TTIP Has Become the Shorthand for Unchecked Globalization

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TTIP wurde zum Kürzel für ungebremste Globalisierung

Der Freihandelspakt der EU mit den USA scheint vorerst gescheitert zu sein. Ein Neustart könnte auch eine große Chance sein.

Das Einmaleins in der Wirtschaftslehre lässt keine Zweifel aufkommen: Freihandel macht Menschen und Nationen reicher. Handelsbarrieren und Zölle machen Menschen und Nationen ärmer.

Niemand wird heute die Vorteile des europäischen Binnenmarkts ernsthaft in Zweifel ziehen. Zu offensichtlich sind die Vorteile für Unternehmer wie für Konsumenten. Und dennoch stecken die Verhandlungen zwischen der EU und den USA über das Freihandelsabkommen TTIP in der Sackgasse.

Nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland und Frankreich ist der Widerstand in der Bevölkerung so groß, dass sich die Politik gezwungen sieht, stärker als bisher auf die Bremse zu steigen. Warum das so ist und warum das auch gut ist, hat damit zu tun, dass die Schattenseiten der Globalisierung zu lang aus dem Blickfeld gedrängt wurden.

Dass der US-Konzerngigant Apple es mithilfe der irischen Regierung geschafft hat, auf seine seit 2003 in Europa erzielten Gewinne nicht mehr als ein Prozent Steuern zu bezahlen, ist ein klassisches Symptom einer Fehlentwicklung, die es zu korrigieren gilt. Die Politik hat es verabsäumt, die Gewinne der Globalisierung sozialverträglich zu verteilen. Im Klartext: Die Reichen tun sich sehr leicht, ihre Reichtümer zu vermehren. Umgekehrt gibt es zu viele Globalisierungsverlierer, die mit dem weltweiten Wettbewerb nicht Schritt halten können oder allein durch Standortverlagerungen ihre Jobs verloren haben.

Im großen Liberalisierungseifer wurde in den vergangenen zwei Jahrzehnten das, was eine soziale oder besser noch eine ökosoziale Marktwirtschaft in Europa einst zum Erfolgsmodell gemacht hat, mehr und mehr abgewertet. Wenn in der TTIP-Debatte jetzt vordergründig über Chlorhühner und Schiedsgerichte für Unternehmen debattiert wird, die quasi die bestehende Gerichtsbarkeit ausschalten sollen, dann sind das nur zwei klassische Beispiele dafür, mit denen der Marsch in die falsche Richtung greifbar gemacht werden kann.

Freier Handel ja, aber wir müssen wieder intensiver und vor allem offener über die Rahmenbedingungen dafür diskutieren. Deshalb wäre ein vorläufiger Stopp der TTIP-Verhandlungen zwischen der EU-Kommission und den USA auch eine Chance. Eine Chance für einen Neubeginn der Gespräche, die derzeit viel zu festgefahren und von Emotionen überlagert sind, um Aussicht auf Erfolg zu haben. Das Thema ist zu wichtig, um es den Populisten zu überlassen.

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