Obama’s Failure as a Test of Republican Strength

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Obamas Scheitern als Bewährungsprobe der Republikaner

Sollten die Republikaner beide Häuser des Kongresses beherrschen, wird es weniger für Obama schwierig als für sie selbst. Mit der Verantwortung wachsen die Erwartungen.

VON MARTIN KLINGST

An diesem Dienstag wählen die Amerikaner einen neuen Kongress. Treffen die Meinungsumfragen zu, werden Präsident Barack Obamas Demokraten eine herbe Niederlage erleiden. Nach dem Repräsentantenhaus könnten sie auch die Mehrheit in der zweiten Parlamentskammer, dem Senat, verlieren.

Fast alle beschäftigen sich darum mit der Frage, was es heißt, sollte Obama seine letzten zwei Amtsjahre gegen ein feindliches Parlament regieren. Wird er nun völlig gelähmt sein? Werden die Republikaner ihm auf der Nase herumtanzen?

Doch die Frage muss genau umgekehrt lauten: Was hieße der Sieg für die politische Opposition, wenn sie plötzlich den gesamten Kongress beherrschen und nach Gutdünken Gesetze beschließen kann?

In Wahrheit stehen nicht Obama und die Demokraten, sondern die Konservativen vor einer gewaltigen Herausforderung und Bewährungsprobe.

Denn nach der Wahl ist vor der Wahl: Ab dieser Woche wird um das Weiße Haus gekämpft, um den Gipfel der politischen Macht. Ob die Republikaner 2016 auch nur den Hauch einer Chance haben, Obama zu beerben, wird entscheidend von ihrem politischen Geschick in den kommenden 24 Monaten abhängen.

Doch die Chancen für eine Rückeroberung des Oval Office stehen bislang nicht gut. Die Republikanische Partei agiert bislang politisch eher ungeschickt und ist überdies inhaltlich verkrustet und heftig zerstritten.

Das Weiße Haus in der einen politischen Hand, das Parlament in der anderen – das ist keine Seltenheit. Im Gegenteil, viele amerikanische Präsidenten, egal ob Republikaner oder Demokraten, mussten zumindest zeitweilig mit einer gegnerischen Mehrheit im Kongress leben. Ging es gut, siegte die Vernunft und beide Seiten zeigten die Bereitschaft zum Kompromiss. Etliche weitreichende Reformen kamen auf diese Weise zustande.

Ging es schlecht, blieben die politischen Gräben unüberwindbar, regierte der Präsident halt per Dekret und legte gegen unliebsame Gesetze der oppositionellen Parlamentsmehrheit sein Veto ein. Zur “lame duck”, zur “lahmen Ente”, das heißt: Zum bloßen Amtsverwalter muss ein Präsident also nicht werden. Er kann durchaus weiter gestalten und machtvoll in die politischen Prozesse eingreifen.

Für seine Gegner ist es weit schwieriger, in einer derart verzwickten Lage zu reüssieren. Denn mit der Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses wächst ihnen große Verantwortung zu – und ebenso wachsen die Erwartungen.

Sprechen wir also von den Republikanern. Ihre meist konservativen Stammwähler wünschen sich mit einem Sieg endlich ein lupenreines konservatives Programm: Steuern runter, Staatsausgaben runter, vor allem die Sozialausgaben runter. Das aber ist mit Obama nicht zu machen, er wird solchen Gesetzen die Unterschrift verweigern.

Anders als die Stammwähler wünschen sich die meisten Amerikaner hingegen eine Republikanische Partei, die im Angesicht ihres Wahlerfolges auf den Präsidenten zugeht und Kompromisse auslotet, die weniger ideologisch und mehr lösungsorientiert denkt. Die Führung der Grand Old Party wird also zwischen den unterschiedlichen Interessen jonglieren müssen, was ihr, wie bereits die Vergangenheit zeigt, sehr schwer fällt. Denn in beiden Kammern des Kongresses sitzen nach wie vor viele Vertreter der reinen rechten Lehre, zu viele blinde Fanatiker, denen jedes Zugeständnis gegenüber den Demokraten und dem verhassten Präsidenten absolut zuwider ist.

Es ist darum gut möglich, dass sich die Republikaner in den nächsten zwei Jahren kaum etwas zustande bringen werden, sondern sich vor den Augen der Öffentlichkeit weiter in Grabenkämpfe zerstricken und zerfleischen.

Das ist gerade mit Blick auf die Präsidentschaftswahl 2016 ein riesiges Problem für sie. Denn sie werden nur dann eine Chance auf das Weiße Haus haben, wenn sie wieder mehr Wähler ansprechen, moderater werden – und wieder in die politische Mitte Amerikas vordringen.

Nun könnte man fragen: Warum sollten eben diese Republikaner jetzt die Kongresswahlen gewinnen, jedoch die Präsidentschaftswahl verlieren? Das liegt an der Besonderheit des Systems: Traditionsgemäß wählen bei den Kongresswahlen weit weniger Menschen, vielleicht gerade einmal rund 40 Prozent der Wahlberechtigten. Ihre Stimme geben vor allem die Enttäuschten und Wütenden ab, die älteren Wähler – vor allem die weißen Männer. Die Republikaner sind hier in diesem Jahr im Vorteil.

Wird jedoch über die Besetzung des Weißen Hauses entschieden, gehen 15 bis 20 Prozent mehr Wahlberechtigte zur Abstimmung, vor allem erheblich mehr Schwarze, Junge, Hispanics und Frauen. Sie neigen weit stärker der Demokratischen Partei zu und fühlen ihre Interessen von diesen besser vertreten.

Um auch nur einen Teil dieser entscheidenden Wählergruppen zurückzugewinnen, müssen sich die Republikaner gewaltig ändern. Sie müssten sich für ein Einwanderungsgesetz öffnen, dürften staatlichen Sozialleistungen nicht mit dem Rasenmäher zu Leibe rücken und sollten Abstand nehmen von ihrem strikten Nein zum Recht auf Abtreibung und zum Recht auf schwule und lesbische Ehen. Kurzum: Sie müssten sich bis 2016 gleich mehrmals häuten.

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