It Is Absurd to Talk of a New Cold War

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Es ist Unsinn, vom neuen Kalten Krieg zu reden

Im aktuellen Konflikt mit Russland sehen Beobachter eine Rückkehr des Kalten Krieges. Doch die aktuelle Lage hat wenig zu tun mit der bipolaren Weltordnung, in der USA und Sowjetunion herrschten.

Man soll sich hüten, vom neuen Kalten Krieg zu sprechen. Der alte war schlimm genug. Der neue wird jedenfalls, da Geschichte sich nicht wiederholt, ganz anders sein. Zudem ist die Rede vom neuen Kalten Krieg auch deshalb zu meiden, weil sie falsche Sicherheit vermittelt und übermäßiges Vertrauen auf Krisenmanagement und Vernunft.

Der Kalte Krieg begann noch in der Endphase des Zweiten Weltkriegs, als die Sieger um das Erbe des Deutschen Reiches stritten. Schon die Besatzungsplanung verriet, dass sie einander nicht trauten. Deutschland wurde zugleich Brennpunkt des Konflikts und Hauptgewinn, den Stalin dem Westen und der Westen Stalin verweigerte.

Der Kalte Krieg war global, nuklear und bipolar. Ohne das US-Nuklearmonopol der ersten Jahre hätte es nicht die erweiterte Abschreckung gegeben, keine Bundesrepublik Deutschland, keine Nato und keine Europäische Wirtschaftsgemeinschaft. Stattdessen das Sowjetimperium bis zum Atlantik.

Die neuen Regeln des strategischen Umgangs

Aber in der Doppelkrise um Berlin 1958/61 und Kuba 1962 wollte Sowjetführer Chruschtschow die neugewonnene Nuklearmacht nutzen, um die Machtgeographie Europas und der Welt zu ändern. Die nukleare Konfrontation endete in der wechselseitigen Abschreckung der Supermächte, aber auch neuen Regeln des strategischen Umgangs. Furcht und Vernunft erzwangen die “rough balance” und nuklearen Frieden, dazu ein Kartell der Kriegsvermeidung.

Strategische, das heißt nukleare Rüstungskontrolle wurde Fortsetzung der Strategie mit anderen Mitteln, begleitet von dem Versuch, den Kreis der Nuklearbesitzer zu beschränken. Denn Nuklearwaffen sind furchtbare Gleichmacher. Gemeinsame Interessen machten die Supermächte füreinander berechenbar.

Insgesamt entstand ein kunstvolles Gebäude der Rüstungskontrolle, das sogar ab 1973 drei Jahrzehnte lang den Abwehrverzicht gegen Interkontinentalraketen einschloss. Kalter Krieg hieß am Ende gemeinsame Verwaltung und Verteidigung des Status quo. So, und nur so war es möglich, dass, als die Sowjetmacht zusammenbrach, zuerst in Berlin und dann überall, die welthistorische Krise ohne Krieg endete.

Die Stabilität des Kalten Krieges hatte einen hohen Preis. Aber sie umfasste auch Regeln und Einsichten, eingeschlossen Macht- und Souveränitätsverzichte, von denen etwas zu lernen ist für Management und Überwindung der gegenwärtigen Krise.

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