US Republicans Clearly on Suicide Course

<--

Warum es sogar einem eingefleischten Verehrer der Republikanischen Partei immer schwerer fällt, noch irgend etwas Gutes an der Grand Old Party zu finden. Trauerrede eines verbitterten Wählers.

Es gibt in den Vereinigten Staaten keine Parteimitgliedschaften im deutschen Sinn – aber ich habe mich, nachdem ich amerikanischer Staatsbürger geworden war, als Republikaner in den Wahllisten registrieren lassen. Vor allem der Geschichte wegen: Die Republikaner wurden 1854 im Norden des Landes von ehemaligen Mitgliedern der amerikanischen Whig-Partei gegründet, die – wie ihre britischen Cousins – Liberale im klassischen Sinn waren.

Auch deshalb hatten sie sich der unmenschlichen Politik des demokratischen Präsidenten Andrew Jackson gegenüber den amerikanischen Ureinwohnern widersetzt. Allerdings kam bei den Republikanern ein weiterer Punkt hinzu: Sie waren entschiedene Gegner der Sklaverei. Die Republikaner waren also die Partei der Freiheit und der Bürgerrechte – und die Partei des vielleicht größten aller amerikanischen Präsidenten: Abraham Lincoln.

Die Demokraten standen im 19. Jahrhundert dagegen für den Status quo und den blanken Rassismus. Während des Bürgerkrieges lautete ihr Slogan: “Die Union, wie sie war … die Verfassung, wie sie war … und die Neger, wo sie sind.” Als Lincoln 1863 die Emanzipations-Proklamation verkündete, reagierten die Demokraten mit heftiger Abscheu – sie bezeichneten die Republikaner als “Partei des Fanatismus”, die “zwei oder drei Millionen Halbwilde” dazu ermuntere, “den Norden zu überrennen” und “sich mit ihren Söhnen und Töchtern zu vermengen”.

Zeitungen, die der Demokratischen Partei nahestanden, fragten ihre Leser in dicken schwarzen Überschriften: “Soll die Arbeiterklasse mit Negern konkurrieren?” Der Ku Klux Klan war im Grunde nichts als der bewaffnete Arm der Demokraten.

Die zwei wichtigsten Errungenschaften der Republikanischen Partei dagegen waren: der 13. Zusatzartikel zur amerikanischen Verfassung, mit dem 1865 die Sklaverei abgeschafft wurde – und der 14. Zusatzartikel, der alle Menschen, die auf dem Territorium der Vereinigten Staaten geboren wurden, unabhängig von ihrer Herkunft zu amerikanischen Staatsbürgern erklärte.

Ausgenommen davon waren ursprünglich die Indianer, die bis heute als Angehörige eigener, souveräner Nationen gelten. Sie erhielten die vollen amerikanischen Bürgerrechte aber 1924 – durch ein Gesetz, das von dem republikanischen Kongressabgeordneten Homer P. Snyder eingebracht und von dem republikanischen Präsidenten Calvin Coolidge unterzeichnet wurde. Naturgemäß war es dann auch ein Republikaner, nämlich Ulysses S. Grant, der am Ende des 19. Jahrhunderts als Präsident die Tore für Flüchtlingsströme aus Russland und Osteuropa öffnete (vor allem Juden, die vor der Armut und den Pogromen der Alten Welt flohen). Die Familie meiner Frau kam damals ins Land.

Republikaner bekämpften die Apartheid

Wie sah es im 20. Jahrhundert aus? Ein republikanischer Präsident, nämlich Dwight D. Eisenhower, schickte Ende der 50er-Jahre die 101. Luftlandedivision nach Little Rock, Arkansas, damit neun schwarze Schulkinder an eine bis dahin rein weiße High School gehen konnten. Der Civil Rights Act von 1964, der die abscheulichen Apartheidgesetze in den Südstaaten beseitigte, wurde mit den Stimmen von deutlich mehr republikanischen als demokratischen Kongressabgeordneten verabschiedet. Übrigens war auch das Wahlrecht für Frauen den Republikanern von Anfang an eine Herzensangelegenheit, während die Demokraten es bis zum Schluss erbittert bekämpft haben.

Gewiss: Die Republikaner haben dann unter Richard Nixon angefangen, jene Wähler der Demokratischen Partei einzusammeln, die sich enttäuscht von ihr abgewandt hatten, weil sie im Vietnamkrieg weit nach links gerutscht war. Aber das bedeutet nicht, dass die beiden Parteien in puncto Bürgerrechte die Plätze getauscht hätten. Nehmen wir George W. Bush, den Vielgescholtenen: Der Mann ist alles Mögliche, aber ein Rassist ist er nicht.

Als Präsident hat er sich vielmehr für Reformen starkgemacht, die illegalen Einwanderern aus Mexiko das Leben leichter machen sollten. Und er ist nicht antiislamisch – auch kein kleines bisschen. Den “Krieg gegen den Terror” wollte er nicht als Krieg gegen den Islam verstanden wissen, sondern als Befreiungskrieg, um die Muslime in Afghanistan und im Irak der Gewalt finsterer Tyrannen zu entreißen. Das Erste, was George W. Bush nach den Terroranschlägen vom 11. September tat, war, dass er eine Moschee besuchte.

Allerdings wäre eine solche Haltung in der Republikanischen Partei von heute kaum noch mehrheitsfähig. 88 Prozent der Republikaner (und nur 44 Prozent der Demokraten) finden, dass es in Amerika entschieden zu viele Einwanderer gibt. Der islamophobe Irrsinn galoppiert. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Ben Carson sagte, ein Muslim dürfe nie amerikanischer Regierungschef werden. Und immer mehr Republikaner reden Klartext: Es geht ihnen nicht nur um illegale Einwanderer, es geht ihnen um Einwanderer überhaupt.

Furcht vor der Zukunft

Die konservative Krawallkolumnistin Ann Coulter hat diese Stimmung in ihrem Pamphlet “Adios, America” – Untertitel: “Wie Linke versuchen, die Vereinigten Staaten in eine Dritte-Welt-Hölle zu verwandeln” – auf den Punkt gebracht: Die Einwanderer aus den lateinamerikanischen Ländern, schreibt sie, würden die Kultur der Vereinigten Staaten zur Unkenntlichkeit verändern.

Nur Nationen, die von angelsächsischen Protestanten und aschkenasischen Juden geführt würden, könnten auf Dauer wirtschaftlich erfolgreich sein. So fühlen heute viele Republikaner: Sie fürchten sich vor der Zukunft, vor dem demografischen Wandel. Sie beschwören eine gute alte Zeit, die es in Wahrheit nie gab, und sehen voraus, dass die amerikanischen Werte von Mexikanern, die zu Hunderttausenden ins Land strömen, hoffnungslos überflutet werden. Sachlich basiert diese Furcht auf überhaupt nichts.

Erstens strömen im Moment gar keine Mexikaner ins Land. Zweitens zeigen Studien, dass die Einwanderer von heute sich sogar noch schneller amerikanisieren als die Deutschen, Italiener, Chinesen, Iren etc. pp., die vor ihnen kamen. Sie lernen brav Englisch, werden weniger häufig krank und landen seltener im Gefängnis als die im Lande Geborenen.

Nebenbei bemerkt: Auf Dauer ist es politischer Selbstmord, wenn die Republikaner zu einer Partei von alten, weißen, reichen Männern werden. Würde ich zu Verschwörungstheorien neigen, hätte ich also den starken Verdacht, dass solche ideologischen Einpeitscher wie Ann Coulter insgeheim auf der Gehaltsliste der Demokraten stehen.

Eigentlich würde ich bei den nächsten Wahlen gern einem republikanischen Kandidaten meine Stimme geben. Ich finde Barack Obamas Außenpolitik katastrophal und denke: Nach zwei Amtszeiten, in denen ein Demokrat im Weißen Haus gesessen hat, ist es Zeit für einen Wechsel.

Aber mich stört gewaltig, dass die Republikaner des 21. Jahrhunderts immer mehr anfangen, den Demokraten des 19. Jahrhunderts zu gleichen. Könnte der Weltgeist bitte dafür sorgen, dass meine Partei sich ganz schnell wieder an Abraham Lincoln erinnert? Oder muss ich am Ende doch wieder den anderen Dampfer nehmen?

About this publication