America’s Unresolved Racial Conflict Explodes

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Amerikas ungelöster Rassenkonflikt explodiert

Die Gewaltorgie von Ferguson erinnert Amerika an den nie befriedeten Rassenkonflikt zwischen Weißen und Schwarzen. Nach einer Rechtfertigung für die Exzesse fragt schon lange kaum jemand mehr.

Die Zwangsläufigkeit in Ferguson ist schmerzhaft: Auf den Anklageverzicht durch eine Jury, die zu drei Vierteln aus Weißen besteht, folgt der Racheaufstand mit Brandstiftungen und Schüssen in der Stadt, in der siebzig Prozent Schwarze leben.

Barack Obamas beschwörender Appell, die “Herrschaft des Rechts” zu respektieren, dringt Minuten nach dem Jury-Entscheid aus Washington und prallt ab an der Wut des Mobs. Hätte es eines Beweises bedurft, dass die zweifache Wahl eines Schwarzen ins höchste Staatsamt nicht versöhnt oder gar geheilt hat, er wäre im Feuerschein von Ferguson erbracht. Das Unheil wird seinen Lauf nehmen. Wie immer.

Paramilitärisch überrüstete Polizeistreitmacht

Es bedurfte des Beweises nicht. Wie 1991, als vier Polizisten Rodney King in Los Angeles um die Wette zusammenschlugen und zunächst straffrei davonkamen, werden die sieben Todesschüsse auf den unbewaffneten Schwarzen in Ferguson als vorhersehbar und unabwendbar in die Geschichte der Rassenspannungen Amerikas eingehen. Unabwendbar sind sie in einem zynischen Sinn, wo eine paramilitärisch überrüstete Polizeistreitmacht gegen Demonstranten steht wie gegen Guerillakämpfer.

Es ist die Erwartung von bewaffneter Gegenwehr, die Polizisten im ganzen Land in einen Zustand permanenter gefühlter Notwehr versetzt. Und es ist die Gewissheit dieser Bewaffnung auf der Gegenseite, die Gewaltbereitschaft stets aufs Neue sät. Diese Spirale hat nichts und niemand auflösen können.

“Warum können wir nicht einfach alle miteinander auskommen?”

Kein Martin Luther King, der seine gewaltfreie Freiheitssehnsucht mit dem Leben bezahlte, kein Rodney King, der auf seine treuherzige Frage “Warum können wir nicht einfach alle miteinander auskommen?” nur sarkastische Antworten bekam. Die Bilder von Ferguson wirken im Land so vernichtend wie in der Welt.

Doch während im Ausland Kopfschütteln ohne Überraschung vorherrscht, ob in Trauer oder Schadenfreude, scheinen viele Amerikaner immer wieder aufs Neue schockiert. Wie kann so etwas, fragen sie, im Land der Musterdemokratie, um die die ganze Welt sie beneidet, immer wieder geschehen?

Wie kann das fairste Justizsystem der Erde im eigenen Land so missachtet werden? Manchmal scheint es, als verhindere eine blind behauptete Illusion der Perfektion, die zum Gründungsmythos zählt, jede Selbsterkenntnis.

Diese müsste ansetzen bei der grotesken Überbewaffnung der Polizei wie bei einem schwarzen Prekariat, das nichts zu verlieren hat als einen destruktiven Rest “Black Power”. Sie hat die Wirtschaftserholung nicht erreicht, sie verrichten lausig bezahlte Jobs und sind längst aus dem Arbeitsmarkt gefallen. Sie füllen die Gefängnisse in einer jede Proportion sprengenden Gewissheit. Für Gewalt gebe es niemals eine Rechtfertigung, mahnt Präsident Obama. Das Fatale ist, dass es für sie in Amerikas schwelendem Rassenkonflikt keine braucht, um auszubrechen.

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