New Yorks überflüssige Helfer
Obwohl die Stadt nie sicherer war, ist die Kluft zwischen New Yorker Polizei und Bürgern riesig. Die Sicherheitskräfte schwanken zwischen Arbeitsverweigerung und Reform. VON THORSTEN SCHRÖDER, NEW YORK
Ohne Auto kommt man nur schwer nach Breezy Point. Mit dem A-Train bis zur Endhaltestelle, dann mit dem Bus, die letzten Kilometer zu Fuß, weil der Shuttle nicht kommt. Wer es bis an den äußersten Zipfel der Halbinsel Rockaway im Stadtteil Queens schafft, sieht einstöckige einfache Häuser, lieblos mit Holz verkleidet, eine kleine Kirche gibt es, Bars oder Restaurants sucht man vergebens.
Hier wohnen viele New Yorker Polizisten, die in den Straßen von Brooklyn oder Manhattan arbeiten. Seit die US-Metropole sicherer geworden ist und Gentrifizierung die Stadtteile verändert hat, hat es die Polizisten in die Außenbezirke der Stadt verschlagen. Einzimmerwohnungen gibt es selbst in Brooklyn selten unter 1.800 Dollar im Monat, mit 35.000 Dollar Einstiegsgehalt im Jahr sind sie für die Kräfte des New York Police Departments (NYPD) unerschwinglich. “Sie haben die Viertel sicherer gemacht, können sie sich mit ihren Gehältern aber selbst nicht mehr leisten”, sagt Robert Gangi vom Police Reform Organizing Project, das Reformen im Polizeiapparat verlangt. Die Frustration ist bei vielen groß – und in den vergangenen Wochen ist sie weiter gestiegen.
Die NYPD ist mit 40.000 Beamten die größte Polizeieinheit der USA – und sie fühlt sich von ihrer Stadt und ihrem Bürgermeister im Stich gelassen. Der Fall Eric Garner, ein schwarzer New Yorker, der auf Staten Island mit Zigaretten handelte und bei einer versuchten Festnahme im Würgegriff eines Polizisten starb, hat die Öffentlichkeit gegen die Polizeigewalt aufgebracht. Bürgermeister Bill de Blasio zeigte öffentlich Verständnis für die Wut der Bürger und wochenlange Proteste. Als nur wenig später ein geistig verwirrter Mann in Brooklyn zwei Polizisten in ihrem Streifenwagen umbrachte, sahen sich die Polizisten endgültig an die Wand gedrängt.
Mit seinen Äußerungen habe der Bürgermeister die New Yorker gegen die Polizisten aufgehetzt, hieß es von der mächtigen Polizeigewerkschaft. De Blasio, sagte Polizeichef William Bratton, habe “Blut an den Händen”. Als der Bürgermeister bei der Beerdigung der Beamten sprach, drehten sich Tausende von Polizisten demonstrativ weg.
Arbeitsverweigerung der NYPD
Kurz vor Weihnachten dann legten die Beamten der NYPD ihre Arbeit fast komplett nieder. Die Zahl der Strafzettel und Mahnverfahren wegen kleiner Delikte ging innerhalb weniger Wochen um 94 Prozent zurück, die Zahl der Verhaftungen um 66 Prozent. Aus vielen Gegenden, die für Gewalt und Kriminalität bekannt sind, verschwanden über Nacht die Streifenwagen. Die Polizei, schrieb das Magazin The New Republic, versuche der Stadt eine Lektion zu erteilen.
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