Netanyahu Is Doing Exactly What Is Right for His Country

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Netanjahu tut genau das Richtige für sein Land

Die derzeitige israelische Politik gegenüber den USA erscheint vielen als reflexhaft und unklug. Das ist sie aber nicht: Israels Unabhängigkeit ist die wichtigste Voraussetzung für seine Sicherheit.

Nach dem Wahlsieg Benjamin Netanjahus befinden sich die amerikanisch-israelischen Beziehungen auf einem historischen Tiefpunkt. Darin wenigstens sind sich Kommentatoren auf der Linken wie auf der Rechten einig. Doch wie das meist so ist, wenn sich alle einig sind: Der Befund ist falsch.

Israels Beziehungen zu den USA waren von Anfang an problematisch; immer wieder kam es zu ernsten Krisen. Denn die Interessen der USA und die Interessen des jüdischen Staats sind nun einmal nicht identisch. Die Vorstellung, die USA seien sozusagen die natürlichen Verbündeten Israels, ist eine Illusion.

“Ich bin Cyrus!” Das sagte US-Präsident Harry Truman einmal und stellte sich damit in die Nachfolge des großen Perserkönigs, der im sechsten vorchristlichen Jahrhundert den Juden nach dem babylonischen Exil zu einem eigenen Staat verhalf und darum in der Bibel als “Messias” bezeichnet wird.

Doch obwohl die USA unter Truman 1948 als erster Staat die provisorische Regierung Israels anerkannten (als zweiter folgte der Iran), war der Präsident weder Philosemit wie Winston Churchill noch ein christlicher Zionist wie Arthur Balfour, der 1917 die Unterstützung des Britischen Weltreichs für die Schaffung einer jüdischen Heimstätte in Palästina verkündete. Im Gegenteil.

Trumans milder Antisemitismus

Zeitlebens pflegte der Kleinstädter aus dem Mittleren Westen einen milden Antisemitismus. New York war für ihn “Kike Town”, was man vielleicht als Jiddenstadt übersetzen könnte. Als Amerikaner hatte er eine instinktive Abneigung gegen die europäische Vorstellung, dass Staaten auf der Grundlage ethnischer oder religiöser Zugehörigkeit errichtet werden sollten.

Darum unterstützte er den 1946 vorgelegten Plan einer anglo-amerikanischen Kommission, einen binationalen Staat Palästina zu schaffen, der in jeweils autonome arabische und jüdische Gebiete geteilt und unter UN-Aufsicht gestellt werden sollte.

Ob der Plan jemals Realisierungschancen gehabt hätte, sei dahingestellt. Am Ende scheiterte er nicht nur am Widerstand der Juden und Araber innerhalb und außerhalb Palästinas, sondern auch daran, dass weder die kriegsmüden Briten noch die USA bereit waren, die menschlichen und materiellen Kosten einer Besatzung zu übernehmen, die notwendig gewesen wäre, um einen Bürgerkrieg im neuen Staat zu verhindern.

Noch am Tag nach der Anerkennung Israels trauerte Truman jedoch dieser Lösung hinterher. “Wir hatten das Problem gelöst”, klagte er gegenüber dem späteren Außenminister Dean Acheson, aber “die emotionalen Juden in den Vereinigten Staaten und die emotionalen Araber in Ägypten und Syrien” hätten eine Lösung verhindert. Ein zweiter Cyrus? Eher nicht.

Amerika war gegenüber Israel abwartend

Auch in den Jahren nach der Staatsgründung war die amerikanische Haltung gegenüber Israel eher abwartend. Die Waffen für den Unabhängigkeitskrieg hatten die Juden aus der Tschechoslowakei – mit stillschweigender Unterstützung der Sowjetunion – erhalten. Die Waffen, die Israel in seinen Kriegen von 1956 und 1967 einsetzte, kamen hauptsächlich aus Frankreich, das lange Zeit als verlässlichster Verbündeter Israels galt.

Als Großbritannien, Frankreich und Israel 1956 gemeinsam Ägypten angriffen, um den von Gamal Abd al-Nasser verstaatlichten Suezkanal wieder unter französisch-britische Kontrolle zu bringen, die von Ägypten organisierten Terrorangriffe gegen Israel zu unterbinden und Nasser zu stürzen, befürwortete der Republikanische US-Präsident Dwight D. Eisenhower auf Druck der Öl-Lobby Sanktionen gegen Israel und stellte die Entwicklungshilfe für den jüdischen Staat ein. Die USA stimmten zusammen mit der Sowjetunion im UN-Sicherheitsrat für eine Resolution, die den Abzug der israelischen, britischen und französischen Truppen forderte.

Mit der Drohung, die in amerikanischer Hand befindlichen britischen Geldreserven zu veräußern und so den Absturz des Pfund Sterling zu bewirken, erzwang Eisenhower schließlich den Abbruch der erfolgreichen Militäraktion und sicherte damit das politische Überleben Nassers.

Zu den wenigen Befürwortern der israelisch-französisch-britischen Militäraktion gehörte übrigens Bundeskanzler Konrad Adenauer, der Eisenhowers Zusammengehen mit Chruschtschow als Versuch deutete, “die Welt unter sich aufzuteilen”. Eisenhower selbst nannte später seine Haltung in der Suezkrise den größten außenpolitischen Fehler seiner Administration.

Israel baut seine eigene Atombombe

Der von den USA erzwungene endgültige Rückzug der europäischen Mächte aus dem arabischen Raum und die strategische Entscheidung Eisenhowers, den arabischen Nationalismus zu unterstützen, bestätigten David Ben Gurion in seiner Einschätzung, Israel müsse eine eigene Atombombe als ultimative Abschreckungswaffe besitzen.

Schon 1956 verhandelte Schimon Peres mit Frankreich über die Lieferung eines Reaktors und einer Anreicherungsanlage sowie Raketentechnik und Ausbildungspersonal. Ein Jahr nach Suez wurde das Geheimabkommen unterzeichnet. Zehn Jahre später war Israel Atommacht.

Der Reaktor in Dimona war “Frankreichs große Geste gegenüber Israel”, schreibt Ari Shavit, “das Abschiedsgeschenk einer Kolonialmacht im Niedergang an die junge Frontier-Nation, die der Westen im Orient errichtet hatte und nun allein ließ”. Den USA passte diese Entwicklung gar nicht. Präsident John F. Kennedy zwang die Israelis 1962, amerikanische Inspektoren nach Dimona zu lassen, die jedoch bis 1969 erfolgreich an der Nase herumgeführt wurden; so konnten die Franzosen die Zusammenarbeit fortsetzen.

Im September 1969 offenbarte die israelische Ministerpräsidentin Golda Meir gegenüber dem neu gewählten US-Präsidenten Richard Nixon die Existenz der israelischen Atombombe. Die USA beschlossen, das Fait accompli stillschweigend anzuerkennen. 1973 bewies Israels Beinaheniederlage im Jom-Kippur-Krieg, wie notwendig die Waffen waren, die Israel gegen den Widerstand der USA entwickelt hatte.

Die nationalen Interessen der USA

Auch nach 1967, als die USA zum wichtigsten Waffenlieferanten und Verbündeten Israels wurden, hat es nicht an Krisen im Verhältnis zwischen Jerusalem und Washington gefehlt. Eine ungebrochen mächtige Öllobby im arabischen Raum sowie in der US-Administration und Öffentlichkeit teilt die Ansicht von Stephen Walt und John J. Mearsheimer:

Das enge Verhältnis der USA zu Israel, so die (übrigens konservativen) Politikwissenschaftler, gefährde die nationalen Interessen der USA, die in der Region als ehrlicher Makler und Befürworter einer Gleichgewichtspolitik auftreten sollen. Zurück, mit einem Wort, zu Eisenhower, den Obamas neuer Verteidigungsminister Chuck Hagel als Vorbild zitiert hat.

Für jeden israelischen Politiker, der die Geschichte seiner Heimat kennt, gilt daher: Israel muss immer in der Lage und bereit sein, allein und nach eigener Einschätzung der Gefahr zu handeln. Nie darf es in die Lage kommen, in die es 1956 geriet; nie darf es völlig abhängig von einem Verbündeten sein.

Die Freundschaft mit den USA ist zwar wichtig. Überlebenswichtig ist Israels Unabhängigkeit. Wer diese Geschichtslektion nicht begreift, wird weder Netanjahu begreifen noch verstehen, warum ihn eine Mehrheit der Israelis als Ministerpräsident haben will.

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