Endlich zeigt sich Google willig und offen
Europäer können ab sofort die Löschung unerwünschter Suchergebnissen bei Google beantragen. Ein erfreuliches Signal. Doch die neuen Richtlinien dürfen Googles Marktmacht nicht auch noch zementieren.
Ich kann mich nicht mehr googlen, also bin ich auch nicht mehr? Nach dem EuGH-Urteil zum Recht auf Vergessenwerden im Internet stellen sich viele Fragen
Allein schon die Lesart, mit der diese Nachricht gehandelt wird, markiert eine Zäsur. “Google beugt sich europäischem Recht”, so beginnen Meldungen über die Reaktion des Suchmaschinenkonzerns auf das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum “Recht auf Vergessenwerden”.
Es schien ja tatsächlich in letzter Zeit nicht immer klar, ob der Weltmarktführer der Netzsuche, und mit ihm andere Datengoldgräber jenseits des Atlantiks, sich um europäische Datenschutzusagen auch nur einen Deut schert.
Doch dieses Signal ist nun erfreulich deutlich: Europäer können ab sofort die Löschung unerwünschter Suchergebnisse über sich bei Google beantragen – über ein am Freitag ins Netz gestelltes Formular.
Die Maßnahme ist aller Ehren wert, und Google hat offenbar verstanden. Nach NSA-Affäre und wachsendem Unbehagen in Europa am transatlantischen Datenfreihandel von Facebook & Co. ist dieser Umstand ein Signal, das auf Verständigung hoffen lässt – auch in anderen, bislang noch nicht geklärten Fragen.
Zu diesen Fragen gehört zum Beispiel, was mit den Daten der Ausweiskopie geschieht, die Google jedem Löschantrag beigefügt sehen will.
Und da ist ja auch noch das nach wie vor nicht geklärte Problem der Bevorzugung von Suchergebnissen, mit denen sich Google durch seine Monopolstellung geldwerte Vorteile auf Kosten seiner Konkurrenten verschafft. Ein Problem, das für europäische Zeitungsverlage eine Existenzgefährdung darstellt.
Datenschutz und Informationsfreiheit
Die rasche Reaktion von Google auf das EuGH-Urteil lässt allerdings hoffen, dass diese und andere Differenzen im Dialog gelöst werden können, und zwar auf geklärter – europäischer – Rechtsgrundlage. Zu diesem Dialog gehört auch, die Argumente des Suchmaschinenriesen ernst zu nehmen, die gegen allzu feingliedrige Regulierung der Internetsphäre sprechen.
Es stimmt nämlich: Ein junges Start-up-Unternehmen könnte sich zum Beispiel den Aufwand Tausender Nutzerbegehren auf Löschung wohl kaum leisten. Insofern können allzu ausgefeilte Datenschutzregeln durchaus kontraproduktiv wirken, weil sie die Marktmacht der ohnehin schon Großen zementieren, für Innovation und Gründergeist aber unüberwindliche Barrieren aufstellen.
Und noch ein Argument der Kritiker des EuGH-Urteils ist nicht von der Hand zu weisen: Aus dem “Recht auf Vergessenwerden” darf kein “Recht auf Verschweigen” werden. Der Schutz personenbezogener Daten ist ein ebenso hohes Gut wie die Informationsfreiheit.
Es ist deshalb jetzt vordringliche Aufgabe der nationalen Gesetzgeber in Europa, das EuGH-Urteil in liberalem Sinne mit klaren Kriterien zu flankieren. Kriterien, die Missbrauch ausschließen und im Zweifelsfall der Freiheit allen erdenklichen Raum lassen. Jener Freiheit, die wir meinen – und zwar gemeinsam, diesseits und jenseits des Atlantiks.
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