Obama Triumphs

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Obama triumphiert

Wirtschaftslage? Toll! Bildung im Land? Super! Und beim Thema Energie? Top! In seiner Rede zur Lage der Nation feierte Barack Obama die USA, vor allem aber sich selbst.

Für den US-Präsidenten war es die Nacht des Siegers. Barack Obama nutzte seine vorletzte Rede an die Nation, um Freund und Feind seine Erfolge vorzuführen. “Das Blatt in Amerika hat sich gewendet”, sagte er.

Entspannt wie lange nicht ging er dann eine lange Liste von Errungenschaften durch, die er für sich in Anspruch nimmt. Dazu zählt für Obama vor allem die wirtschaftliche Erholung, die so stark sei “wie seit 1999 nicht mehr”. Der größte Triumph ist für seine Regierung die Wende am Arbeitsmarkt, mit einer Arbeitslosenquote unter dem Niveau von vor der Krise 2008. Fortschritte auch bei der Bildung: Nie zuvor hätten so viele Schüler die High School abgeschlossen oder besuchten ein College. Und in Sachen Energie sei Amerika so unabhängig von ausländischen Ölimporten wie zuletzt vor 40 Jahren. Selbst den günstigen Benzinpreis schreibt sich Obama zugute.

Kaum zu glauben, dass dies der Präsident ist, dessen Partei vor knapp zwei Monaten eine vernichtende Wahlniederlage erlitten hat und der sich nun für den Rest seiner Amtszeit einem Kongress gegenüber sieht, der fest in der Hand der Republikaner ist. Wenn Mitch McConnell, der republikanische Mehrheitsführer im Senat, und sein Parteifreund John Boehner, Sprecher des Repräsentantenhauses, mit einem durch ihren Sieg gedemütigten und kompromissbereiteren Präsidenten gerechnet hatten, muss ihnen ihr Irrtum spätestens jetzt klar sein.

In seiner Rede zur Lage der Nation zieht der US-Präsident einen Schlussstrich unter die Miseren der vergangenen Jahre. “Der Schatten der Krise liegt hinter uns”, sagte er. Obama lobte sich und die USA für seine Erfolge. Video kommentieren

Obama ist entschlossen, sein jüngst wieder zurückerobertes politisches Kapital zu nutzen. Er hat eine Zustimmungsrate von 46 Prozent nach den letzten Umfragen, eine so hohe Zustimmung hatte er zuletzt im Herbst 2013.

Mehr Glaubensbekenntnis als To-do-Liste

Obamas Siegerrede richtete sich aber auch an seine Parteifreunde, von denen sich viele im Wahlkampf vergangenes Jahr von dem unbeliebten Präsidenten distanziert hatten. Er habe zwei Wahlkämpfe geführt und beide gewonnen, sagt er an einer Stelle. Es geht für Obama nun darum, sein politisches Erbe zu sichern. Dazu gehört auch, dass er das Gelände für seine potenzielle Nachfolgerin Hillary Clinton vorbereitet.

So ist die Agenda, die der Präsident in der Rede vorstellte, mehr als politisches Glaubensbekenntnis und Wahlprogramm denn als To-do-Liste zu verstehen. Zumal die meisten Vorschläge angesichts der republikanischen Mehrheit nicht den Hauch einer Chance haben, wie Obama selbst weiß.

Für jede Wählergruppe ist etwas dabei

So finden sich in seinem Programm für 2015 denn auch Versprechen für alle wichtigen Wählergruppen der Demokraten. Bezahlbare Kinderbetreuung, Mutterschaftsurlaub und bezahlte Krankheitstage, die 43 Millionen erwerbstätige Amerikaner bisher nicht haben. Das sind Themen, die vor allem Frauen ansprechen. An die schwarze Minderheit richteten sich seine Bemerkungen zu den Ereignissen in Ferguson und sein Ruf nach einer Reform von Polizei und Justiz. Sein Vorschlag, die Studiengebühren an kommunalen Colleges aufzuheben, hat bereits im Vorfeld bei Jüngeren für großes Echo gesorgt.

In einem viel kommentierten Bruch mit der Tradition hatte Obama wesentliche Punkte seiner Rede bereits vorab bekannt gegeben. Angesichts der seit Jahren sinkenden Einschaltquoten der Rede an die Nation – zuletzt sahen 30 Millionen zu, bei seiner ersten Amtseinführung 2009 waren es über 50 Millionen Zuschauer gewesen – versuchte die Kommunikationstruppe des Präsidenten seine Botschaften schon vorab breiter zu streuen und vor allem Soziale Medien zu nutzen.

Erneuter Vorstoß in Sachen Freihandel

Eine überraschend klare Absage an die Republikaner stellen Obamas Steuervorschläge dar. Ausgerechnet beim Thema Steuerreform hatten die Republikaner auf Möglichkeiten gehofft, einen Kompromiss zu finden. Sie stehen unter weit größerem Druck als Obama: Nach ihrem Wahlerfolg im November müssen sie nun zeigen, dass sie regierungsfähig sind. Zwar haben auch die Steuerpläne Obamas, die Kapitalertragssteuern und Erbschaftssteuern für Wohlhabende zu erhöhen, keine Chance. Aber ihre Ablehnung bringt die Republikaner in Erklärungsnot, wie sie sich eine alternative Politik zugunsten der leidenden amerikanischen Mittelschicht vorstellen.

Für die Europäer ist Obamas erneuter Vorstoß in Sachen Freihandel bemerkenswert, nachdem der Präsident das Thema in der Rede vergangenes Jahr ausgeblendet hatte. Damit etwa TTIP wieder an Fahrt aufnehmen kann, müsste der Kongress allerdings Obama vorab das Mandat geben, das ausgehandelte Abkommen am Ende zu unterzeichnen, ohne dass es noch einmal durch den Kongress muss. Die gemäßigtere Fraktion der Republikaner wäre dafür sogar zu haben, zumal die Wirtschaft darauf drängt. Doch die Tea Party Anhänger sehen darin den Ausverkauf amerikanischer Interessen und Obama wollen sie kein Mandat irgendeiner Art gewähren. Und in Obamas eigener Partei ist der Widerstand gegen solche Abkommen nach wie vor groß.

Die Gewerkschaften, immer noch die wichtigsten Wahlhelfer der Demokraten, fürchten um Arbeitsplätze. Mit der zunehmenden Erholung der US-Wirtschaft sehen viele Kongressmitglieder auch die Dringlichkeit des Themas nicht mehr, zumal es bei den Wählern keine Priorität genießt. Das Zweckbündnis aus dem linken Flügel der Demokraten und dem rechten Flügel der Republikaner dürften das Freihandelsmandat für Obama weiterhin verhindern. Ohne dieses Mandat werden sich die Verhandlungen zwar weiter schleppen, aber ein Abschluss unter diesem Präsidenten ist mehr als unwahrscheinlich.

Kaum außenpolitische Themen

Das Thema Außenpolitik streifte Obama ansonsten nur. Angeblich sollte er ein Drittel seiner Rede diesem Bereich widmen – aber ganz ersichtlich waren ihm seine innenpolitischen Erfolge wichtiger. Nur im Vorübergehen feierte er die internationale Isolierung von Putins aggressivem Russland als Erfolg der amerikanischen Diplomatie. Auch mit der Bekämpfung der Terror-Miliz IS hielt er sich kaum auf. Wer sich nach den Anschlägen in Paris mehr zum Thema Terror erwartet hatte, sah sich getäuscht. Der Präsident wollte sich seine Siegerrunde nicht trüben lassen.

“Eine Menge guter Nachrichten” habe er zu verkünden. Besser kann man seine Rede an die Nation nicht zusammenfassen.

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