängt davon ab, dass das Gesetz die Mächtigen einschränkt.”

Diese Einschränkung der Macht fiel in seinen Vorschlägen allerdings eher gering aus: Befreundete Staats- und Regierungschefs dürfen nur noch abgehört werden, wenn dies aus Gründen der nationalen Sicherheit der USA zwingend erforderlich ist. Über das Abhören von Ministern oder Spitzenbeamten sagte er nichts. Die Dienste sollten auch Ausländer nur überwachen, wenn die nationale Sicherheit konkret gefährdet sei. Das lässt viel Spielraum – und den wollen sich die USA offensichtlich auch erhalten.

Kein Druckmittel gegen die USA

Bundesjustizminister Heiko Maas geht die von US-Präsident Barack Obama zugesagte Begrenzung der Spionageaktivitäten des Geheimdiensts NSA nicht weit genug. “Erst wenn wir ein rechtlich verbindliches Abkommen unterzeichnet haben, das die Daten aller Bürger schützt, werden wir verlorenes Vertrauen zurückgewinnen können”, sagte der SPD-Politiker der Zeitung “Bild am Sonntag”. Unions-Fraktionschef Volker Kauder sagte, ein Druckmittel gegen die USA gebe es nicht: “Wir stecken in einem klassischen Dilemma.”

“Präsident Obama hat jetzt erste Schritte gemacht. Die NSA sollte nicht mehr völlig ungebremst weiter Daten sammeln können”, sagte Maas. Gerade in den USA gebe es längst Hinweise, dass die enormen Datenmassen gar nicht ausgewertet werden könnten und daher auch keinen Beitrag zur Sicherheit vor Terroranschlägen leisteten.

Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach sagte im Deutschlandfunk, er sei nicht überzeugt, dass US-Regierung und Kongress “ernsthaft daran denken, Art und Umfang der bisherigen Ausspähpraxis grundsätzlich zu ändern”. Die Ankündigungen Obamas würden nicht zur Beruhigung der Bürger in Deutschland beitragen, erklärte er gegenüber der “Rheinischen Post”, und er gehe nicht davon aus, dass es zu weitreichenden Korrekturen bei der Informationsbeschaffung kommen werde.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Norbert Röttgen (CDU), bezeichnete Obamas Rede als “eher technischer Natur”. Der künftige Koordinator der transatlantischen Beziehungen, Philipp Mißfelder (CDU), sagte im Deutschlandradio Kultur, es könne ein zäher Prozess werden, wenn die Vorschläge Obamas den Kongress passieren müssten.

Der CDU-Europapolitiker Elmar Brok äußerte sich enttäuscht über die Obama-Rede. “Es gibt Zusagen, aber keine rechtlichen Verpflichtungen, die überprüfbar sind”, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament der dpa in Berlin. “Es war eine Beruhigungsrede. Aber in der Sache ist das kein wesentlicher Fortschritt zu dem, was bisherige Praxis war.”

Kanzlerin sollte das Thema auch zur Chefsache machen

Es gibt auch Lob für die Rede des Präsidenten. Mit seiner Beschneidung der NSA-Kompetenzen überwinde Obama erhebliche Widerstände und beweise Mut, heißt es in ersten Reaktionen. Mit dem Verbot, weiterhin politische Führer befreundeter Länder auszuspähen, zeige er politisches Augenmaß.

ANZEIGE

Der Chef des Bundestagsgremiums zur Kontrolle der deutschen Geheimdienste, Clemens Binninger (CDU), sprach in den “Stuttgarter Nachrichten” von einer wegweisenden Rede Obamas. “Der Präsident hat deutlich gemacht, dass ihn die Sorgen der Menschen im Ausland nicht ungerührt lassen.”

Vor allem hat der Präsident überhaupt einmal 45 Minuten zu dem Thema gesprochen. Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele nannte die Rede im ZDF-“heute journal” bemerkenswert. “Das ist ein Fortschritt, das habe ich so von unseren Politikern, von unserer Kanzlerin, aber auch von unseren Geheimdiensten bisher nicht gehört.”

In der “Passauer Neuen Presse” forderte er: “Die Kanzlerin sollte jetzt auch endlich das Thema zur Chefsache machen.”

juh/dpa/Reuters

About this publication