The Republicans Fall Apart

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Die Republikaner versinken im Chaos

Von Hubert Wetzel

9. Oktober 2015

Amerikas Konservative scheitern grandios darin, ihren neuen Chef für das Repräsentantenhaus zu küren. Der Posten ist undankbar, weil sich Tea-Party-Ideologen nicht einbinden lassen.

Am rechten Rand herrscht Jubel. Nicht nur, dass die erzkonservativen Republikaner im US-Abgeordnetenhaus ihren Parteifreund und bisherigen Vorsitzenden der Kammer, John Boehner, zur Aufgabe gezwungen haben. Auch der aussichtsreichste Kandidat für die Nachfolge, der kalifornische Abgeordnete Kevin McCarthy, hat aufgegeben und seine Kandidatur zurückgezogen. Damit ist unklar, wer das Amt des “Sprechers” des Repräsentantenhauses – immerhin das dritthöchste Staatsamt in den USA und sicherlich eines der mächtigsten – künftig inne haben wird. Der Sprecher kontrolliert die politische Agenda des Abgeordnetenhauses. Er bestimmt, welche Gesetze zur Abstimmung kommen.

Klar ist hingegen, dass in der republikanischen Mehrheitsfraktion im Abgeordnetenhaus Chaos herrscht. In der Fraktion stehen sich die rechten Tea-Party-Ideologen und die eher gemäßigten Vertreter des Partei-Establishments unversöhnlich gegenüber. Jeder Versuch der Moderaten, zu einer irgendwie gearteten minimalen Zusammenarbeit mit den Demokraten zu gelangen, wird von den Konservativen torpediert. Alles, was nach Kompromissbereitschaft aussieht, geißeln sie als Verrat. Das ist schon seit einigen Jahren so und war letztlich auch der Grund dafür, warum der zum Lager der Gemäßigten zählende Boehner sein Amt frustriert zur Verfügung gestellt hat: Eine effektive politische Arbeit war angesichts des – so nennen es Beobachter – “Bürgerkriegs” in der republikanischen Fraktion schlicht nicht mehr möglich.

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Diese Einsicht hat nun wohl auch McCarthy bewogen, seine Kandidatur zurückzuziehen. Er ist derzeit Fraktionsvorsitzender und hat all die Kämpfe und Demütigungen Boehners durch die Rechten miterlebt. Zudem haben 40 Angehörige des konservativen Flügels klargemacht, dass sie geschlossen gegen McCarthy stimmen würden. Damit war klar, dass er wohl keine Mehrheit in der Fraktion bekommen würde. Die Republikaner haben im Abgeordnetenhaus 247 der 435 Sitze. Um Sprecher der Kammer zu werden, benötigt ein Kandidat 218 Stimmen.

Nach Einschätzung des Washingtoner Internet-Magazins Politico hat derzeit nur ein Republikaner die Chance, diese 218 Stimmen zu erreichen: der Abgeordnete Paul Ryan. Er steht zwischen dem erzkonservativen Tea-Party-Flügel und dem moderateren Lager in der Partei. 2012 war er Vizepräsidentschaftskandidat. Doch Ryan zögert. “Ich werde nicht kandidieren”, ließ er nach McCarthys Absage wissen. Etwas später lautete seine Antwort auf Fragen nach einer möglichen Kandidatur allerdings nur noch: “Kein Kommentar.”

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