Political Theater in the USA: The Fox System

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Kurzzeitig Feinde, plötzlich wieder Freunde: Der Sexismus-Streit zwischen Fox News und Donald Trump ist für den rechten Sender ein perfekter Coup. Manchen gilt der Kanal nun als Hort des kritischen Journalismus. Welch eine Farce.

Es soll jetzt alles wieder besser werden. Roger Ailes hat angerufen. Der Chef von Fox News ist ein guter Freund von Donald Trump. Ailes versicherte, man werde ihn fair behandeln. Da ließ sich Herr Trump am Dienstag auch gleich wieder in zwei Sendungen schalten. “Bin froh, dass wir wieder Freunde sind”, sagte der Moderator der Morgenshow zu ihm. “Alles erledigt”, sagte der Moderator der Abendshow.

“Alles gut”, sagte Trump.

War was? Ein paar Tage lang schien das Verhältnis zwischen dem rechten Sender und dem Möchtegern-Präsidenten schwer beschädigt. Megyn Kelly, eine der Star-Moderatorinnen des Senders, hatte Trump während der TV-Debatte seine frauenfeindlichen Äußerungen vorgehalten. Trump hatte sich auf seine Weise revanchiert. Aber jetzt will man wieder freundlicher miteinander umgehen. Hilft ja alles nichts.

Alles abhaken also? Nicht so schnell. Die Episode sagt nämlich etwas aus über das Verhältnis zwischen Medien und Mächtigen in den USA. Zumindest im Fernsehjournalismus hat sich eine merkwürdige Distanzlosigkeit entwickelt, fast schon eine Kumpanei. Man merkt das vor allem dann, wenn die Freundschaft mal für einen Moment gebrochen wird. Wenn jemand frech fragt, wie Megyn Kelly etwa. Dann fühlt sich der Interviewte plötzlich verraten. Und die Journalistin ist die Heldin des kritischen Journalismus. Kelly zum Beispiel wird in den USA plötzlich verehrt, als habe sie soeben einen zweiten Watergate-Skandal enthüllt. Da stimmt etwas nicht.

Für das Verhältnis zwischen Medien und Spitzenpolitikern ist der Fall Fox News versus Trump ein gutes Beispiel. Drei Phasen hat die Angelegenheit bislang durchlaufen. Im Frühsommer war Trump der Darling des Networks. 31 Fox-Auftritte in drei Monaten. Grätsche gegen John McCain? Hetze gegen mexikanische Einwanderer? Fox News war zur Stelle. “Er sagt Dinge, die gesagt werden müssen”, so Monica Crowley, Radiomoderatorin und Dauergast in den Shows des Senders. Trump bescherte Fox News hohe Quoten, Fox News war für Trump eine wichtige Abspielplattform. Es war ein wunderbares Zusammenspiel.

Rupert Murdochs Intervention

Plötzlich stand in den Zeitungen, Rupert Murdoch, Vorsitzender der Muttergesellschaft “News Corporation”, habe Sender-Chef Ailes gebeten, die Berichterstattung über Trump zurückzufahren. Ailes soll sich gewehrt haben. Murdoch ging zu Twitter. “Wann hört Donald Trump auf, seine Freunde zu blamieren, ganz zu schweigen vom gesamten Land?”, schrieb er. Murdochs Zeichen: Trump ist vielleicht nicht der richtige republikanische Kandidat.

Dann kam die Debatte. Megyn Kelly und zwei Kollegen knöpften sich den Lautsprecher recht hartnäckig vor. Sie fragten ihn nach seinem Verhältnis zu Frauen, seinen Firmenpleiten, seinen Plänen zur Einwanderung. Die Botschaft: Seht her, wir sind unabhängig. Trump schäumte. Es war ein geschickter Zug des Senders. Die Neuerfindung des Journalismus, zu der der Auftritt der Moderatoren jetzt stilisiert wird, war es nicht.

Hofieren, verraten, vertragen. Politik als Drama. Dahinter steckt auch ein System. Fox News ist kein einfacher Fernsehkanal. Der Sender – knapp 20 Jahre alt, Hauptsitz in New York – macht auch Journalismus, sicher. Es gibt ziemlich bissige Moderatoren und gute Reporter. Aber Fox News ist auch eine politische Institution, die die Mission hat, der herrschenden Meinung einen stramm-konservativen Dreh zu geben.

Das ist kein verbotenes Anliegen. Demokratie lebt von Alternativen, politische Medien können sie transportieren. Und Fox ist nicht allein. Der Kabel-Kanal MSNBC kopiert den Sender auf der linksliberalen Seite. Aber an Aggressivität und Macht ist Fox News unerreicht.

Das Geschäft brummt

Kaum eine Einrichtung hat einen ähnlichen Einfluss auf konservative Debatten wie Fox News. “Die republikanische Partei braucht Fox News mehr als Fox News die republikanische Partei braucht”, analysiert die News-Website “vox.com” treffend. Knapp neun von zehn US-Amerikanern, die sich selbst als konservativ sehen, vertrauen dem Sender. Die Richtung der Partei bestimmen, Abhängigkeiten schaffen, Kandidaten küren: Das ist das Selbstverständnis von Fox News. Es läuft ganz gut. Die Tea Party zum Beispiel verdankte ihren Aufstieg letztlich der freundlichen Unterstützung von Fox News. Doch der Sender will mehr. “Ich möchte den nächsten Präsidenten bestimmen”, soll Chef Ailes laut Biograf Gabriel Sherman vor der jüngsten Wahl in einem Managerkreis gesagt haben.

Das Geschäft brummt. Die Konkurrenten von CNN und MSNBC sind abgehängt. Nur der Sportsender ESPN hat zur besten Sendezeit mehr Zuschauer. Der Gewinn belief sich 2014 auf rund 1,2 Milliarden Dollar. Das einzige Problem: Das Publikum besteht größtenteils aus der konservativen Basis, und die wird immer älter. Moderatorinnen wie Kelly, die sich in ihrer Abend-Show “The Kelly File” auch mal mit Stars der Partei anlegt, sollen neue Zielgruppen erschließen. Auch in dieser Hinsicht kam der Konflikt mit Trump wie gerufen.

Die Präsidentschaftswahl 2016 soll zum Fest werden für die Macher des Programms. Die Chancen stehen nicht schlecht. Die Hinterlassenschaften Barack Obamas – ob die Gesundheitsreform oder ein Atom-Deal mit Iran – lassen sich bestens aufnehmen, um die Basis zu mobilisieren. Und Hillary Clinton wäre ein schönes Feindbild. Man muss eben nur zusammenhalten. Geht das?

“Er ist ein großartiger Mann”, sagt Trump über Roger Ailes nach dessen Anruf. Rupert Murdoch spricht schon wieder vom “Freund Donald”. Und Talkmaster Sean Hannity trifft sich mit ihm zum Exklusivinterview. Kritische Fragen? Null.

Alles wird gut im System Fox.

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