The Enemy of My Enemies Is My Trump

 

 

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Der Feind meiner Feinde ist mein Trump

Seine Zustimmungswerte lassen sich gut lesen. Viele Amerikaner sehen in dem New Yorker Aufschneider und Milliardär Donald Trump sogar einen Mann des Volkes. Was macht ihn so beliebt?

Auf dem Internetportal Reddit hat ein Nutzer kürzlich den Unterstützern Donald Trumps eine Frage gestellt: Warum wollen Sie den Immobilienunternehmer zum Präsidenten wählen? Er bekam binnen weniger Stunden fast 8000 Antworten, die wiederum von Tausenden Nutzern bewertet wurden. Am meisten Zustimmung erhielt dieser Kommentar: „Ich mag Trump, weil er bloßlegt, was für ein großer, beschissener Witz die ganze Politik ist, und weil ihn alle dafür hassen.“

Mit Zustimmungswerten von 17 bis 28 Prozent steht Trump in den Umfragen doppelt bis dreimal so gut da wie Jeb Bush, der zweitplazierte der 17 republikanischen Kandidaten. Eine wissenschaftliche Erklärung dafür liefert das Internetportal Reddit natürlich nicht. Doch auch Befragungen von Trump-Anhängern in Fokusgruppen weisen in dieselbe Richtung: Viel mehr noch als mit seinem Plan, die Vereinigten Staaten durch eine Mauer von Lateinamerika abzuschotten, zieht Trump die Amerikaner mit seiner scheinbar grenzenlosen Streitlust in ihren Bann.

Beinahe unisono bezeichnen seine Anhänger Trump als „einen von uns“. Dabei haben diese Leute in aller Regel weder eine Boeing 757 als Privatjet in der Garage, noch liefern sie sich auf Twitter Fehden mit anderen Fernsehstars. Auch dürften die wenigsten von Trumps Fans einen ähnlich hohen Frauenverschleiß wie der zum dritten Mal verheiratete New Yorker aufweisen. Nach hundert Minuten Diskussion mit zwölf repräsentativ ausgesuchten Anhängern und Anhängerinnen Trumps glaubt der Journalist John Heilemann begriffen zu haben, wie dem Milliardär diese Verbrüderung mit dem Volk gelingt: „Trump mag Milliardär sein“, schrieb Heilemann bei Bloomberg.com, „aber er ist ‚einer von uns‘, weil er nicht ,einer von denen‘ ist“ – also nicht zur politischen Klasse gehört, die nach den Worten eines Trump-Anhängers in der Fokusgruppe kollektiv an „Washingtonitis“ leide.

Deshalb lagen alle Beobachter falsch, die Trump vor sechs Wochen einen raschen Absturz vorhersagten, kaum dass er begonnen hatte, Größen der Republikanischen Partei mit Schmutz zu bewerfen. John McCain? Ist für Trump kein Kriegsheld, Vietnam hin, Folter her. Lindsey Graham? Ist ein armseliger Bettler und totales Leichtgewicht. Rick Perry? Hat sich eine dickrandige Brille gekauft, um Klugheit vorzutäuschen. George W. Bush? Hatte nicht den IQ, den man als Präsident braucht. Die Republikaner-Parteiführung? Dümmlich. Jeb Bush? Hat so wenig Energie, dass man einschläft, wenn er spricht. Fox-News-Moderatorin Megyn Kelly? Eine Tussi, der das Blut „sonst woher“ trieft. Täglich wird die Liste der Trump-Zoten länger. Jede Beleidigung scheint seine Anhänger in ihrer Verehrung zu bestärken: Einer, der mit solchen Sätzen das ganze „Establishment“ gegen sich aufbringe, so die Lesart, der tue das nur der Wahrheit zuliebe.

Thema Einwanderung unter Anhängern überdurchschnittlich wichtig

Es ist gut möglich, dass Trump sein Potential ausgeschöpft hat. Im Feld der 17 republikanischen Kandidaten mögen rund zwanzig Prozent Zustimmung derzeit zwar für eine klare Spitzenposition genügen. Trump führt in einigen Umfragen aber zugleich die Liste der Kandidaten an, die für völlig ungeeignet gehalten werden, das Land zu führen. Mit seiner Extremposition im Einwanderungsstreit mag sich Trump am rechten Rand des Spektrums positioniert haben; das Thema ist seinen Anhängern überdurchschnittlich wichtig. Die Abtreibungsfrage dagegen, Amerikas Lackmustest für Konservatismus, liegt Trumps Bewunderern weniger am Herzen als dem Republikaner-Durchschnitt. Es sind nach ersten Untersuchungen offenbar weniger regelmäßige Kirchgänger unter Trumps Anhängern.

Gar keine verlässliche Antwort gibt es auf die Frage, wie viele bisher den Demokraten zuneigende Amerikaner Trump unterstützen. Im Internet sind Ankündigungen von Anhängern des erklärten Sozialisten Bernie Sanders zu finden, im Falle einer Nominierung Hillary Clintons Donald Trump zu wählen. Beide Politiker geben dem Globalisierungsverdruss eine Stimme. Und sowohl der Senator Sanders, der seit 35 Jahren dem Kongress angehört, als auch der Investor Trump, der wohl Hunderten Politikern beider Parteien den Wahlkampf finanziert hat, präsentieren sich als unabhängige Kandidaten abseits des Washingtoner Politklüngels.

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