US Candidate Jeb Bush: Not Without His Brother

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US-Kandidat Jeb Bush: Nicht ohne seinen Bruder

Der künftige US-Präsidentschaftsbewerber Jeb Bush schaut in Deutschland vorbei. Jeb klingt zwar moderater als George W., dennoch droht mit ihm als Anführer die unselige Außenpolitik seines Bruders wieder aufzuleben.

Kommentar

Obama ist weg, Bush kommt. Gerade hat der US-Präsident den G7-Gipfel gen Amerika verlassen, da tritt Jeb Bush an diesem Dienstag in Berlin auf: Eine Rede vor dem Wirtschaftsrat der CDU, vielleicht eine Begegnung mit der Kanzlerin, ein Treffen mit Wolfgang Schäuble und eines mit Frank-Walter Steinmeier.

Jeb Bush will US-Präsident werden wie vorher sein Vater und sein Bruder. Er ist auf Europareise, will sein außenpolitisches Profil für den Wahlkampf schärfen. In der kommenden Woche wird Bush in Miami seine offizielle Bewerbungsrede halten.

Obama geht, Bush kommt. Das deutsche Spitzenpersonal empfängt den 62-Jährigen wie einen, der das nächste Mal als Anführer der westlichen Welt anreisen könnte. Beim Berliner Wirtschaftstreffen sind sie sicher mächtig stolz auf ihren Stargast.

Doch welcher Vision geben sie hier eine Bühne? Jeb Bush hat in den vergangenen Monaten keinen Hehl daraus gemacht, dass er sich außenpolitisch in der Nachfolge seines Bruders sieht. Das sollte nicht nur dem CDU-Wirtschaftsrat zu denken geben.

Zwar ist Jeb der vernünftigere der beiden Bush-Brüder. Er ist ruhiger, vorsichtiger, rationaler, mithin: der bessere Bush. Aber wenn Europa eine Wahl hätte, wäre er aus unserer Perspektive der beste amerikanische Präsident? Wäre er nicht.

Der von seinem Bruder angerichtete politische Schaden wird auch ohne familiäre Fortsetzung noch auf Jahre hinaus nachwirken: in den USA, in Europa, vor allem im Nahen Osten. Obama hat auf George W. Bushs Politik der Überdehnung mit dem Versuch eines graduellen Rückzugs (Retrenchment) geantwortet. Andere Nationen, so seine Idee, sollen ihre Probleme vornehmlich selbst lösen. Zudem hat Obama Diktatoren die Hand gereicht, um Wandel durch Annäherung zu bewerkstelligen: Kuba und Iran sind die Beispiele für dieses Engagement.

Retrenchment und Engagement – Jeb Bush will beides zurückdrehen. Und das ist keine gute Nachricht. Seine Sicht der Dinge geht so: Mit den Castros redet man nicht, das Regime in Teheran ist gefährlicher als der “Islamische Staat”, Amerika soll weltweit mehr Führung zeigen. “Unsere Feinde müssen uns wieder fürchten”, sagt er.

Wo, bitteschön, unterscheidet er sich da von seinem Bruder? Tatsächlich würde auch Jeb den altgedienten Bush-Apparat wieder anschmeißen: Mit wenigen Ausnahmen dienten alle seine außenpolitischen Berater schon unter George W. Sein prominentester Ratgeber in auswärtigen Dingen aber ist: der Bruder. Kein Witz.

Neulich hat Jeb drei Tage gebraucht, um klarzustellen, dass er, ausgerüstet mit dem Wissen von heute, vor zwölf Jahren nicht in den Irak einmarschiert wäre wie sein Bruder. Drei Tage für eine Selbstverständlichkeit. Dass der Krieg aber nicht nur im Rückblick, sondern von Anbeginn ein Fehler war? Dieses Eingeständnis wird man von Jeb Bush wohl niemals hören.

Dennoch nicht ausgeschlossen, dass er in Deutschland auf eine ganz besondere Art von Fanbase treffen könnte: Jene, die sich international lieber komplett raushalten und alles den USA überlassen würden, von der Ebola-Bekämpfung bis zum Militäreinsatz. Ein klares amerikanisches Feindbild erbaut dabei das Bewusstsein der eigenen Tugendhaftigkeit ungemein. Denn nirgendwo lässt es sich so herrlich besserwissen und lästern wie auf der gewärmten Zuschauertribüne der Weltpolitik. Jeb Bush würde diesen Leute in die Hände spielen. Das wäre weder gut für Europa noch für Amerika.

Schade eigentlich, dass Jeb Bush außenpolitisch eher Präsidentenbruder ist als Präsidentensohn. An seinem Vater George H.W. könnte er sich ein Beispiel nehmen. Der machte etwa die deutsche Einheit möglich, sprach von “Partners in Leadership”.

Barack Obama übrigens schätzt den alten Bush sehr.

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