Retro-Show mit schwerem Erbe
VON MARTIN KLINGST
5. Januar 2015
Sollten Jeb Bush und Hillary Clinton um die Präsidentschaft kandidieren, gäbe das ein Polit-Drama mit Unterhaltungswert. Doch an den Namen haften schlechte Erinnerungen.
Genau in einem Jahr starten die Vorwahlen für die nächste amerikanische Präsidentschaft. Erst in knapp zwei Jahren, am 1. November 2016, stimmen die Amerikaner darüber ab, wer Barack Obama nachfolgen wird. Doch längst hat in beiden großen Parteien der Wettkampf um die Präsidentschaftskandidatur begonnen.
Eine mögliche und derzeit von allen amerikanischen Medien mit großer Lust diskutierte Variante: Jeb Bush gegen Hillary Clinton. Der Republikaner sondiert bereits das Terrain und zieht, wie er selber sagt, eine Bewerbung “ernsthaft” in Erwägung. Die Demokratin will sich in den nächsten Wochen entscheiden und es sieht so aus, als werde sie zum zweiten Mal antreten.
Bush gegen Clinton – das könnte der Stoff für ein gewaltiges Politdrama werden, für eine packende Geschichte über die Intrigen und Freundschaften, die Niederlagen und Erfolge zweier Familien, die im vergangenen Vierteljahrhundert das Weiße Haus beherrschten.
Die Bushs und Clintons verbindet eine Art Hassliebe. Vor rund zwanzig Jahren kämpften sie das erste Mal gegeneinander um das Weiße Haus. Damals stieg Hillary Clintons Ehemann Bill in den Ring und besiegte Jeb Bushs Vater George Herbert, den 41. Präsidenten der Vereinigten Staaten.
Beide zählen zur politischen Mitte
Acht Jahre später nahm Jeb Bushs Bruder George W. Rache für diese Familienschmach und wurde, nach einer umstrittenen Wahl der umstrittene Präsident Nr. 43. Hillary Clinton wollte ihn 2008 beerben, unterlag aber in den Vorwahlen gegen Barack Obama. Es gibt im republikanischen Amerika durchaus eine Neigung zu politischen Familiendynastien. Neben den Bushs und den Clintons zeugen auch die Roosevelts, Rockefellers und Kennedys davon.
Jeb Bush und Hillary Clinton sind allerdings keine bloßen Statthalter ihrer Familienehre, sondern durchaus Politiker von eigenem Gewicht und Format. Der Republikaner Bush regierte als Gouverneur den Bundesstaat Florida. Die Demokratin Clinton vertrat als Senatorin den Bundesstaat New York und diente Obama vier Jahre lang als Außenministerin.
Beide zählen zur politischen Mitte und vertreten, von der Wirtschafts- über die Einwanderungs- bis zur Außenpolitik, eher gemäßigte Positionen in ihrer jeweiligen Partei. Das macht sie zwar nicht unbedingt an der Basis beliebt, könnte aber ihre Chancen bei den Wählern erhöhen. Erste Umfragen jedenfalls belegen, dass sich die meisten Amerikaner als nächsten Präsidenten einen moderaten und kompromissbereiten Politiker wünschen.
Deshalb sind Jeb Bush und Hillary Clinton auch die bevorzugten Kandidaten ihres Partei-Establishments. Ob allerdings auch die Parteivölker so denken, ist eher fraglich. Vor allem Jeb Bush halten eingefleischte Republikaner für viel zu liberal und viel zu wenig ideologisch.
Dynastien tragen eine schwere Hypothek
Bedenken äußerte Jebs Mutter Barbara Bush. Im Fernsehen zu einer möglichen Kandidatur ihres Sohnes befragt, antwortete sie ziemlich entsetzt: Um Himmels Willen, es gebe doch wohl in Amerika genügend andere begabte politische Familien; es müsse doch nicht immer ein Bush, ein Clinton oder ein Kennedy das Weiße Haus besetzen.
Doch es spricht noch ein völlig anderer Grund gegen einen Zweikampf Bush gegen Clinton. Ihre Namen sind eine schwere Hypothek, verbinden doch viele Amerikaner damit einige unrühmliche Kapitel amerikanischer Politik.
Jeb Bush zum Beispiel müsste sich ständig von seinem Präsidentenbruder distanzieren. Zwar verblasst mit der Zeit die Wut der Amerikaner auf den Irakkrieger George W., aber ein weiterer Bush auf dem Sprung ins Weiße Haus würde die alten Ängste wieder wecken. Wie eine Gebetsmühle müsste Jeb Bush den Wählern eintrichtern, dass er kein Doppelgänger seines Bruders ist und keinen neuen Krieg anzetteln wird. Für eine andere politische Botschaft wäre daneben kaum noch Raum.
Hillary Clinton stünde ebenfalls in einem permanenten Abwehrkampf, denn auch auf ihrer Kandidatur lasten Schatten der Vergangenheit. Zwar erfreut sich Ehemann Bill, Präsident Nr. 42, inzwischen sehr großer Beliebtheit. Doch die Möglichkeit einer erneuten Clinton-Herrschaft im Oval Office würde über Nacht die dunklen Seiten seiner achtjährigen Präsidentschaft, all die Lügen, die Verstrickungen, die Affären und die Vetternwirtschaft wieder hervorkehren.
Jeb Bush gegen Hillary Clinton – diese Retro-Show hätte zwar einen hohen Unterhaltungswert. In die Zukunft weisen würde dieser Zweikampf jedoch nicht.
There is no “dark side” to the Bill Clinton years. He got oral sex from an intern at the White House. This is not unheard of in the annals of politicians, and you Europeans should be the last to think that is really such a big deal that it will haunt the future if Hillary Clinton becomes President of the U.S.