Deutschland und Frankreich überheben sich, wenn sie glauben, sie allein könnten das Ausgreifen Putins nach Osteuropa eindämmen. Die US-Sicherheitselite will Waffen an die Ukraine liefern.
Normandie-Format heißt das Treffen zu viert zwischen der deutschen Bundeskanzlerin, dem französischen Präsidenten, dem Präsidenten der Ukraine und Russlands. Normandie deshalb, weil man im vergangenen Jahr in dieser Zusammensetzung des alliierten D-Day auf den Stränden der Normandie gedachte und nebenbei versuchte, die Feuer der Ukraine-Krise auszutreten – was bekanntlich misslang.
Normandie-Format ist ein Drama ohne den Hauptdarsteller, die Vereinigten Staaten von Amerika. Historisch gibt es keinen Zweifel, dass die alliierte Landung am 6. Juni 1944 gegen die Bunker der Wehrmacht kaum eine militärische Chance gehabt hätte ohne die Schiffe, die Männer und das Material aus den USA. Dass heute die Europäer, namentlich Paris und Berlin, Wladimir Putin die Stirn bieten wollen, wird mit Stolz vermerkt, als handele es sich um eine weltpolitische Reifeprüfung.
Dabei allerdings geraten die Gleichgewichte aus dem Blick, die Asymmetrie der Kräfteverhältnisse, der Anspruch auf europäische Vormacht und die Fähigkeit der russischen Seite, ständig die Rolle zu wechseln – mal drohende Nuklearmacht, mal besorgter Vermittler, mal Waffen- und Soldaten-Lieferant.
Schwache EU-Europäer
Was zunächst aussah wie eine begrenzte, regionale Krise im östlichen Mitteleuropa, Krim-Annexion gegen Maidan-Revolution, entwickelt sich von Stufe zu Stufe zu einem weltpolitischen Kräftemessen. Das Ende ist offen. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz war unüberhörbar, dass die amerikanische Sicherheitselite Waffen an die Ukraine liefern will und nicht nur so tut als ob, um Putin Abschreckung entgegenzusetzen.
Ebenso deutlich war, dass die Europäer, von Warschau über Berlin bis Paris und London, Waffenlieferungen als Sprung ins Dunkle fürchten. Denn wer Hightech-Waffen liefert, muss auch Berater und Instrukteure stellen, und dann kann bald die Lage entstehen, die während des gesamten Kalten Krieges beide Supermächte tunlichst zu vermeiden suchten: Blau gegen Rot.
Die EU-Europäer, die in ihren stillen Konzilien ungern über Waffen reden und damit auch kaum Erfahrung haben, stecken in einem vorerst unlösbaren Dilemma. Sie erinnern sich wieder, dass ohne die Vereinigten Staaten ihnen das Gegengewicht zum Zorn des russischen Bären fehlt. Zugleich aber fürchten sie, auf eine Eskalationsreise mitgenommen zu werden, die sie nicht beherrschen und die böse enden kann.
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