Vom Silicon Valley lernen:
Aus Kalifornien in die Bergtäler
Ein ehemaliger Chefredaktor und Autor rät der europäischen Wirtschaft, das Silicon Valley zu kopieren. Doch das ist kaum machbar – und vielleicht sind die Tage dieses Modells auch schon bald gezählt.
Voran kommt eine Wirtschaft nur durch disruptive, das heisst störende Entwicklungen, die bisherige Erfolgsprodukte obsolet machen. Das hat der Autor Christoph Keese im Silicon Valley gelernt und in einem Buch niedergeschrieben. Der ehemalige Chefredaktor der «Financial Times Deutschland» wurde vom Verlag Axel Springer nach Kalifornien geschickt, um die neusten Trends aufzuspüren. Bis diese nach Europa kämen, sei es zu spät und ein Konkurrent sei bereits am Drücker, so die Begründung. Am Donnerstag stellte Kees nun seine Ideen in der Swiss Start-up Factory in Zürich vor und wollte zeigen, wie man vom «Innovations-Tal» lernen kann. Die Schweiz sei wie Deutschland Meister in der inkrementellen Entwicklung, dem schrittweisen Verbessern von Produkten wie Uhren oder Autos. Revolutionäres dagegen habe man schon lange nicht mehr hervorgebracht. Und wenn doch, sei dies wie das MP3-Format oder das Internet in die USA «gewandert». Das liege daran, dass Konzerne Produkte, die ihr Geschäftsmodell gefährdeten, nicht förderten. Zudem seien hiesige Universitäten meist zufrieden, wenn der wissenschaftliche Ruhm geerntet sei, die Kommerzialisierung werde vernachlässigt.
Doch Kees argumentiert widersprüchlich: Obwohl dies aus Sicht der deutschen Wirtschaft falsch sei, würde er seinen Kindern raten, eine Geschäftsidee in Kalifornien zu verwirklichen. Als Beispiel für den europäischen Standortnachteil führt er dabei die Hamburger Firma myTaxi an: Zwar hatte der deutsche Mitfahrt-Vermittlungsdienst einen Vorsprung von über einem Jahr auf Uber, fand aber keine Finanzierung und verlor den Wettkampf. Doch Kapital ist beweglich und findet aussichtsreiche Projekte überall.
Die Schweiz sollte sich deshalb auf die Ausbildung von unternehmerisch denkenden Ingenieuren und ideale Bedingungen für Firmengründer konzentrieren. Zudem dürften sich Innovationen schon bald nicht mehr nur ums Smartphone drehen, sondern um völlig neuartige – disruptive – Produkte.
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