Obama's Hands Are Tied

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Obama sind die Hände gebunden

Der US-Präsident versucht Russland diplomatisch und wirtschaftlich in die Knie zu zwingen, doch seine Mittel sind beschränkt.

Während Russland kurz davor ist, sich den südlichsten Zipfel der Ukraine einzuverleiben, fliegt US-Präsident Barack Obama erst einmal nach Miami. Nach dem Besuch einer High School fährt er mit seiner Frau Michelle auf die Florida Keys. Unterdessen prasselt in Washington ein Gewitter der Kritik auf ihn nieder. “Wir haben einen schwachen und unentschiedenen Präsidenten, der zu Aggression einlädt”, schimpft etwa der Republikaner Lindsey Graham. “Präsident Obama muss etwas unternehmen.” Sein Parteikollege Mike Rogers pflichtet ihm bei und warnt vor Wladimir Putin, dem seiner Ansicht nach unberechenbaren russischen Präsidenten. “Putin spielt Schach und wir spielen Murmeln”, wettert Rogers.

Es ist in der Tat ein riskanter Weg, den Obama in der Krise um die ukrainische Halbinsel Krim eingeschlagen hat. Mit ungeladener Waffe will er den listigen Taktierer Putin in die Knie zwingen. Die USA verkündeten zwar schärfere Sanktionen gegen die Verantwortlichen des Konflikts, setzten vorerst aber keine Namen oder Unternehmen auf ihre schwarze Liste. Der mächtige Mann im Kreml dürfte schnell erkannt haben, dass Washington nur mit Platzpatronen schoss. Doch hinter Obamas Strategie steckt mehr. Er will Moskau diplomatisch und wirtschaftlich Schritt für Schritt isolieren und Russland damit die Bestätigung der internationalen Gemeinschaft entziehen, die Putin mit seinen Olympischen Spielen in Sotschi gesucht hatte. Seine militärischen Drohgebärden deklariert das Pentagon derzeit noch als Routineübungen und Verpflichtungen gegenüber Nato-Partnern. Russlands Nachbarländer rücken dabei aber bereits stärker an den Westen heran – ein Resultat, das Putin tunlichst vermeiden will.

Aber reicht das, um dem Moskauer Muskelspiel ein Ende zu bereiten? Andererseits – was soll Obama machen? Das Land ist kriegsmüde, niemand redet einem neuen, echten Konflikt das Wort, auch nicht der Kongress, auch nicht die Republikaner. Mit Gas-Exporten nach Europa könnte er den russischen Einfluss wohl etwas eindämmen. Doch ansonsten sind Obama die Hände gebunden.

“Reset” nannten die Amerikaner den roten Knopf, mit dem sie einen Neuanfang der Beziehungen zu Russland meinten. Reinen Tisch wollte Obama mit dieser symbolischen Geste machen, als er das Amt 2009 von seinem Vorgänger George W. Bush übernahm. Obama machte Tabula Rasa, ohne etwas dafür zu verlangen. In den kommenden Jahren streckte er die Hand weiter nach Moskau aus, um die “Mentalität des Kalten Krieges” zu überwinden, wie er es formulierte. Vereinbarungen über Raketenabwehrsysteme mit Polen und Tschechien widerrief er und versicherte den Russen noch mehr Flexibilität für die Zeit nach seiner Wiederwahl im Jahr 2012. Im Debakel um Syriens Chemiewaffen machte er Kremlchef Putin schließlich zum Schiedsrichter, nachdem sich seine eigens gesetzte “rote Linie” als leere Drohung entpuppt hatte.

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