Lousy Movie, but Smart Business

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Miserabler Film und gutes Geschäft

Von CHRISTIAN BOMMARIUS

28. DEZEMBER 2014

Nach langem Hin und Her ist die Filmsatire auf den nordkoreanisch Diktator „The Interview“ doch noch in immerhin 300 US-Kinos angelaufen und wird auch online gezeigt. Ob das ein heroischer Akt des Widerstands gegen ein totalitäres Regime war, wird in deutschsprachigen Medien eher bezweifelt.

Der Angriff Nordkoreas auf die freie Welt ist über die Weihnachtstage an der entschlossenen Gegenwehr derselben gescheitert. Nachdem offenbar nordkoreanische Hacker mit Anschlägen für den Fall gedroht hatten, dass die Filmkomödie „The Interview“ in die Kinos komme, hatte die Produktionsfirma Sony den Filmstart zunächst abgesagt, aber nach großem medialem und politischen Druck – US-Präsident Barack Obama hatte die Entscheidung Sonys als „Fehler“ bezeichnet – den Film doch in 300 US-Kinos und online gezeigt. Ob der Widerstand gegen die Bedrohung der Kunstfreiheit durch Nordkorea tatsächlich so heroisch war, wie behauptet, bezweifeln viele Kommentatoren.

Die „Neue Zürcher Zeitung am Sonntag“ hält die Begeisterung über die Aufführung schon wegen der miserablen Qualität der Komödie für übertrieben: „Das amerikanische Filmpublikum hat die cineastisch dürftige und mit vulgären Witzchen gespickte Komödie ‚The Interview‘ in ein strahlendes Symbol für die Freiheitsrechte verwandelt (…) US-Präsident Obama geißelte das Kuschen von Sony scharf und beschwor völlig zu Recht den Vorrang der Meinungsäußerungsfreiheit. Entgegen einem weitverbreiteten Missverständnis hat dieses Freiheitsrecht rein gar nichts mit der Qualität der geäußerten Meinung oder Haltung zu tun, sein Schutz gilt im Gegenteil gerade für die grenzwertigen und geschmacklosen Beiträge. Das haben viele Amerikaner instinktiv begriffen und mit ihrem Kinobesuch ein Zeichen dafür gesetzt.“

Für Alan Posener in „Welt online“ ist die Vorführung des Films kein heroischer Akt, eher ein gutes Geschäft für die Beteiligten: „Auch der Schaden hält sich in Grenzen. Dank Nordkorea haben Google, Microsoft und Sony zusammengefunden, um den Film online zu vermarkten. Ein gutes Geschäft für Sony, das dabei 75 Prozent der Einnahmen behält, gegenüber nur 50 Prozent bei der Kinoverwertung.

Google freut sich über die Werbung für seinen kostenpflichtigen You-Tube-Videoverleih. Microsoft konnte den Rivalen Apple ausstechen, dessen I-Cloud-Speicherdienst sich als anfällig für Hacker erwiesen hat und der deshalb nicht beim Konsortium dabei ist.“ Und vom Mut der Konzerne könne schon deshalb keine Rede sein, weil sie ihn an anderer Stelle allzu oft vermissen ließen: „Selten also war die Verteidigung der Freiheit günstiger zu haben. Gegenüber China etwa zeigt sich Google weniger prinzipientreu. Die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen wurde vom US-Außenministerium kritisiert. Aus Marokko wurde soeben bekannt, dass Ridley Scotts Moses-Film „Exodus“ dort nicht gezeigt werden darf; in den meisten anderen muslimischen Ländern ohnehin nicht. Von Protesten hat man bisher nichts gehört. Feinde der Freiheit werden aus alledem ihre Lehren ziehen.“

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