Putin’s Spies and Their Discord

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Putins Spione und ihr Spaltpilz

Russland will im Ukraine-Konflikt USA und EU auseinanderdividieren. Dass auch die Agenten in Moskau die Kunst der Spionage beherrschen, ist über die NSA-Affäre ganz in Vergessenheit geraten.

THOMAS VIEREGGE

Ein „Bleep“, ein Pieps, übertönt jedes Four-Letter-Word im US-Fernsehen. Im Scorsese-Film „Wolf of Wall Street“ stoßen Leonardo Di Caprio & Co. das Wort „Fuck“ dagegen 522-mal aus – was ein Schlaglicht auf eine gewisse Schizophrenie der US-Gesellschaft wirft.

In „Foggy Bottom“, dem Washingtoner Außenministerium, sowie dem Pentagon oder dem Weißen Haus geht es nicht viel zahmer zu als im von Testosteron getriebenen Business der New Yorker Wall Street. Der hemdsärmelige Diplomat Richard Holbrooke war ebenso legendär für seine derben Flüche wie Ex-Obama-Berater Rahm Emanuel oder Sicherheitsberaterin Susan Rice. Victoria Nuland reiht sich also in eine Tradition der Haudegen ein.

Ihr „Fuck“-Fauxpas enthüllt nach den WikiLeaks-Depeschen des State Department, wie unfein es mitunter hinter den Kulissen der Diplomatie zugeht. Und er sagt etwas aus über die Geringschätzung der EU in der US-Hauptstadt, wo die Player hinter vorgehaltener Hand über die „Weicheier“ in Brüssel herziehen. Dass Nuland jedoch die UNO als Vermittler in Kiew ins Spiel bringt, überrascht, ist deren Image in Washington doch noch angekratzter als das der EU.

Politisch signifikanter als Fragen des Stils oder des guten Tons ist allerdings der Ukraine-Konflikt zwischen den alten Rivalen USA und Russland. Dass auch die Agenten in Moskau die Kunst der Spionage beherrschen, ist über die NSA-Affäre ganz in Vergessenheit geraten. Dies sollte Edward Snowden, Asylant von Putins Gnaden, beherzigen. Umso mehr, als Putins Spione ein durchsichtiges Spiel spielen: Sie wollen einen Spaltpilz zwischen die USA und die EU treiben. Ein Déjà-vu des Kalten Kriegs.

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