Still No Black President

Published in die Zeit
(Germany) on 20 August 2014
by Sebastian Moll (link to originallink to original)
Translated from by Rachel Hutcheson. Edited by Katie Marinello.
Obama’s utopia of having overcome racism doesn’t hold out against reality. Because he has blanked out the problem, he is finding it hard to engage with the crisis in Ferguson.

It took 10 days after the death of the black teenager Michael Brown, who was killed by six police bullets. Only then did U.S. President Barack Obama speak out. And when he did pipe up, his words disappointed almost everyone in the United States.

The country is divided over that which is taking place on the streets of the small town of Ferguson, Missouri. African-Americans and fellow campaigners for the civil rights of the black minority are simmering with rage over the continued police brutality against themselves; for them Michael Brown was the straw that broke the camel’s back. The conservative faction, however, is only showing a small amount of understanding for that which they see as an overreaction to an unexplained incident.

“Activists and journalists are stuck in the racial resentments of the 1960s,” wrote Fred Siegel, from the conservative think tank Manhattan Institute.

Meanwhile Obama, as so often happens when race relations in America are addressed, is trying to do justice to all sides. “In too many communities around the country, a gulf of mistrust exists between local residents and law enforcement,” he said. “In too many communities, too many young men of color are left behind and seen only as objects of fear.”

He ended his short statement by saying that people should stop yelling at each other and start a dialogue.

As If He Were White

That was too indecisive for even the most sympathetic commentators. The African-American news portal The Root actually wrote that Obama’s speech was perhaps “exactly right” for the current heated atmosphere. In the long term, the president is certainly not bound to take a firm stand on the larger problem of the systematic violence perpetrated by the state against African-Americans.

Not all reactions were so understanding. For example, black CNN commentator Marc Lamont Hill criticized Obama for once again ducking out of addressing the true problem.

“Obama needs to address the topic of racial inequality directly,” he said. “The nation requires it of him.”*

Hill’s criticism was the tip of the iceberg of an atmosphere that has accompanied Obama since he took up office in 2008. Even during his election campaign in 2007, civil rights activists wanted him to campaign more forcefully for African-American issues. Former presidential candidate Jesse Jackson ranted about the fact that Obama was conducting himself “as if he were white.”*

The Utopia of a Post-Racial America

Instead of explicitly addressing the continued economic and institutional discrimination against African-Americans, something long-serving campaigners for equal rights would have liked him to do, Obama chose a rhetoric of mutual understanding and of overcoming old differences. In his memoir “Dreams from My Father,” Obama places emphasis on his mixed-race ancestry and describes himself as “part of America’s long history,”* which will live on in his daughters. It was the beginning of his self-appointed role as president of a “post-racial” America.

He consolidated this position with his only extensive speech on the topic of race to date, in Philadelphia in 2008. In the dialogue between the races, Obama said at the time, one side needed to rid itself of its anger and the other side of its feelings of guilt. The goal was a “perfect union,” a country that would eventually manage to do justice to its noble ideals.

The wonderful utopia of a post-racial America, in which the entire country was basking around the time of Obama’s inauguration, is rapidly being overtaken by reality. Demands were made of the president for the first time when, in 2009, prominent black Harvard professor Henry Louis Gates was arrested in his own house because he was mistaken for an intruder. Obama took the same stance that he has, to this day, found most comfortable: He invited the police officer and the professor out for a beer together and tried to cool their tempers.

*Editor’s Note: This quote, translated accurately, cannot be verified.


Noch immer kein schwarzer Präsident

Obamas Utopie vom überwundenen Rassismus hält der Realität nicht stand. Weil er die Probleme ausgeblendet hat, fällt ihm nun der Umgang mit der Krise von Ferguson schwer.

Zehn Tage hatte es nach dem Tod des schwarzen Teenagers Michael Brown gedauert, der durch sechs Polizeikugeln starb. Erst dann äußerte sich US-Präsident Barack Obama. Und als er sich dann zu Wort meldete, enttäuschten seine Worte beinahe jeden in den Vereinigten Staaten.

Das Land ist zerrissen über das, was sich auf den Straßen der Kleinstadt Ferguson in Missouri zuträgt. Afroamerikaner und Mitkämpfer für die Bürgerrechte der schwarzen Minderheit kochen vor Zorn über die fortgesetzte Polizeigewalt gegen sie, Michael Brown war für sie als jüngster Fall der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Die konservative Fraktion zeigt hingegen nur wenig Verständnis für das, was sie als eine Überreaktion auf einen ungeklärten Vorgang empfindet. "Die Demonstranten sind in rassischen Ressentiments der sechziger Jahre gefangen", schrieb Fred Siegel vom konservativen Think Tank Manhattan Institute.

Obama bemühte sich derweil, wie schon so oft, wenn es um Rassenbeziehungen in Amerika geht, allen Seiten gerecht zu werden. "Es gibt in zu vielen Gemeinden des Landes ein zu großes Misstrauen zwischen der Ordnungsmacht und der Bevölkerung", sagte er. Und: "In zu vielen Gemeinden des Landes werden farbige Männer, die von der Gesellschaft zurückgelassen wurden, lediglich als Objekte der Angst angesehen." Man solle aufhören, endete der Präsident sein knappes Statement, sich gegenseitig anzubrüllen und beginnen, einen Dialog zu führen.

Als sei er weiß

Das war selbst den wohlwollendsten Kommentatoren zu unentschieden. Das afroamerikanische Nachrichtenportal The Root schrieb zwar, dass Obamas Rede in der gegenwärtigen aufgeheizten Stimmung vielleicht "genau richtig" gewesen sei. Langfristig werde der Präsident allerdings nicht umhin können, zum größeren Problem der systematischen Gewalt durch den Staat gegen Afroamerikaner klar Stellung zu beziehen.

So verständnisvoll waren nicht alle Reaktionen. Der schwarze CNN-Kommentator Marc Lamont Hill kritisierte etwa, Obama habe sich einmal mehr davor gedrückt, die wahren Probleme zu nennen. "Obama muss das Thema der Rassen-Ungerechtigkeit direkt ansprechen. Das verlangt die Nation von ihm."

Die Klage von Hill war die Zuspitzung einer Stimmung, die Obama begleitet, seit er 2008 sein Amt angetreten hat. Schon während seiner Wahlkampagne im Jahr 2007 hatten sich Bürgerrechtler von ihm gewünscht, dass er sich für die Belange der Afroamerikaner stärker einsetzt. So wetterte während des damaligen Wahlkampfes der ehemalige Präsidentschaftskandidat Jesse Jackson, Obama führe sich auf "als sei er weiß".

Die Utopie eines post-rassischen Amerika

Anstatt, wie altgediente Kämpfer für die Gleichberechtigung es sich gewünscht hätten, die fortgesetzte wirtschaftliche und institutionelle Diskriminierung von Afroamerikanern deutlich anzusprechen, wählte Obama von Anfang an eine Rhetorik des gegenseitigen Verständnisses und der Überwindung alter Gegensätze. In seinem Memoirenbuch Dream from our Fathers betonte Obama seine gemischtrassige Herkunft und bezeichnete sich als "Teil der großen Geschichte von Amerika", die in seinen Töchtern weiterleben werde. Es war der Beginn seiner Selbstpositionierung als Präsident eines "post-rassischen" Amerika.

Diese Position verfestigte er mit seiner bis heute einzigen ausführlichen Rede zum Thema Rasse in Philadelphia 2008. Im Dialog zwischen den Hautfarben, sagte Obama damals, müsse die eine Seite den Zorn und die andere Seite die Schuldgefühle abstreifen. Das Ziel sei eine "perfektere Union", ein Land, das es endlich schaffe, seinen hehren Idealen gerecht zu werden.

Die schöne Utopie eines post-rassischen Amerika, in der das ganze Land rund um Obamas Inauguration schwelgte, wurde jedoch rasch von der Realität eingeholt. Erstmals war der Präsident gefordert, als 2009 der prominente schwarze Harvard-Professor Henry Louis Gates in seinem eigenen Haus verhaftet wurde, weil man ihn für einen Einbrecher hielt. Obama nahm die Haltung ein, die ihm bis heute am angenehmsten ist: Er lud den Polizisten und den Professor zu einem gemeinsamen Bier ein und versuchte die Gemüter zu kühlen.

Hoffnungen der schwarzen Wähler enttäuscht

In den kommenden Jahren bemühte sich Obama, so gut er konnte, das Thema der fortgesetzten Rassenprobleme in den USA zu umschiffen. Erst als der Jugendliche Trayvon Martin 2012 in Florida vom Wachmann einer Bürgerwehr erschossen wurde, ließ er sich aus der Reserve locken. Obama bekannte erstmals Farbe und ging so weit, zu sagen, dass Trayvon Martin sein Sohn hätte sein können. Der Präsident bekannte, er kenne die Alltagserfahrung von Afroamerikanern und verstehe, dass Schwarze bis heute in den kleinsten Dingen offensichtlichen Vorurteilen und Ängsten begegneten. "Es ist eine Geschichte, die sich einfach weigert, zu verschwinden."

Kurz darauf legte Obama ein Ausbildungs- und Arbeitsbeschaffungsprogramm für schwarze Jugendliche auf, für das er 200 Millionen Dollar aus privaten Stiftungen zur Verfügung stellte. Doch der erste "schwarze Präsident", wie viele seiner schwarzen Wähler sich das gewünscht hätten, ist er trotzdem noch immer nicht. Obama versucht stattdessen weiterhin, der erste post-rassische Präsident zu sein. Eine Haltung, die angesichts der Krise von Ferguson immer problematischer wird.

Justizminister Holder, der Realist

Immerhin hat Obama mit Justizminister Eric Holder nun ein Regierungsmitglied nach Ferguson entsandt, das von Anfang an in Sachen der Rassenbeziehungen eine klare Position bezogen hat. Schon im ersten Jahr von Obamas Amtszeit äußerte sich Holder skeptisch über dessen post-rassische Utopie und wies auf die andauernde reale Rassentrennung im Land hin. Er griff hart gegen Wahlbezirke im Süden durch, die mit Neuregelungen des Wahlrechts versucht hatten, schwarzen Bürgern den Wahlgang zu erschweren. Und er beendete die Verhängung obligatorischer hoher Mindeststrafen für kleinere Drogendelikte, solange sie nicht mit Gewalt einhergehen, ließ zudem das Strafmaß für Crackbesitz dem für Kokainbesitz annähern. Zuvor war für 5 Gramm Crack eine ebenso hohe Strafe wie für 500 Gramm Kokain vorgesehen, obwohl es im Grunde dieselbe Droge ist – weil Crack eher in ärmeren Teilen der Bevölkerung und gerade auch unter Schwarzen beliebt ist, wurden sie für im Grunde ähnliche Vergehen oft härter bzw. früher bestraft.

Nun soll Holder in Ferguson nachschauen, ob die Untersuchung des Todes von Michael Brown ordnungsgemäß durchgeführt wird und ob die lokale Ordnungsmacht bei den Protesten die Rechte der Demonstranten und Journalisten achtet. Der Präsident hingegen ist der Frage ausgewichen, ob er gedenke, nach Ferguson zu fahren. "Ich darf nicht meinen Finger auf die Waage legen." Viele Amerikaner wünschen sich von ihrem Präsidenten in dieser Situation jedoch genau das.
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