Deutschland und die USA – Neue Realpolitik
Wenn die dicken Bretter, die Politiker gerne vorgeben zu bohren, in Wahrheit Stahlträger sind, sollte man etwas anderes versuchen. Was den Umgang mit der Affäre um den Geheimdienst NSA angeht, hat der neue, alte deutsche Außenminister genau das jetzt getan.
Frank Walter Steinmeiers von Gelassenheit, Selbstbewusstsein und Tatendrang geprägter Auftritt in Washington dokumentiert endgültig den Abschied vom deutschen Verlangen nach einem per Vertrag festgelegten Spionageverzicht.
Stattdessen sollen die Differenzen, die beide Länder im Umgang mit Privatsphäre, Datensicherheit und Gefahrenabwehr haben, in einem Arbeitskreis vertieft werden. Neben Schlapphüten soll auch die Zivilgesellschaft einen Stuhl am Tisch haben. Man kann das Einknicken vor Uncle Sam nennen. Oder Realpolitik. Steinmeier ahnte seit langem, dass Washington kein No-Spy-Abkommen liefern würde. Seine Initiative für einen “Cyber-Dialog” ist trotzdem mehr als ein elegantes Ablenkungsmanöver.
Das von der Nachkriegsgeneration nostalgisch beschworene transatlantische Bündnis lässt junge Menschen heute kalt. Sich auf beiden Seiten des Atlantiks gemeinsam neu darüber zu verständigen, wie die globalen Probleme von Umweltschutz bis Terror in einer eng vernetzten Welt am besten zu lösen sind, kann die Entfremdung stoppen. Steinmeier ist an einer Frischzellenkur gelegen. Das von ihm propagierte Ende der von Vorgänger Guido Westerwelle zelebrierten “Kultur des Heraushaltens” hat man in Washington mit Dankbarkeit aufgenommen.
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