Ebola-Virus
Kein rein afrikanisches Problem
vom 01.10.2014, 16:42 Uhr, Update 22:03 Uhr.
Von Michael Schmölzer
• Ein Ebola-Infizierter stieg in den USA aus dem Flieger. Das tödliche Virus kann in alle Teile der Welt eingeschleppt werden.
Freetown/Washington. Spätestens jetzt ist Ebola kein Problem mehr, das nur den afrikanischen Kontinent betrifft: In den USA ist weltweit erstmals ein Fall der tödlichen Krankheit außerhalb Afrikas diagnostiziert worden: Der Erkrankte ist vor zehn Tagen aus dem westafrikanischen Liberia in die USA eingereist, am Mittwoch wurde die Krankheit bei ihm zweifelsfrei nachgewiesen, wie der Leiter der US-Gesundheitsbehörde, Thomas Frieden, bekanntgab. Der Infizierte hat demnach erst nach seiner Einreise in die USA Symptome entwickelt und hat ein Krankenhaus im texanischen Dallas aufgesucht. Dort wurde er sofort auf eine Isolierstation gebracht.
Wie die liberianische Regierung am Mittwoch mitteilte, hatte der Mann bei seinem Abflug aus Liberia am 19. September kein Fieber und zeigte keine Symptome. Damit dürfte er damals nicht ansteckend gewesen sein. Die Behörden in Texas gingen jedoch einem weiteren Verdachtsfall nach. “Es könnte einen weiteren Fall im direkten Umfeld des Patienten geben”, sagte der Leiter der Gesundheitsbehörde von Dallas County, Zachary Thompson, dem lokalen TV-Sender WFAA. Die Lage sei ernst, die Gefahr einer Ansteckung begrenze sich aber auf “Angehörige und enge Freunde”.
Die nationale Gesundheitsbehörde Centers for Disease Control and Prevention (CDC) konnte den Verdachtsfall zunächst nicht bestätigen. Es werde weiter daran gearbeitet, die Menschen ausfindig zu machen, die mit dem Ebola-Infizierten vor dessen Einweisung ins Krankenhaus Kontakt hatten, sagte CDC-Sprecher Tom Skinner. Drei Sanitäter, die den Erkrankten in das Spital begleitet hatten, wurden nach Angaben der Stadt Dallas negativ auf das Virus getestet
Ebola ist enorm ansteckend, einen Impfstoff oder eine erprobte Behandlungsmethode gibt es bisher nicht. In Westafrika sind bereits mehr als 3000 Menschen an der Seuche gestorben. Die Zahl der Infizierten beträgt aktuell mehr als 6500, Schätzungen der WHO gehen davon aus, dass es in wenigen Monaten bereits zehntausende Infizierte geben könnte. Die Dunkelziffer der Erkrankten ist schon jetzt hoch, die Wahrscheinlichkeit, die Krankheit zu überleben, nicht. In Guinea sind die Ansteckungsraten aber konstant, Nigeria gilt als Ebola-frei – ein Hinweis darauf, dass es auch in Afrika sehr wohl möglich ist, die Krankheit zu kontrollieren.
Der Chef der US-Gesundheitsbehörde meinte, es sei nicht ausgeschlossen, dass der Ebola-Patient andere Menschen in den USA mit der tödlichen Krankheit angesteckt habe. Man werde nun alle Personen, mit denen der Erkrankte seit seiner Ankunft in den USA Kontakt gehabt habe, ausfindig machen und unter Kontrolle stellen. Dabei dürfte es sich vor allem um Familienmitglieder handeln. Verschiedene US-Medien berichten, dass auch drei Rettungssanitäter und mehrere Mitarbeiter der Notaufnahme des Krankenhauses unter Beobachtung stünden, weil sie Kontakt mit dem Patienten hatten.
Von Afrika in alle Welt
Damit ist erwiesen, dass mit dem Ebola-Virus infizierte Menschen zumindest in der Anfangsphase ihrer Krankheit jederzeit in Westafrika an Bord eines Flugzeuges gehen und in andere Kontinente reisen können. Der Grund dafür liegt darin, dass sie in den ersten Tagen nach der Ansteckung keine Symptome aufweisen. Selbst bei digitalen Kontroll-Fiebermessungen an Flughäfen kann die Krankheit erst erkannt werden, wenn sie bereits ausgebrochen ist.
Im heurigen April hatten deutsche Virologen noch nahezu ausgeschlossen, dass die Krankheit auf andere Kontinente übergreifen könnte. Die Infizierten würden sehr schnell sehr krank und seien nicht reisefähig, hieß es damals. Zum Fall das in die USA gereisten Ebola-Opfers meint der deutsche Ärzte-Bundesverband nun, dass die Gefahr einer Übertragung auf andere Flugzeugpassagiere “sehr gering sei”. Jedenfalls solange der Infizierte sich noch in der Inkubationszeit von bis zu 21 Tagen befände. Der Ebola-Patient in Texas sei zum Zeitpunkt des Fluges noch nicht erkrankt gewesen, deshalb wäre das Risiko “null”, so der Leiter der Virusdiagnostik des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin in Hamburg, Jonas Schmidt-Chanasit. Mitreisende könnten sich nur bei erkrankten Personen infizieren, die Fieber hätten oder andere Beschwerden zeigten.
Brussels Airlines hat jedenfalls bereits erste Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Die belgische Fluggesellschaft setzt ihre Flüge in die von Ebola betroffenen Länder Liberia, Guinea und Sierra Leone fort, allerdings muss das Bordpersonal ab jetzt Plastikhandschuhe bei der Essensausgabe tragen. An Bord der Maschinen befinden sich regelmäßig Medikamente und technische Ausrüstungsgegenstände, die im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation WHO in die von der Seuche betroffenen Länder gebracht werden.
Am Mittwoch Abend wurde bekannt, dass der infizierte Mann von Liberia nach Texas über Brüssel geflogen ist. Der Mann hatte bei seinem Abflug noch keine Symptome der Krankheit gezeigt, hieß es, jetzt befinde er sich in einem kritischen Zustand.
US-Präsident Obama schaltet sich ein
US-Präsident Barack Obama ließ sich über den texanischen Ebola-Fall umfassend informieren. Der US-Präsident hatte erst vor wenigen Tagen vor einer unkontrollierten Ausbreitung des Virus gewarnt und weltweit Gegenmaßnahmen gefordert. Obama besprach mit der US-Gesundheitsbehörde die getroffenen Isolationsvorkehrungen. Behördenchef Frieden versicherte dem Präsidenten, dass man auf Ebola-Fälle in den USA vorbereitet sei und der Gefahr “sicher und effizient” begegnen könne.
Auch andere Länder sind alarmiert: In Saudi-Arabien etwa geht die Angst um, dass Ebola-Infizierte als Wallfahrer im Zuge der Hadsch ins Land kommen und die Seuche verbreiten könnten. Tausenden Westafrikanern aus Sierra Leone, Guinea und Liberia, die an der Hadsch nach Mekka teilnehmen wollen, wird nun die Einreise verweigert.
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