US-Americans: You Can Do Anything

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US-Amerikaner: Du kannst alles erreichen

Der amerikanische Mensch unterscheidet sich stark vom Mitteleuropäer: Er formuliert seine Wünsche vehementer. Es genügt aber, sich ihn mit einem gewaltigen Durchfall vorzustellen, um die Beeindruckung zu verlieren.

Amerika nun wieder. Und die Menschen, großartig, diese Sorte sieht man ja in der Schweiz kaum. Diese innerlichen Zigarrenraucherinnen, die Zu-laut-Sprecher, die Unsterblichen. Angeben gilt in der Schweiz als fast so peinlich wie mit heruntergerutschten Hosen am Straßenrand zu stehen. Man tut gerne bescheiden, höflich, und neutral. So neutral, dass man früher dem Terroristen Carlos unausgesprochenes Asyl gewährte, der ja irgendwie für die gute Sache tötete, so wie der Daesh ja auch nur für eine Art Befreiung durch Glauben kämpft. Sozusagen.

Weil wir gerade vom Glauben reden. Ich glaube, trotz aller Ähnlichkeit zum gemeinen Mitteleuropäer (Gliedmaßen, Kopf) unterscheidet sich der amerikanische Mensch stark von uns. Sie wollen, was alle wollen: Recht haben, besser sein und TV-Serien schauen, aber sie formulieren ihre Wünsche anders als wir. Vehementer. Du kannst alles erreichen, was du willst. Der Satz hängt vermutlich über jedem Kinderbett.

In Deutschland und der Schweiz ist der Kinderbettsatz ein wenig länger. Du kannst einiges erreichen, wenn du dich an die Regeln hältst, nicht zu laut bist, deine Abschlüsse machst, was man anfängt, muss man zu Ende bringen, du darfst nicht bei Rot über die Straße gehen, und sei nie zu nett, das wirkt oberflächlich und sag nie, dass du irgendetwas kannst, das wirkt unsympathisch, deine durch das Befolgen aller Regeln entstandene passiv-aggressive Stimmung zeigst du am besten jedem. Dauernd. So und nun wachs, aber mach keinen Krach dabei.

Wunder an Selbstvermarktung

Verfügt der amerikanische junge Mensch über Eltern oder ein Extratalent, das ihm eine gute Ausbildung garantiert, dann ist er kaum zu bremsen. Der Glaube an sich, stark wie ein Hochhaus, erstaunt betrachtet man diese Wunder an Selbstvermarktung. Ungebrochen der Wille zur Selbstertüchtigung, zum Bleaching aller verfügbarer Körperteile und zum ungezügelten Konsum. Find ich gut.

Sich und die Existenz zu hinterfragen ändert nichts an der Tatsache ihrer erbärmlichen Endlichkeit. Es muss sich wunderbar anfühlen, mit dem System, in dem man lebt, zu verschmelzen. Eins zu sein, mit den Vorteilen eines geschmiert funktionierenden Kapitalismus, der uns allen die Wahl zu lassen scheint. Gutgelaunt als strahlender Sportler zu sterben, oder als pessimistische, schlechtgelaunte Verliererin. Doch wie fundamental ist der Glaube an sich, kann er wirklich Superheldinnenkräfte verleihen oder – wie reagieren diese fleischgewordenen Sprungfedern auf Irritationen? Ein Überfall in einer dunklen Gasse, ein Durchgeknallter mit einem Sturmgewehr, eine Diarrhoe? Was bleibt übrig von all der Größe, dem Selbstbewusstsein, dem Gefühl alles im Griff zu haben?

Menschen gehen schnell kaputt, verlieren noch schneller die Fassung, die Aura der Unverletzbarkeit, dann werden sie traurig, einsam, klein und rührend. Es genügt eigentlich, sich jeden Menschen, der überbordend laut, eitel und federnd auftritt und scheinbar verächtlich die anderen betrachtet, mit einem gewaltigen Durchfall vorzustellen, um jede Beeindruckung fahren zu lassen. Es langt, ihn sich als Kleinkind zu denken, um ihn gern zu haben. Einen gesegneten Feierabend, ein fröhliches Wochenende, und behalten Sie mich in liebevoller Erinnerung.

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