US Plans Entry Controls Prior to Departure

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USA planen Einreise-Kontrollen schon vor Abflug

Stundenlanges Warten und einschüchternde Verhöre – die USA machen Besuchern die Einreise nicht gerade leicht. Um die Abfertigung an US-Flughäfen zu beschleunigen, erwägt man nun Kontrollen im Ausland.

Nur noch acht Tage – dann heißt es Abflug in die USA. Besser zu früh als zu spät, denkt sich unsere Kollegin und besorgt sich über Esta die obligatorische Einreiseerlaubnis. Doch dann der Schock: Das Esta-Verfahren akzeptiert den Reisepass ihres sechsjährigen Sohnes nicht, der doch “for all countries”, also in allen Ländern, gültig sein soll.

Was sie nicht wusste: Kinderreisepässe werden nur akzeptiert, wenn sie vor dem 26. Oktober 2006 ausgestellt und seitdem nicht verlängert oder verändert wurden. Ansonsten ist ein Visum erforderlich. Das aber dauert Wochen, dafür ist es nun zu spät.

Leicht machen die USA es einem nicht mit der Einreise. Zu fragwürdigen Formalitäten kommen Wartezeiten, die nicht nur an den Nerven zehren, sondern auch Anschlussflüge gefährden. Wer aus dem Ausland kommend an einem US-Flughafen landet, muss bei Pass- und Zollkontrollen mit Wartezeiten von bis zu vier Stunden rechnen.

Dass das viele abschreckt, haben inzwischen auch die USA bemerkt. Sie fürchten, dass Touristen ausbleiben – und das, wo es doch das erklärte Ziel ist, 2021 die 100-Millionen-Besucher-Marke zu knacken. So versprach US-Präsident Barack Obama im Frühjahr höchstpersönlich, eine schnellere Abfertigung an Flughäfen durchzusetzen. 15 Minuten Wartezeit sind das Ziel. Um das zu erreichen, sollte für 15 US-Flughäfen ein Aktionsplan erarbeitet werden.

Kontrolle schon vor dem Abflug

Wie aber beschleunigt man die Abfertigung an US-Airports? Zum Beispiel, indem man die Sicherheitskontrollen, die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 deutlich verschärft wurden, in die Länder verlegt, aus denen die Reisenden kommen.

Genau solche “vorgelagerten Einreisekontrollen” planen die US-Behörden laut netzpolitik.org in Deutschland und anderen EU-Mitgliedsstaaten einzuführen. Der Vorteil: Passagiere könnten dann nach der Landung wie inländische Reisende, also deutlich schneller, abgefertigt werden. Für Zoll und Grenzsicherung in den USA bedeutete dies eine deutliche Entlastung ihrer Beamten.

An den irischen Flughäfen Shannon und Dublin sowie in Kanada gibt es bereits sogenannte Preclearance-Stellen, an denen Passagiere die Einreiseformalitäten vor dem Abflug erledigen können. Als nächster Airport innerhalb der EU soll laut netzpolitik.org Amsterdam-Schiphol in das Programm aufgenommen werden. Sowohl die niederländische als auch die deutsche Regierung prüften derartige Anfragen aus den USA.

“Empfehlungen” sind für Airlines bindend

Kommen die Anträge durch, dürften die US-Behörden im Rahmen von Kontrollen Reisende befragen und sogar durchsuchen. Die Daten der Reisenden würden dann mit US-Datenbanken abgeglichen, um unerwünschte Personen herauszufiltern. Ein Flugverbot könnten US-Beamte zwar aussprechen, eventuelle Festnahmen müssten sie jedoch der Grenzpolizei vor Ort überlassen.

US-Personal an deutschen Flughäfen gibt es bereits, ihre Kompetenzen würden aber erweitert. So unterhält das US-Heimatschutzministerium (DHS) beispielsweise am Frankfurter Flughafen eine eigene Abteilung – laut netzpolitik.org hindert sie jährlich Hunderte Reisende am Boarding, indem sie “No-Fly-Empfehlungen” ausspricht.

Wie leicht aber auch vollkommen unbescholtene Bürger auf den sogenannten “No-Fly-Lists” landen, hatte erst kürzlich die Enthüllungsplattform “The Intercept” dargelegt. Dazu kommt, dass diese “Empfehlungen” für die Fluggesellschaften bindend sind. Werden unerwünschte Passagiere trotzdem befördert, droht den Airlines ein Lande- oder sogar ein Überflugverbot.

Vorläufig andere Lösungen

Ob die USA ihre Pläne durchsetzen können und ob sie sich auch an der Finanzierung ausgelagerter Kontrollen beteiligen würden, ist noch unklar. Bis es so weit ist, setzt man deshalb erst einmal auf andere Lösungen, darunter das Global-Entry-Programm. Es ermöglicht Reisenden, die sich einmalig überprüfen lassen und eine Gebühr von 100 US-Dollar (rund 75 Euro) zahlen, fünf Jahre lang ihre Einreiseprozedur am Automaten zu erledigen.

Und unsere Kollegin? Fällt ihre dreiwöchige USA-Reise nun ins Wasser? Zum Glück nicht. Sie besorgt ihrem Sohn nun einen Expressreisepass für Erwachsene. Denn damit braucht er dann kein Visum mehr. Und unterschreiben kann der Kleine zum Glück inzwischen auch schon.

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