Wie der Toiletten-Streit den US-Kulturkampf anfacht
Das linksliberale Milieu in Amerika stempelt jeden als Hinterwäldler ab, der andere Werte hat. Kritiker der Homo-Ehe sind gleich Rassisten. Diese Arroganz könnte bei der Wahl zum Eigentor werden.
Vor knapp einem Jahr hat der Oberste Gerichtshof in den USA die Homo-Ehe im ganzen Land durchgesetzt. Doch wer gedacht hatte, das würde einen Schlusspunkt setzen unter den Kulturkampf um LGBT-Themen in den USA, sieht sich getäuscht. Längst gibt es eine neue Front. Sie verläuft durch öffentliche Toiletten genauso wie Umkleidekabinen und Duschen in den Schulen, durch Bäckereien genauso wie kirchliche Festsäle und Blumenläden.
Nun lautet das progressive Mantra: Wer aus Glaubensgründen nichts mit Schwulenhochzeiten zu tun haben will, ist ein bigotter Schwulenhasser und vergleichbar mit einem Rassisten. Und wer keine biologischen Männer, die sich als Frauen fühlen, in den Umkleidekabinen seiner Töchter sehen möchte, betreibt sexuelle Diskriminierung.
In die Medien gerät dieser Konflikt normalerweise, wenn konservative Staaten sich wehren. Etwa als Indiana versuchte, ein Gesetz zu verabschieden, das Gläubigen die Möglichkeit geben sollte, sich in Fragen religiöser Überzeugungen besser vor Gericht verteidigen zu können. Es ging vor allem darum, Einzelpersonen und Unternehmen vor staatlichem Zwang zu schützen, die aus Glaubensgründen nicht zu Hochzeitsfeiern für Schwule beitragen wollten. Das löste einen Aufschrei der linksliberalen Medien und der LGBT-Aktivisten aus, die das als Lizenz zur Diskriminierung geißelten.
Die Fundamente Amerikas wackeln wegen Toiletten?
Ähnlich ging es nun North Carolina, das ein Gesetz verabschiedete, demzufolge das Geschlecht auf dem Geburtsschein darüber entscheidet, welche öffentliche Toilette oder Umkleidekabine benutzt werden soll. Was vor wenigen Jahren noch als selbstverständlich galt, nämlich dass X- oder Y-Chromosomen und sekundäre und primäre Geschlechtsmerkmale das Geschlecht bestimmen, löste nun sogar eine wirtschaftliche Boykottwelle aus. Nicht mehr die Biologie soll gelten, sondern die Toilette, Dusche oder Umkleidekabine, die dem eigenen Gefühl entspricht.
Die Demokraten versuchen, Gesetze wie die in Indiana oder North Carolina als Diskriminierungsversuche einiger Ewiggestriger darzustellen, die die Zeichen der Zeit nicht erkannt haben. Doch tatsächlich ist es die Obama-Regierung, die das Kriegsbeil ausgegraben und die Front verschoben hat. Sie will dem traditionellen Teil Amerikas die eigenen lebensweltlichen Überzeugungen aufzwingen und untergräbt dabei auch eines der Fundamente, auf denen Amerika einst gebaut wurde – die Religionsfreiheit. Man muss kein Konservativer sein, um das für eine bedenkliche Entwicklung zu halten.
So hat die Obama-Regierung etwa eine Nonnengemeinschaft bis vor den Supreme Court gezerrt, weil die keine Formulare für Obamas Krankenversicherung ausstellen wollte, mit der ihre Mitarbeiter freie Verhütungsmittel bekommen hätten. In Massachusetts, das als erste die Homo-Ehe einführte, sind kirchliche Einrichtungen inzwischen vom Adoptionssystem ausgeschlossen, da sie keine Kinder an gleichgeschlechtliche Paare vermitteln wollen. Und bei der Anhörung vor dem Obersten Gericht in Sachen Homo-Ehe wollte der Vertreter der Regierung nicht ausschließen, dass religiöse Schulen oder Universitäten ihren begünstigten Steuerstatus verlieren könnten, wenn sie die Homo-Ehe weiter ablehnen. Kein Wunder, dass sich viele traditionell Gläubige inzwischen von Obamas Demokraten belagert sehen.
Transsexuelle muss sich hinter einem Vorhang umziehen
Und nun bringt die Regierung den Kulturkampf in die Schulen und hat ein Antidiskriminierungsgesetz von 1972 neu ausgelegt. Demnach liegt eine Diskriminierung vor, wenn Transsexuelle nicht die Toiletten oder Umkleidekabinen benutzen können, die ihrem gefühlten Geschlecht entspricht. Das hat Ende des vergangenen Jahres schon zu einem schweren Konflikt mit einem Schuldistrikt in Chicago geführt. Eine Schule hatte einem Schüler, der sich als Frau fühlt, nicht erlaubt, weibliche Umkleideräume zu benutzen, sondern ihr einen eigenen Raum gegeben.
Nachdem “Student A” dagegen geklagt hat, drohte die Obama-Regierung mit dem Entzug von Fördergeldern. Das löste einen Aufruhr unter Schülern und Eltern aus. “Was mir Probleme bereitet, ist die Tatsache, dass dieser Schüler anatomisch noch immer ein Mann ist”, sagte eine 16-jährige Schülerin dem “Daily Signal”. Auf einer Schulveranstaltung argumentierten mehrere Schülerinnen, es sei “unfair, die Rechte von vielen einzuschränken, um einer Person entgegenzukommen”. In ihrem Alter hätten sie schon genügend Probleme, sich vor ihren eigenen Geschlechtsgenossinnen auszuziehen.
Aber das Schamgefühl der Schülerinnen war der Obama-Regierung egal. Sie drohte mit dem Entzug von Fördergeldern, bis der Schuldistrikt zustimmte, dass Student A die Frauenumkleidekabine benutzen darf. Die Transsexuelle soll sich nur hinter einem Vorhang umziehen. Und die anderen müssen damit leben, wenn Student A hinter dem Vorhang hervorkommt und die eine oder andere Mitschülerin dann noch nackt ist.
Nun wird niemand bestreiten, dass das Leben von Transsexuellen nicht einfach ist und dass hier unterschiedliche Interessen kollidieren. Es ist ein Zeichen für die Polarisierung in den USA, dass beide Seiten mit harten Bandagen operieren, anstatt pragmatische Lösungen anzustreben. Die Konservativen wollen Menschen allein auf ihr biologisches Geschlecht reduzieren.
Scham ist für die Regierung ein reaktionäres Gefühl
Die Obama-Regierung hingegen tut so, als sei die Biologie gänzlich egal, um das Geschlecht eines Menschen zu bestimmen, und als sei die Scham der Heteros ein vernachlässigbares, reaktionäres Gefühl. Sie setzt einseitig die Interessen von Transsexuellen durch, schließlich ist die LGBT-Gemeinde eine wichtige Wählergruppe der Demokraten. Und wenn man Konservative mal wieder als Hinterwäldler darstellen kann, dann tut das der linken Seele gut.
Ein viel beachtetes Essay in “Vox”, der Webseite für linke Millennials, hat diese Arroganz des eigenen Lagers vor Kurzem scharf gegeißelt. Jene felsenfeste Gewissheit, die Weisheit gepachtet zu haben, während die anderen nur als Provinzler und Dummköpfe gesehen werden. Das linksliberale juste milieu verlangt – durchaus zu Recht – Respekt für von der Norm abweichende Lebensentwürfe. Es bringt aber seinerseits keine Toleranz auf für Menschen mit traditionellen Lebensvorstellungen.
Die werden nicht mir Respekt behandelt, sondern lächerlich gemacht. Diese Überheblichkeit geht immer mehr Amerikanern gegen den Strich. Sie fühlen sich von den linksliberalen Eliten in Politik und Medien bevormundet und verachtet. Das hat unter anderem zur Frustration jener weißen Arbeiterschaft beigetragen, die früher mal demokratisch wählte und dann zu den Republikanern abwanderte. Viele von ihnen wählen heute Trump, weil sie es den politisch Korrekten heimzahlen wollen.
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