How the Soccer Dwarf USA Shocked FIFA

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Wie der Fußballzwerg USA die Fifa erschüttern konnte

Die USA haben auf dem grünen Rasen des Weltfußballs nicht viel zu bestellen. Aber ausgerechnet sie schossen jetzt die sportliche Supermacht Fifa sturmreif. Und das ist erst der Anfang.

Die Wahrheit ist, dass die USA, gemessen an ihrer territorialen Größe, ihrer Militärmacht, ihrer wirtschaftlichen Stärke und ihrer Dominanz in vielen anderen Sportdisziplinen durchaus ein Fußballzwerg sind. 2002 haben sie das Viertelfinale erreicht, im Halbfinale standen sie das erste und einzige Mal 1930. Costa Rica, Wales oder Elfenbeinküste rangieren deutlich oberhalb der Nummer 28 der Weltrangliste.

Vielen Amerikanern gilt Fußball auf Profiebene als “Pussy-Sport”, bei dem erwachsene Männer nach leichtem Körperkontakt regelmäßig den sterbenden Schwan geben. Ausländische Teams würden nur zu Freundschaftsspielen eingeladen, um möglichst viele illegale Immigranten ins Stadion zu locken und dort zu verhaften, lautet ein böser Witz über diesen vermeintlich “unamerikanischen Sport”.

Und nun hat dieser Fußballzwerg soeben die Fifa, die Supermacht des organisierten Sports, sturmreif geschossen. Ausgerechnet die USA! Die Staatsanwälte und FBI-Agenten des Landes, das einsam Soccer spielt in einer Welt namens Fußball, bieten jenem Zynismus die Stirn, über den die internationale Öffentlichkeit seit Langem schulterzuckend sagt: “Klar, bei der Fifa wird betrogen. Aber was will man machen?”

Es ist kein offenes Geheimnis, sondern eine Tatsache, dass bei der Vergabe von Fernsehrechten Gelder fließen. Der ehemalige Fifa-Präsident João Havelange etwa kassierte mehrere Millionen Dollar an Provisionszahlungen einer Fifa-eigenen Vermarktungsagentur, blieb aber skandalöserweise straffrei, weil er sich vor Gericht zur Rückzahlung der Gelder verpflichtete.

Schmiergelder in dreifacher Millionenhöhe

Die großmütigen Schweizer Richter sagten dem Straftäter gar Anonymität zu, die erst durch die Recherche von Journalisten aufgehoben wurde.

Jetzt immerhin kamen neun Fifa-Spitzenfunktionäre in Haft, darunter zwei Stellvertreter des wendigen Präsidenten Sepp Blatter, sowie fünf Manager aus dem Marketing und Rechtehandel, gewissermaßen die mitreisenden Marketender des Fußballjahrmarkts.

Sie sollen seit 1990 Schmiergelder in Höhe von 150 Millionen Dollar verantwortet, empfangen, verschleiert oder gezahlt haben und müssen nun Haftstrafen von bis zu 20 Jahren befürchten, kündigte US-Justizministerin Loretta Lynch an. Alle Beklagten sollen Straftaten auf dem Territorium der USA oder unter Nutzung amerikanischer Banken oder Bankkonten verübt haben.

Und dennoch stellt auch CNN die verwundert klingende Frage: Warum kümmern sich ausgerechnet die USA um diesen offenkundigen Sumpf an Korruption? Es liegt zum Teil daran, dass Amerikaner unter den Tätern sind. Chuck Blazer beispielsweise, ehemals Generalsekretär der panamerikanischen Fifa-Tochter Concacaf, schaffte bis zu elf Millionen Dollar unrechtmäßig zur Seite.

Je dunkler die Wolken, desto reinigender das Gewitter

Nach seiner Entlarvung war er geständig und ließ sich in der Hoffnung auf Straferleichterung verdrahten und mit Mikrofonen ausstatten, um einstige Komplizen zur Strecke zu bringen. 110 Millionen Dollar an Bestechungsgeld ist es laut Lynch zu verdanken, dass die bislang in Südamerika ausgespielte Copa América 2016 in die USA wandern wird.

Aber Amerikaner wurden möglicherweise auch Opfer des Bestechungsalltags in der Fifa. Die Gastgeber der WM 1994 hatten sich für die erneute Ausrichtung im Jahr 2022 beworben und staunten mit dem Rest der Welt, als das kleine Katar den Zuschlag bekam. Die Schweizer Behörden untersuchen jetzt die Hintergründe.

Und überhaupt dürften die Gerichtsverfahren noch etliche Erkenntnisse zu Tage fördern. Angeklagte neigen dazu, Mitbeteiligte zu verpfeifen, um ihre eigene Verantwortung zu relativieren. Ist Blatter, der am Freitag als Fifa-Chef wiedergewählt werden will, so unschuldig, wie er behauptet – oder nutzte er lediglich keine US-Konten?

Je dunkler die Wolken sind, desto reinigender das Gewitter. Trotzdem dürfte es für die Vereinigten Staaten nicht einfach werden, ihre direkte Betroffenheit und Zuständigkeit für diese Korruptionsverfahren zu belegen.

Der Bizeps des Weltpolizisten

Ihre Chancen, den Zuschlag für die WM 2026 zu erhalten, könnten gar sinken, wenn sich insbesondere bei den kleineren Fifa-Mitgliedsländern der Eindruck durchsetzen sollte, die USA seien wieder einmal in ihre Rolle als Weltpolizist geschlüpft, um sich in die Angelegenheiten anderer einzumischen, fürchtet bereits die “Los Angeles Times” .

Sind die USA Cowboys, die sich Rechte dort herausnehmen, wo kleinere Länder zur Tatenlosigkeit verurteilt wären? Man kann so denken. Aber das ist nur die eine Seite der Medaille.

Tatsächlich haben die Amerikaner ein moralisches Sendungsbewusstsein, das durch einen starken Bizeps gestützt wird. Das beeinflusst die Welt im Schlechten wie im Guten, im Großen wie im Kleinen.

Im Irak etwa destabilisierte die (mit falschen Behauptungen begründete) US-Intervention gegen einen Diktator eine ohnehin fragile Region zusätzlich. Aber ohne die von den USA geführte Nato-Intervention in Bosnien hätte das dortige Blutvergießen länger angehalten.

Altruismus ist selten in der Weltpolitik

Und im syrischen Bürgerkrieg erlangte Washington zwar wenig Ruhm; dennoch führte erst Barack Obamas Drohung eines Militärschlags zur Vernichtung der C-Waffen-Arsenale des Assad-Regimes.

Die USA mischten sich stärker und entschiedener als die Europäer ein, als Piraten vor Somalia den maritimen Welthandel bedrohten. Ja, sie taten dies auch im egoistischen Interesse der eigenen globalisierten Wirtschaft. Aber reiner Altruismus ist selten in der Weltpolitik.

US-Staatsanwälte setzten wiederholt internationale Allianzen durch, um Kinderpornoringe oder grenzüberschreitende Geldwäsche zu sprengen. In solchen Fällen hört man selten die Frage, was die Vereinigten Staaten damit denn wohl zu schaffen hätten.

Eine Supermacht hat einen größeren Aktionsradius als die Nebendarsteller auf der internationalen Bühne. Wer die Überlegenheit der USA und ihre selbstbewusste Handhabung bedauert, sollte sich fragen, was geschehen würde, wenn Washington so zögerlich vorginge wie der Rest der Welt.

Die Funktionärskaste der Fifa immerhin dürfte sich wünschen, der Fußballzwerg wäre nicht in die Offensive gegangen. Jetzt führt er 1:0, und die korrupten unter den Fußballmanagern werden das Match verlieren.

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