Which Republican Will Take On This Woman?

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Welcher Republikaner nimmt es mit dieser Frau auf?

Nicht nur Hillary Clinton macht den amerikanischen Konservativen als Gegnerin Sorge, sondern auch die Tatsache, dass ihre Rezepte nicht reichen, die Ängste der Mittelschicht zu zerstreuen.

Das überraschende Ausscheiden von Mitt Romney aus dem Kreis der Präsidentschaftskandidaten hat die Karten bei den Republikanern neu gemischt. Zuvor hatte es so ausgesehen, als würde es zu einem Wettstreit zwischen ihm und Jeb Bush kommen, zwei Schwergewichten der Partei, die beide als Vertreter des Parteiestablishments galten und die Stimmen moderater Wähler in der Mitte hätten anziehen können.

Nun darf Bush als Favorit gelten, auch wenn sein Sieg bei den Vorwahlen keineswegs ausgemacht ist. Schon ist der Kampf entbrannt zwischen ihm und dem ebenfalls im moderaten Spektrum verorteten Chris Christie, Gouverneur von New Jersey, um die Spender und Spendensammler Romneys auf ihre Seite zu ziehen.

Und auch die Telefonleitungen der anderen Kandidaten glühen in diesen Tagen, um möglichst viele Unterstützer auf sich zu verpflichten. Die sich abzeichnende Konkurrenz zwischen Bush und Romney hatte dazu geführt, dass viele Sympathisanten der Republikaner erst einmal abgewartet hatten und sich zunächst keinem Kandidaten verpflichten wollten. Nach dem Verzicht Romneys ist die Lage fluid geworden, der Wahlkampf im republikanischen Lager hat ernsthaft begonnen.

Tatsächlich ist das Kandidatenfeld bei den Republikanern diesmal so stark wie seit Jahrzehnten nicht. Und es wird auf einen Generationenkonflikt hinauslaufen. Romney hatte verzichtet, um explizit Platz für einen jüngeren, bisher unbekannteren Kandidaten zu machen.

Dynastie gegen Dynastie

Jeb Bush wird sich nun des Vorwurfs erwehren müssen, zur alten Garde zu gehören. Zumal er im Kampf gegen Hillary Clinton, die wahrscheinliche Kandidatin der Demokraten, kaum wird argumentieren können, dass sie eine Politikerin von gestern ist, wenn er selbst nicht mehr als taufrisch gelten kann und ihm ebenso wie Clinton der unrepublikanische Geruch aristokratischer Dynastienbildung anhaftet. Neben Christie sind es etwa Scott Walker, Gouverneur von Wisconsin, und Marco Rubio, Senator aus Florida, die als junge Hoffnungsträger gelten.

Wer immer am Ende das Rennen macht, wird aber vor allem eine überzeugende inhaltliche Botschaft präsentieren müssen, um gegen Clinton bestehen zu können. Die Demokraten, so scheint es, haben ihr Thema schon gefunden: die wirtschaftlich stagnierende Mittelschicht und ein angeschlagener amerikanischer Traum, der vielen Bürgern keine faire Chance mehr bietet, aufzusteigen und den Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen. Das war das Thema von Barack Obamas Rede an die Nation vor mehr als zehn Tagen, seitdem von ihm selbst, von den Clintons und einem vielstimmigen Chor bei den Demokraten weitergetragen.

Was Präsident Obama in seiner Rede an Wirtschafts- und Sozialpolitik ausgebreitet hatte, bezeichnet man in den USA gemeinhin als “wirtschaftlichen Populismus”. Im Kern will der Präsident Reiche und Banken höher besteuern, um damit staatliche Wohltaten für die Mittelschicht und Unterschicht zu finanzieren, von der kostenlosen Collegeausbildung bis zu staatlich finanziertem Mutterschutz, Fortzahlung im Krankheitsfall und besserer Kinderbetreuung.

Für die Republikaner, die an einen schlanken Staat glauben und daran, dass jeder besser selbst über die Verwendung seines Einkommens entscheiden sollte anstatt die Regierung, ist das ein rotes Tuch. Aber es bringt sie auch in die Defensive. Wenig treibt die Amerikaner derzeit so sehr um wie die Tatsache, dass die mittleren Einkommen in den USA seit 20 Jahren stagnieren und selbst nach zwei Jahren Wirtschaftswachstum kaum ein Anziehen der Löhne zu verzeichnen ist. Vom Aufschwung haben bisher nur die Reichsten profitiert.

Das liberale Mantra reicht nicht mehr

Das ist ein klassisch linkes Thema, auf das Obama eine klassisch linke Umverteilungsantwort gegeben hat. Aber immerhin hat er eine Antwort, während die Republikaner noch immer nicht wissen, wie sie mit einem Thema umgehen sollen, das mit ziemlicher Sicherheit eine zentrale Bedeutung im kommenden Präsidentschaftswahlkampf einnehmen wird.

Ihr liberales Mantra war bisher dass das, was der Wirtschaft hilft, am Ende auch der breiten Masse zugute kommt. Nur scheint dieser Transmissionsriemen seit Ende der 90er-Jahre nicht mehr zu funktionieren. Das bringt Wirtschaftsliberale in Erklärungsnot. Und die Republikaner müssen aufpassen, nicht das Label angehängt zu bekommen, Politik nur für die oberen Zehntausend zu machen.

Zumindest wollen sie das Problem nicht weiter ignorieren. Noch vor zwei Jahren etwa war ein heimlich gefilmter Präsidentschaftskandidat Mitt Romney hergezogen über die “47 Prozent”, die in Amerika von Staatstransfers profitierten. Vor seinem Ausstieg hatte er nun verkündet, dass er sich der “Geißel Armut” annehmen wolle, falls er noch einmal als Kandidat in den Ring steigt.

Die sarkastischen Reaktionen darauf waren auch ein Grund für Romneys Verzicht. Er musste einsehen, dass seine Vorgeschichte eine zu große Bürde sein würde, um glaubwürdig die Interessen des einfachen Mannes zu vertreten.

Amerika ist weniger durchlässig als Europa

Jeb Bush hat dem Wahlkampfkomitee, das seine Kandidatur unterstützt, den Titel “das Recht auf Aufstieg” gegeben und damit gleich das Problem benannt. Denn tatsächlich ist Amerika inzwischen weniger durchlässig für Aufstieg als manche europäische Staaten. Aber ob sich das wirklich damit erklären lässt, dass die USA über einen weniger ausgebauten Sozialstaat verfügen als Europa, wie Obamas Programm nahelegt, ist fraglich.

Denn in Wirklichkeit hat das Land, das sich als Hort der Eigenverantwortung sieht, in den vergangenen Jahrzehnten ebenfalls einen kräftigen Schluck aus der Sozialstaatspulle genommen. Während 1963 ein Viertel der Staatsausgaben in Sozialprogramme floss, waren es 2012 schon drei Fünftel.

Laut Zahlen des Census Bureau haben im Jahr 2012 nicht 47, wie Romney sagte, sondern gar 49 Prozent der US-Haushalte von Staatstransfers profitiert. Amerika ist also längst nicht mehr so “exceptional”, wie es dem Mythos entspricht. Und eine weitere Ausdehnung des Sozialstaates à l’Europe scheint angesichts der europäischen Resultate, nämlich einer sehr viel weniger dynamischen Wirtschaft als in den USA, kaum ein geeignetes Mittel, mehr gesellschaftlichen Wohlstand zu schaffen.

Die Republikaner müssen daher eine Quadratur des Kreises versuchen. Sie müssen wirtschaftsliberale Wege aus der Mittelschichtsmisere aufzeigen, ohne als kaltherzig zu gelten und als Interessenvertreter der Reichen. Keine einfache Aufgabe. Der Kampf der Ideen ist eröffnet.

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