Contest of the Crazy

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Der Wettkampf der Wahnsinnigen

Von Kerstin Kohlenberg

16. Dezember 2015

Die TV-Debatte der republikanischen Präsidentschaftsanwärter zeigte vor allem eins: Donald Trump mit seinen wirren Forderungen ist nicht so isoliert wie gedacht.

Wird es ein Duell der beiden Frontrunner Ted Cruz und Donald Trump? Das war die Frage dieser fünften und letzten Fernsehdebatte der republikanischen Präsidentschaftsanwärter im Hotel Venetian in Las Vegas. Hin und her ging es zwischen den beiden ja schon in den Tagen zuvor. Cruz hatte Trumps Urteilsvermögen kritisiert, woraufhin Trump im Fernsehen sagte, Cruz sei ein “Maniac”, habe also nicht das Temperament für den Job als Präsident. Die Antwort von Cruz: Er twitterte das Video zum Song Maniac aus dem Film Flashdance. Von diesen Hakeleien war auf der Bühne in Las Vegas dann allerdings nichts zu sehen. Dort traten Cruz und Trump als geschlossene Front auf. Sie kämpften gemeinsam – um die Stimmen von rechts außen.

Cruz zeigte sich verständnisvoll für alle Vorschläge, die Trump in den letzten Tagen gemacht und die in weiten Teilen der Öffentlichkeit für Empörung gesorgt hatten. Cruz zum Einreiseverbot für Moslems: “Ich verstehe, warum Donald das will. Ich habe einen ähnlichen, etwas enger gefassten Vorschlag. Ich würde Moslems aus bestimmten Ländern nicht mehr nach Amerika lassen.” Trump nickt dazu väterlich. Cruz zur Mauer an der Grenze zu Mexiko: “Wir werden eine Mauer bauen, die funktioniert, und ich werde Donald Trump dazu bekommen, dafür zu bezahlen.” Trump, der vorher noch Mexiko dafür zahlen lassen wollte, ruft jetzt aus: “Ich baue Sie!” Cruz zur Legalisierung von illegalen Einwanderern: “Ich habe das niemals unterstützt und ich habe auch nicht vor, das zu tun.” Trump überrascht an der Stelle mit einer neuen Offerte: “Ich würde hart gegen die Familien von Terroristen vorgehen. Die haben das Recht uns umzubringen, aber wir haben nicht das Recht die umzubringen?”

Was sich in dieser Debatte herauskristallisiert, sind zwei Gruppen von Kandidaten. Zum einen sind da die Maulhelden, die bereit sind, auch die extremsten Dinge zu sagen, um Wähler zu mobilisieren. Trump führt diese Gruppe wie erwartet an und Cruz segelt zufrieden in seinem Windschatten. Der ehemalige Neurochirurg Ben Carson, der sonst auch zu dieser Gruppe gehört, fiel diesmal aus seiner Rolle. So verglich er das Töten von Zivilisten mit dem Öffnen eines Kinderschädels vor einer Operation. Und gefragt, ob er in puncto mehr Überwachung durch die NSA eher mit seinen Mitbewerbern Marco Rubio (dafür) oder Rand Paul (dagegen) übereinstimme, antwortete er: “Das müssen sie die beiden fragen.”

Zum anderen gibt es das dicht besetzte Mittelfeld, das immer wieder versucht, sich vor allem von Trump abzusetzen. Jeb Bush hatte darin auch in Las Vegas einige seiner besten Minuten. “Wenn wir, wie Donald vorschlägt, allen Muslimen die Einreise verweigern, wie sollen wir dann eine funktionierende Allianz mit den arabischen Ländern bilden, um den IS zu zerstören?”

Es war ein Moment der Klarheit und Logik, der Hoffnung machte, dass die Zuschauer an diesem Abend mehr davon hören würden. Aber es dauerte nicht lange und Bushs Energie verpuffte. Zu erleben waren dann erneut eine bei ihm schon oft beobachtete Unsicherheit und Verzagtheit. Dann versuchte sich Rand Paul noch an einer Attacke gegen Trump und seine Forderung, das “Internet Ding” für Terroristen zu schließen. Doch der Milliardär aus New York konterte: “Zur Hölle, ich will Leute, die uns und unsere Nation töten wollen, nicht unser Internet nutzen lassen.”

Neuer starker Mann: Marco Rubio

Als starker Mann im Mittelfeld stach jedoch Marco Rubio heraus. Wiederholt forderte er nicht Donald Trump, sondern Ted Cruz zu einem Wortduell heraus, ganz so, als sei schon abzusehen, dass Cruz irgendwann aus Trumps Windschatten heraustreten wird. Cruz positionierte sich in den Miniduells eher als außenpolitischer Realist, der Diktatoren als stabilisierende Kraft im Nahen Osten eher akzeptiert als eine aufreibende amerikanische Intervention. Rubio dagegen plädierte eher für den Kampf gegen Diktatoren wie Assad. Rubio und Cruz stritten außerdem über Themen wie Einwanderung (Rubio für eine Legalisierung der mexikanischen Einwanderer, Cruz dagegen) und Überwachung (Rubio dafür, Cruz nur beschränkt).

Und so schien es phasenweise, als würde man in diesen Momenten einen kurzen Blick in die Zukunft werfen können. Denn was der Abend vor allem gezeigt hat, ist, dass man mit den beiden Kuba-Amerikanern Cruz und Rubio am längsten rechnen muss in diesem Präsidentschaftsrennen. Beide sind erst 45 Jahre alt, beide haben lange Erfahrung in der Politik – und beide haben genügend Verachtung für Washington, um von den republikanischen Wählern ernst genommen zu werden.

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