Monument des Scheiterns
von Stephan-Andreas Casdorff
24.06.2014
Die Obama-Jahre werden vermutlich auch außenpolitisch in schlechter Erinnerung bleiben. Egal ob in der Ukraine-Krise, im Umgang mit Russland oder in Nahost: Überall bietet die US-Diplomatie einen inkohärenten Eindruck.
Wenn jetzt sogar Polen sich abwendet … dann stimmt wirklich etwas nicht mehr mit der US-Außenpolitik. Denn auf die unverbrüchliche Unterstützung von ein paar Verbündeten konnte sich die Regierung in Washington immer verlassen, egal was war. Aber Barack Obama und John Kerry schaffen es gerade, auch das noch infrage zu stellen. Jedenfalls stellt es sich so dar, genau so, wenn man sich in dieser Sache mal umtut. Nicht nur innenpolitisch, auch außenpolitisch werden die Obama-Jahre – Stand jetzt – in unguter Erinnerung bleiben. Vorsichtig gesagt.
Von der Ukraine-Krise und dem Umgang mit Russland abgesehen, von Asien und den wachsenden Schwierigkeiten mit China zu schweigen – Beispiel Israel: Die Israelis, die die USA zum Leben brauchen, wollen nur noch eines, von links bis rechts – Obama heil überstehen.
Der Kairoer Rede an die Araber folgte was? Kein Konzept, was daraus folgen soll, keine Agenda, was er selber tun wird. Wahrscheinlich war die Hoffnung, dass der Arabische Frühling doch irgendwann in einer westlichen, einer amerikanischen Form der Demokratie enden wird. Wenn es so war, war es naiv.
Auch die Haltung der USA gegenüber den Palästinensern – ja, hat der Präsident geglaubt, dass es die Verhandlungsbereitschaft fördert, wenn er dem israelischen Premier den Marsch bläst beim Siedlungsbau? Das hilft ihm weder bei den Israelis noch bei den Palästinensern. Warum? Die Israelis haben zehn Monate als Geste des guten Willens den Siedlungsbau ausgesetzt, ohne dass es ein einziges Entgegenkommen gab, im Gegenteil, immer wieder Raketenangriffe. Die USA unter Obama machen auf Jerusalem nicht den Eindruck, als würden sie sich für Israel in die Bresche werfen. Und die Palästinenser, untereinander spinnefeind, sind sich dann aber doch in einem einig geworden, nämlich, dass sie nicht weniger von Israel verlangen können als Obama.
Dann Syrien: 160 000 Menschen getötet, verstümmelt, abgeschlachtet, darunter Frauen und Kinder, 13 Giftgasangriffe sind nachgewiesen – aber die US-Regierung sagt, ein zweites Libyen werde es nicht geben. Was heißt: kein militärisches Eingreifen. Was bedeutet: Assad wusste damit, dass er die USA nicht fürchten muss. (Die Europäer übrigens auch nicht, und das 200 Kilometer von der äußersten Grenze der EU entfernt.)
Oder Iran: Ein neuer Ton von Präsident Ruhani, nur was sind die Fakten? Hat sich die Politik in der Substanz verändert? Nein. Aber das zählt wenig, als das Angebot der (schiitischen) iranischen Führung kommt, im Irak zusammenzuarbeiten (wegen der Schiiten). Anstatt klarzumachen, dass man sich auf gar keinen Fall an der Nase herumführen lässt und auf die Wirksamkeit der Sanktionen setzt – die wirken! –, wird der Druck gelockert. Was das wohl für ein Signal ans Mullah- Regime ist. Bestimmt keines der Stärke.
Auch der Irak wird zum Monument des Scheiterns. Anstatt mit den Sunniten zusammenzuarbeiten und die Armee als Rückgrat eines Staatsgebildes zu erhalten, das natürlich nicht westlich geprägt ist, sondern ethnisch, von Stämmen, religiös, wurden die Sunnitenführer verhaftet und die Armee zerschlagen. Mit dem Erfolg, dass die von den USA trainierte heutige Armee wegrennt, wenn Isis-Krieger kommen, und denen damit die amerikanischen Waffen auch gleich überlässt. Und dann reist Kerry nach Bagdad und denkt, irgendjemand lasse sich von diesem Besuch beeindrucken?
Das ist die US-Außenpolitik. Stimmig ist sie nicht.
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