Can Bernie Sanders Still Become US President?

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Kann Bernie Sanders doch noch US-Präsident werden?

Bei den Vorwahlen in den USA rechnet sich Sanders nach drei Siegen neue Chancen auf die demokratische Nominierung aus – zu unrecht?

Washington.

Er kommt aus Brooklyn. Sie hat gegenüber von Manhattan ihr Hauptquartier aufgeschlagen. Wenn der Bundesstaat New York am 19. April zur Vorwahl für die demokratische Präsidentschaftskandidatur schreitet, kommen sich Hillary Clinton und Bernie Sanders geografisch so nah wie noch nie. Ein Lokal-Duell mit besonderer Würze. Danach, hoffen US-Kommentatoren nach den turbulenten Ostertagen, sollte endlich fassbar sein, wer von beiden beim Parteitag im Juli in Philadelphia ins Rennen um die Nachfolge von Barack Obama geschickt wird.

Im Rückspiegel betrachtet war Sanders für Clinton zuletzt immer mehr auf die Größe einer Playmobil-Figur geschrumpft. Mit knapp 700 Delegierten-Stimmen Vorsprung sah die ehemalige First Lady bereits wie die sichere Siegerin aus. Weite Teile des US-Kommentariats erachteten die größtenteils von jungen Wählern getragene “Revolution” gegen “Millionäre und Milliardäre” als abgewehrt, die der Senator aus Vermont ausgerufen hat. Drei erdrutschartige Siege des 74-Jährigen in den Bundesstaaten Washington, Hawaii und Alaska haben die Erzählweise übers Wochenende neu akzentuiert. Kann Bernie Hillary die Kandidatur doch noch wegschnappen?

Fragt man den Sanders, ist die Antwort klar: “Lasst euch nicht erzählen, dass wir die Nominierung oder die Wahl nicht gewinnen können”, massierte er Anhängern am Wochenende mit rostnageliger Stimme ein, “wir werden beides tun.” Gemach.

Sanders triumphierte vor allem in “Caucuses”

In Philadelphia werden 4763 Delegierte abstimmen. Der Gewinner benötigt 2382. Clinton hat – Stand heute – rund 1700, Sanders 1000. Bei den noch ausstehenden 22 Vorwahlen sind knapp 2070 Stimmen zu verteilen; proportional nach den Wahlergebnissen. Sanders müsste rund 55 Prozent der Delegierten einsammeln, um Clinton abzufangen. Rechnerisch möglich. Politisch wahrscheinlich? Eher nicht. Es sei denn, ein dramatischer Fehler reißt Clinton in den Abgrund.

Der Grund ist in der Demografie zu suchen. Und im Kleingedruckten der Vorwahlen. Sanders hat seine bisherigen Erfolge meist in “Caucuses” eingefahren. Das sind oft zeitintensive, basisdemokratische Prozeduren, bei denen Wahlbürger ergiebig diskutieren, bevor sie den Stimmzettel ausfüllen. In offenen “primaries”, wo nur schnell ein Name angekreuzt wird, lag der selbst ernannte “Sozialist” dagegen oft deutlich hinter Clinton. Vor allem dann, wenn sich in dem jeweiligen Bundesstaat ein substanzieller Teil der Wählerschaft aus Afro-Amerikanern und Latinos rekrutierte. Beide Wählergruppen fremdeln mit Sanders.

Clinton lag in New York in Umfragen vorn

“Caucuses” auf US-Festland stehen nur noch in Wyoming und North Dakota an. Was dort an Stimmen verteilt wird, kann vernachlässigt werden. Dagegen können die 750 Wahlmänner, die bis Ende April im demografisch bunt gemischten Ostküsten-Sprengel von New York, Connecticut, Delaware, Maryland, Pennsylvania und Rhode Island zu haben sind, das Rennen so gut wie entscheiden. Clinton ist hier im Vorteil. In New York lag sie zuletzt in Umfragen mit 20 Prozentpunkten vorn.

Sanders weiß das. Er versucht sich darum an der Inszenierung eines Stimmungswechsels. Der geht so: Clintons Vorsprung von knapp 700 Stimmen speist sich vor allem aus “Super- Delegierten”. Das sind demokratische Würdenträger, die auf dem Parteitag nach gusto stimmen können, ganz gleich wie der Bundesstaat entschieden hat, dem sie angehören. Das Gros hat sich bereits für Clinton ausgesprochen. Sanders glaubt hingegen, er könne noch viele in sein Lager locken. Begründung: Bei uns ist Enthusiasmus – Hillary fährt im Schlafwagen durchs Land. Ein Sieg Clintons in New York kann den Plan durchkreuzen und Sanders endgültig ein Stoppschild aufs Gleis stellen. Alle Augen schauen auf Brooklyn.

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