Unrest in Ferguson: In Flames

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Unruhen in Ferguson

In Flammen

Eine Gerichtsjury hat entschieden, nach den tödlichen Polizeischüssen auf den schwarzen Teenager Michael Brown keine Anklage zu erheben. Jetzt herrschen Wut und Gewalt in den Straßen von Ferguson. Das Misstrauen gegen ein angeblich rassistisches Justizsystem sitzt tief. Ein Kommentar.

25.11.2014, von Klaus-Dieter Frankenberger

Welche Brisanz die Entscheidung einer Grand Jury hat(te), einen weißen Polizisten nicht anzuklagen, der im August einen unbewaffneten schwarzen Mann erschossen hatte, war noch am Abend und in der Nacht auf den Straßen Fergusons zu sehen: brennende Häuser, Plünderungen, Schüsse, Tränengas.

Es war eine Eruption von Gewalt, gegenüber der all jene, die friedlich gegen die Entscheidung der Geschworenen protestierten, in der Minderheit waren. Die Brisanz fand allerdings auch einen Widerhall in Washington.

Dort appellierte der amerikanische Präsident in einer eiligst angesetzten

Fernsehansprache an Demonstranten und Polizisten, Ruhe zu bewahren, Zurückhaltung zu üben – und die Entscheidung anzuerkennen. Diese Mahnung hat einen traurigen Grund.

Denn viele schwarze Amerikaner glauben, dass das Rechtssystem sie systematisch benachteilige; dass weiße Polizisten insbesondere gegenüber jungen Männern schwarzer Hautfarbe mit übertriebener, exzessiver Gewalt aufträten; dass es für sie oft kein Recht gebe. Weswegen so viele Schwarze im Gefängnis säßen.

Dieses Gefühl der Benachteiligung mag übertrieben sein; oft wird auch ein Opferstatus konstruiert, um eigene Verbrechen zu kaschieren oder zu bemänteln. Doch dass es Rassismus gibt – allerdings oft nicht nur in eine Richtung –, dass es oft noch eine selektive Verfolgung gibt, das ist auch nicht zu bestreiten. Dem Präsidenten war das anzusehen, gerade indem er seine Landsleute daran erinnerte, dass die Nation auf Rechtsstaatlichkeit gründe.

Viele Amerikaner halten Rechtsfindungssystem für rassistisch

Es ist mehr als bedenklich, wenn so viele Amerikaner das eigene Rechtsfindungssystem ablehnen, weil sie es quasi für rassistisch durchsetzt halten. Die vielen „Mörder“­Rufe haben dem Ausdruck verliehen. Viele dürften das allerdings auch als Vorwand nehmen, um Krawall zu machen, zu plündern und Häuser in Brand zu setzen.

Die Wütenden von Ferguson mögen sich in ihrem Argwohn bestätigt sehen, dass sie kein Recht von diesem Rechtssystem zu erwarten hätten. Wenigstens sie, nicht die Krawallmacher, könnten auch einen Moment innehalten.

Es könnte ja sein, dass es genau so ist, wie die Staatsanwaltschaft behauptet: dass die Grand Jury alle Beweise umfassend und überparteilich untersucht hat, dass sie alle Zeugen angehört hat, dass sie nach sorgfältiger Prüfung zu dem Schluss gelangte, dass der Polizist nicht angeklagt werden solle. Weil sie seiner Version von Notwehr Glauben schenkten.

Dass so viele davon überzeugt sind zwischen New York und Los Angeles, dass nicht Recht gesprochen wurde, sondern ein Unrechtsbeschluss gefasst worden sei, ist nach dem Tod eines jungen Mannes die zweite Tragödie von Ferguson. Es bedarf Gesten der Versöhnung und des Respekts, um das Misstrauen zwischen Polizei und schwarzer Bevölkerung abzubauen. Es braucht aber noch mehr als das.

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