Obamas neuer Krieg
Barack Obama hat das Problem des irakischen Ministerpräsidenten Maliki zu seinem eigenen gemacht. Damit geht es dem US-Präsidenten wie seinen Vorgängern: Die USA werden den Irak nicht los. Obama handelt militärisch-minimalistisch. Das ist politisch riskant.
Es ist seit drei Jahrzehnten Routine: Wer US-Präsident wird, schlägt sich irgendwann – meist erfolglos – mit dem Irak herum. Ronald Reagan lieferte dem Despoten Saddam Hussein Chemiewaffen, George Bush senior vertrieb ihn aus Kuwait, Bill Clinton schickte Marschflugkörper, George Bush junior eroberte den Irak gleich ganz. Dann wählten die Amerikaner Barack Obama: Sie hofften, dass er sie endlich vom Irak erlösen würde.
Nun schickt Obama US-Soldaten in den Irak. Das ist vielleicht kein großer Schritt für den Nahen Osten, aber ein großer für Obama. Er hat sich festgelegt mit einer Aussage, die ihn für den Rest seiner Präsidentschaft bindet: Ein “totaler” Bürgerkrieg im Irak würde die Sicherheitsinteressen der USA berühren.
Wie alle außenpolitischen Aussagen Obamas lässt auch diese Interpretationen zu: Wann geht der Bürgerkrieg in totalen Bürgerkrieg über? Prinzipiell aber hat Obama den Irak jetzt zu seiner Sache gemacht. Er hat sich gewandelt vom Konkursverwalter der Außenpolitik George W. Bushs zum Konkursverwalter der Innenpolitik Nuri al-Malikis. Wie auch immer der Bürgerkrieg im Irak jetzt weitergeht, er ist nun auch Obamas Krieg.
Die USA fühlen eine Restverantwortung
Warum mischt sich der Präsident jetzt im Irak ein, wo er Syrien doch jahrelang ignoriert hat? Obama hat Gründe genannt, die nicht überzeugend sind. Er spricht von humanitären Erwägungen und der Gefahr, dass der Irak zu einer Brutstätte für Terroristen verkommt, die eines Tages Europäer und Amerikaner angreifen könnten. Die wahren Gründe dürften anderswo liegen.
Erstens: Die USA fühlen für den Irak eine Restverantwortung, weil sie ihn 2003 erobert, besetzt und seine Machtverhältnisse geändert haben. Wofür, fragen sich nicht nur Veteranen, haben wir Tausende Menschen und Milliarden Dollar geopfert, wenn jetzt Islamisten das ganze Land übernehmen? Zweitens: Anders als in Syrien besteht eine Restordnung, die man verteidigen kann, eine gewählte Regierung, die um Hilfe der USA bittet. Obama also steht unter echtem Zugzwang. Es hätte seine Präsidentschaft beschädigt, wenn er die dramatischen Geländegewinne der Rebellen schlicht ignoriert hätte, er hätte nicht mehr nur vorsichtig, sondern stur gewirkt.
Der Präsident handelt auf seine Art
Doch Obama beugt sich dem Handlungsdruck nun eben auf seine Art: militärisch minimalistisch. Er schickt Berater, lässt beobachten und hält sich die Option gezielter Luftschläge offen. Das ist angesichts aller schlechten Optionen die beste. Der Präsident ignoriert erst einmal das Geschrei von Washingtons Falken nach sofortigen Luftschlägen und setzt auf Diplomatie.
Mit seiner erklärten Interventionsbereitschaft sichert sich Obama zum ersten Mal seit dem Abzug der US-Truppen 2011 wieder Einfluss auf Bagdad. Er stellt den autoritären und spalterischen Regierungschef Maliki infrage, ermutigt zum Widerspruch und hofft, dass eine neue Regierung ohne Maliki das Land gegen die Rebellen eint, es politisch wie militärisch in den Griff bekommt. Sollte es geschehen, hätte Obama mit geringstem militärischen Engagement größtmögliche Stabilisierung erreicht.
Allerdings kann sich der Präsident nicht darauf verlassen, dass es so ausgeht. Viele desaströse Interventionen der USA haben damit begonnen, dass man ein paar Militärberater schickte – etwa nach Vietnam. Obama hat eine Sicherung eingebaut gegen eine solche Eskalation, indem er neue US-Kampftruppen im Irak kategorisch ausgeschlossen hat. Sollten seine Luftangriffe aber nichts ausrichten gegen Aufständische, die auf Häuserkampf setzen, dann blieben ihm keine Alternativen.
Warum sollte es ihm auch besser gehen als seinen Vorgängern? Obama hat einst versprochen, den Anstieg der Weltmeere zu stoppen. Der gleichen Hybris entsprang der Gedanke, dass man den Irak einfach abschalten könne.
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